Zu Zweit bei Morgenrot

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Seokjin

Leise betrat ich sein Zimmer, um ihn Cupcakes in den Beutel zu packen, die ich für ihn gemacht habe. So hatte er auch was leckeres zum Frühstück!

Danach blickte ich auf seine schlafende Gestalt. Beobachtete wie er ruhig atmete. Aber... nicht ruhig genug, um zu schlafen. Entweder er war wach oder er hatte einen Alptraum. Ich strich über sein Kissen und merkte, dass es mit Tränen durchnässt war. Möglichst geräuschelos lief ich um sein Bett und blickte in sein Gesicht.

Getrocknete und feuchte Tränen waren überall, auf seiner wunderschönen Haut verteilt.
Sanft strich ich eine Strähne aus seinem Gesicht.

Er war einfach zu rein und schön für diese Welt.

Jedes mal zog sich etwas in mir zusammen, wenn ich auf seine Narben blickte. Darüber nachdachte, was ihn so aufrisst. So einen schönen Menschen.

Mein Blick glitt zu seinen Armen und ich konnte etwas gemaltes darauf erkennen.
Ein Schmetterling? Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Yoongi musste ihm das wohl gezeigt haben. Ich war froh ihm, und jetzt auch Namjoon damit nützlich gewesen zu sein. Und da es 2 waren, musste einer von Namjoon selbst stammen.

Er kämpfte wirklich hart mit sich selbst.

Ich holte einen pinken Stift aus meiner Tasche. Ich fand Pink einfach schöner als dieses ernste Tintenblau, auch wenn ich dieses für Formulare nutzten musste.

Vorsichtig malte ich einen Schmetterling dazu und gab mir sehr viel Mühe, dass er schön aussah. Das tat er auch. Aber etwas fehlte...

Genau!

Ich malte dem Schmetterling ein kleines Krönchen auf.
Der Schmetterling war ich selbst.

Eine Prinzessin!

Ich packte den Stift zurück in meine Tasche und wandte mich zum Gehen. Eine starke Hand ergriff mein Handgelenk und zog mich sanft zu sich.

Namjoon sah mich aus verweinten Augen an. "Bleib.." sagte er mit so einer verletzten, brüchigen Stimme, dass sich mein Herz zusammenzog und ich mich fragte, ob ich nichtmal ein EKG bei mir machen sollte.
Ich setzte mich vorsichtig auf den Bettrand und keine Sekunde später schlangen sich zwei starke Arme um meine Taille und Namjoon vergrub sein Gesicht in meinem Bauch. Ich spürte die Wärme, seines Atems durch mein Shirt. Es löste ein angenehmes Kribbeln auf meiner Haut aus. Sanft strich ich ihm durch sein weiches Haar. Versuchte ihm Wärme und Trost zu spenden. Dann spürte ich, wie seine warmen Tränen mein Shirt durchnässten.

Schon wieder zog sich mein Herz zusammen.

Es tat unbeschreiblich weh, obwohl ich sonst immer so gut mit dem Leid meiner Patienten umgehen konnte.

Meine Arme lagen schützend über ihm und streichelten ihn behutsam, aus Angst er könnte zerbrechen, wenn ich ihn zu fest berührte.

Nach einer Weile war er eingeschlafen. Es war bestimmt schon 2 Uhr morgens. Aber ich blieb bei ihm und hörte nicht auf ihn zu streicheln, auch wenn meine Arme begannen zu schmerzen oder zu verkrampfen.

Es verstrichen Stunden. Ich hatte heute frei, weshalb mir die Uhrzeit egal war.

Alles was mir wichtig war, lag gerade zusammengekauert auf meinen Schoß.

Ab und zu kamen Ärzte, um nach Namjoon zu sehen. Ich nickte höflich und deutete, dass alles in Ordnung wäre.

Die Morgensonne brannte zuerst etwas in meinen Augen, doch nach einer Weile gewöhnte ich mich daran und bestaunte, den in Morgenrot getauchten, Himmel.

Langsam spürte ich, wie sich Namjoon auf meinen Schoß bewegte und wach wurde.
Seine Augen waren verklebt und noch immer geschwollen von der Nacht. Aber das tat seiner Schönheit keinen Abbruch. Ich strich ihn vorsichtig über die Wange und lächelte ihn sanft an.

Namjoon

Langsam fing ich an meinen geschwächten Körper zu spüren. Ein angenehmer Duft umhüllte mich. Ich atmete tief ein, bevor ich mich aufsetzte. Als ich meine verklebten Augen endlich öffnen konnte, blendete mich die Sonne und ich kniff meine Augen wieder zusammen.

Weiche Hände strichen vorsichtig über meine Wange, als wäre ich das wertvollste der Welt. Langsam öffnete ich meine Augen wieder und sah Jin.

Nun kamen auch die Erinnerungen von gestern zurück und ich blickte auf meinen Unterarm und dann wieder zu Jin, der mir ein leichtes Lächeln schenkte.

Erst jetzt sah ich, wie abgemagert er aussah. Seine Blässe glich einer Kreidewand und sah nicht mehr gesund aus.

Er deutete auf den Sonnenaufgang und ich blickte aus dem Fenster. Es sah wirklich schön aus. Ich setzte mich neben ihm und ließ nun auch meine Beine runterhängen. Wir sahen schweigend der Sonne beim Aufgehen zu und eine angenehme Wärme umhüllte mich. Ich verstand nicht ganz warum, aber seine Anwesenheit beruhigte mich und brachte alles in mir zum Schweigen.

Mein Blick glitt auf seine Hand, welche direkt neben meiner lag. Seine Finger sind knochig geworden und ich wünschte mir seine normalen, wunderschönen Finger zurück.
Mir fiel wieder ein, dass Jin letzte Nacht etwas unter mein Bett gelegt hatte und holte schnell den Beutel hervor.

Ich spürte seinen sanften Blick, als ich die Cupcakes auspackte.

"Ich hoffe sie schmecken dir, Namjoon."

Der Klang seiner Stimme, wie er meinen Namen sprach, brachte mich zum Lächeln. Ich biss ein Mal rein

"OMO! Die find fantaftif!", nuschelte ich mit vollen Mund und hielt ihm den Cupcake vor die Nase.

Entgegen meiner Erwartungen nahm er ihn dankend an und aß ihn auf. Ich fragte mich, wie er so dünn werden konnte, wenn er scheinbar ganz normal aß.

"Sie sind wirklich ganz gut geworden.", meinte er.

"Ich freue mich, dass sie dir schmecken!"

"Ganf gut? Fantaftif! ", wiederholte ich und Jin legte einen Finger auf meine Lippen.

Er grinste. "Erst kauen und schlucken. Dann sprechen."

Er wischte etwas Creme von meinen Mundwinkel und steckte sie in seinen eigenen Mund.

Wir verbrachten so Jins freie Tage miteinander und einige Wochen später wurde ich entlassen.

Doch ich hatte kein Zuhause mehr, da die Wohnung meiner Freundin gehörte. Ich musste schnell eine Bleibe finden....

×Lovesick Fools× {Namjin}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt