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Ich wusste nicht wir lange wir hier schon gefangen waren. Es kam mir vor als wären es schon Jahre gewesen. Womöglich handelte es sich auch nur um Tage. Wir hatte das Ende gesucht und waren auch nach nicht all zu langer Zeit auf eine Glaswand gestoßen. Es war wirklich deprimierend. Wir liefen also wieder weiter. An Flüssen, in denen wir unsere Trinkflasche auffüllten und an Bergen, die kolossal vor uns lagen. Wir hatten auf dem Weg keinen Gegner gesehen. Vier Leichen sind wir begegnet und bei jeder musste ich wegschauen. Sie waren teils schon vergammelt, teils noch relativ frisch. Ich hatte Angst. Angst davor auch bald so da zu liegen wie diese Kadaver.
Wieder einmal ging ein Tag zu ende und wir legten uns schlafen. Diesmal fanden wir eine kleine Höhle, in welcher wir uns einigermaßen sicher fühlten. Doch ich hatte mittlerweile ein anderes Problem als meine Angst. Es kam mir allmählich so vor als würde ich mehr für meinen Teampartner empfinden als nur Freundschaft. Angefangen hatte es mit kleinen und unbedeutenden Berührungen, die jedoch jedes mal ein angenehmes kribbeln auslösten. Sobald ich konnte versuchte ich seinen Geruch herauszufiltern und ich tat alles um ihm näher zu sein als ohnehin schon. War das Liebe? War es dieses Gefühl, welches mich durchzuckte, wenn ich Manu sah? Ich wusste es nicht.

,,Manu? Bist du noch wach?" Der kleinere brummte. ,,Ich kann nicht schlafen." ,,Wieder die Alpträume?" Fragte Manu, sichtlich müde. ,,Ja." Wisperte ich. ,,Komm her." Forderte er mich auf und ich krabbelte zu ihm hinüber. Vorsichtig nahm er mich in den Arm. Ich kuschelte mich an ihn und versuchte zu schlafen. Ich sog seinen Geruch auf. Er roch nun nicht mehr wirklich nach Vanille und Minze. Dieser Geruch war schon lange überdeckt worden. Ich fand es schade, doch allein so nah bei ihm zu sein ließ mein Herz höher schlagen. Er hatte schon angefangen regelmäßig zu atmen und auch ich bemerkte wie die Müdigkeit mich langsam zum schlafen zwang.

Ich schlug meine Augen auf. Als ich mich vorsichtig, um Manu nicht zu wecken, welcher mich immer noch fest umklammert hielt, umblickte sah ich den Mond der durch den schmalen Spalt drang. Noch immer lag ich dicht neben Manu, der leise schmatzte. Irgendwie süß. Ein paar Strähnen waren ihm ins Gesicht gerutscht. Ich hätte sie ihm gerne liebevoll aus dem Gesicht gestrichen, doch meine Angst war zu groß, dass er davon aufwachen würde. Ich versuchte also wieder einzuschlafen, was sich als schwierig herausstellte. Es war kalt. Und auch wenn Manu eine angenehme Wärme ausstrahlte fröstelte ich. Ich kuschelte mich demnach noch näher an ihn und legte  meinen Kopf vorsichtig in seine Halsbeuge. Langsam wurde mir bewusst wie müde ich eigentlich immer noch war. Ich konzentrierte mich auf Manus leises schmatzen und seinen regelmäßigen Atem. Ich entspannte mich. Plötzlich schrak ich hoch. Ich hatte eindeutig etwas gehört! Wenn ich mich nicht getäuscht hatte vielleicht sogar Stimmen wahrgenommen!,,Manu, hey! Wach auf. Ich glaub ich hab was gehört!" Ich blickte sogleich in ein erschrockenes Gesicht. Er war ganz still. Konzentrierte sich voll und ganz auf seine Umgebung. Da war es wieder. Das knacksen eines Zweiges oder raschelnde Blätter, die ganz sicher zu laut waren um nicht einem Tier oder Menschen zu gehören. ,,Manu, wir müssen..." Weiter kam ich nicht. Geschwind stand er auf und presste seine Hand auf meinen Mund. Mit der Anderen hatte er sich sein Schwert gegriffen und lauschte wieder. Ich verharrte nur abwartend. Mein Herz hatte begonnen schneller zu schlagen, diesmal allerdings vor Angst. Ich griff nach Manus Hand auf meinem Mund und ließ diese in meine gleiten um mich fast verkrampft daran festzuhalten. Ich wollte keine toten Menschen mehr sehen. Nach jedem toten Körper, den ich sah, wurden meine Alpträume schlimmer. ,,Lass uns gehen." Wisperte ich. Die Stimmen wurden lauter. ,,Bitte." Seine grünen Augen blickten mich an. Ich glaubte etwas wie Mitleid zu erkennen, doch im nächsten Moment schüttelte er den Kopf. ,,Ich muss es schaffen." Ich zitterte. ,,Bitte, ich ertrage es nicht länger." Es war ein Wunder,dass Manu mich verstehen konnte, so leise sprach ich. ,,Nein." Sagte er bestimmt. Ich schaute zu Boden. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding. Es war ein Wunder wie ich mich aufrichten konnte. ,,Felix, sei still! Wenn uns jemand hört wars das!" Diesmal waren die Stimmen lauter. ,,Hier ist sowieso niemand und außerdem schreist du hier herum!" Ich vernahm, dass die beiden nur wenige Meter entfernt sein konnten. Anspannung durchfuhr mich und meine Hand, die noch immer mit Manus gekreuzt war verkrampfte sich unangenehm und es war erstaunlich, dass Manus Hand noch nicht zerquetscht worden war. Ich merkte wie auch der brünette anfing schneller zu atmen. Ob vor Anstrengung, Angst oder Aufregung vermochte ich nicht zu sagen. Alles was ich spürte war Angst. Pure, panische Angst. Beinahe aggressiv schüttelte Manu seine Hand weg. Die Schritte kamen immer näher und GermanLetsPlay mahnte mich ruhig zu sein. Ich nickte gedankenverloren. Mein Dolch lag schwer in meiner Hand. So schwer wie noch nie. Manu presste sich an die Felswand und ich tat es ihm gleich. Ich imitierte jeden seiner Schritte. Zu mehr war ich wohl nicht imstande. Ein spitzer Stein presste sich in meine Schulter, doch dies merkte ich kaum. Die zwei Personen kamen um die Ecke und ich sah einen größeren, schlanken Jungen. Der andere war genauso dürr jedoch etwa einen guten Kopf kleiner als der andere. Mehr als die Statur der Beiden konnte ich durch das schwache Mondlicht nicht erkennen. Manu preschte los. Ohne zu zögern. Das Aufjaulen des einen Jungen bestätigte mir, mit wem ich eigentlich unterwegs war. Mit einem Irren, skrupellosen Mörder in den ich Dummkopf verliebt war. Danke Karma. Ich überblickte währenddessen die Gesamtsituation. Ich erkannte den größeren auf dem Boden liegen und Manu hatte gerade das Messer am Hals des anderen angesetzt. Mit einem ekelhaften Geräusch zog er es mitten durch seine Kehle. Der Junge gurgelt und versuchte hilflos nach Luft zu schnappen. Er keuchte und dann war da nichts mehr. Nur mein lauter Atem, welcher unkontrolliert in ein Röcheln überging. Warum war ich hier? Warum mussten wir Leute kaltblütig ermorden? Wieso der ganze Scheiß? Ich drehte irgendwann noch durch. ,,Plötzlich spührte ich warme Luft gegen meinen Hals hauchen. ,,Geht es Palle?" Wollte er sich über meinen Zustand informieren. Ich konnte nicht antworten. Der brünette hatte mich in eine Umarmung gezogen. Ich lachte sarkastisch. ,,Du hast jetzt fünf Menschen gekillt und fragst mich wie es mir geht? Ich sollte eher fragen wie es dir geht! Du müsstest der sein der psychisch am Ende ist. Warum zeigst du keine Reaktion? Wie kann man nur so kalt und emotionslos sein?" Zum Ende hin wurde ich immer lauter und abweisender ihm gegenüber. Bei meinen Worte wich er ein Stück zurück und starrte betroffen auf den Boden. ,,Palle... Ich weiß es klingt merkwürdig, aber ich kann es dir nicht sagen... Ich..." Seine Stimme brach. Nun hatte er auch noch Geheimnisse vor mir. Ich merkte wie sehr es mich traf. Er vertraute mir nicht. Jedenfalls nicht genug. Wie hatte ich glauben können ihn zu kennen? Kannte ich ihn überhaupt ein klitze kleines bisschen? Nein. Wenn ich ehrlich war nicht wirklich. Ich wusste, dass er oft merkwürdige Stimmungsschwankungen hatte, aber das wars... wie konnte ich so naiv sein und mir Hoffnungen machen er würde etwas für mich empfinden? ,,Ist schon okay. Ich verstehe das." Nein tue ich nicht. ,,Lass uns gehen." Schob ich noch hinterher um meine traurige Mine zu überspielen brachte ich auch noch ein Lächeln zustande, was man in der Dunkelheit jedoch eh nicht sehen konnte. Manu nickte zustimmend und wir brachen auf. Wie viele mussten noch getötet werden um mich endgültig zu brechen? Wann würde dies alles ein Ende nehmen und warum war Manu so wie er war? Es brachte mich alles um den Verstand. Diese ganzen Fragen kamen mir langsam belanglos vor. So oft wie ich sie mir stellte. Ich striff ausversehen Manus Arm. Dieser zuckte erschrocken zusammen und starrte mich mit seinen stechenden Augen an. ,,Was?" Fragte ich gemeiner als es sein sollte.,,Nichts." Murmelte er. Das war gelogen. Ein Geheimnis mehr. Toll. Vielleicht reagierte ich auch nur über? Alter. Wieso war alles so schrecklich kompliziert?

Varo-Kürbistumor~tödliche WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt