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Wir liefen weiter, ohne wirkliches Ziel im Blick. Die Sonne brannte heiß auf uns herab und wir mussten bald einen Fluss finden, sonst würden wir bald ohne Wasser dastehen. Es war jeden Tag das gleiche. Aufstehen, laufen, schlafen. Ab und zu auch kämpfen, doch dies übernahm meistens Manu. Ich schaffte es meinen Arm wieder zu bewegen. Wir schritten weiter voran. Wir mussten immer mit einer weiteren Gefahr rechnen, weshalb wir uns an den Schutz gebenden Schatten der Bäume hielten. Es hatte doch alles keinen Sinn oder? Schlussendlich wird uns ein Team finden und uns kaltblütig ermorden, so wie wir es mit ihnen gemacht hätten. ,,Was hat das alles für einen Sinn?" Flüsterte ich mit trockenem Mund. ,,Was meinst du?" ,,Na alles. Das Töten, das ziellose herumlaufen, das flüchten und die ständigen Gefahren? Wir schaffen es doch sowieso nicht!" Deprimiert stampfte ich mit dem Fuß auf. ,,Hör mal." Er drehte sich zu mir um und legte seine Hände auf meine Schultern. Seine grünen Augen blitzten,aber nicht vor Wut, eher vor Mitgefühl. ,,Mit so einer Einstellung wirst du auf keinen Fall durchhalten. Ich weiß, dass es schwer ist, jeden Tag diese schrecklichen Erinnerungen mit sich zu tragen, aber es gibt noch Hoffnung." Er nickte mir noch kurz zu, bevor er sich wieder umwand und weiter lief. Perplex stand ich da. Hatte er recht? Kann es doch noch Hoffnung geben? Könnten wir es schaffen? Seine Worte hatten in mir wieder einen  kleines bisschen Kampfgeist geweckt. Ich eilte Manu hinterher. Wir liefen noch ein ganzes Stück. Wir beide hatten unendlich durst. Der letzte Rest des Wassers war schon lange weg. Ich spürte schon das Kratzen in meinem Hals, welches unaufhörlich stärker wurde. Auch Manu schien es nicht besser zu gehen. Er leckte sich immer wieder über seine Lippen und schluckte desöfteren.,,Wir brauchen endlich Wasser." Man bemerkte seine kräftig kratzende Stimme. Ich nickte nur. Ich wollte so gut es ging das Sprechen vermeiden. ich merkte wie meine Kraft immer weiter schwand. Mit jedem weiteren Schritt kam ich der Erschöpfung näher. Plötzlich hielt Manuel an. ,,Was ist los?" Fragte ich leise. ,,Mein Kopf tut weh." Er lehnte sich an einen Baum und hielt sich die Hände an die Stirn. Seine Haare hatte er somit zurück gestrichen und seine Augen leuchtenden matt. ,,Schlecht." ,,Ja das ist sehr schlecht." gab ich zurück. ,,Nein mir..." In diesem Moment übergab er sich. Der Arme zitterte am ganzen Leib. Gebückt stand er hinter dem Baum von mir weggedreht und stützte sich mit den Händen auf seinen Knien. ,,Alles okay?" Ich strich ihm vorsichtig über den Rücken. Mit der anderen Hand hielt ich seine Haare zurück. Er schüttelte den Kopf. ,,Manu du bist ganz warm." Ich hielt meine Hand an seine Wange. ,,Du glühst richtig!" ,,Mir ist schwindelig." Meinte er schwach. ,,Und mein Nacken tut weh." Langsam dämmerte mir was er hatte. ,,Manu,du hast einen fetten Sonnenstich! Du brauchst schnellstens etwas zu trinken!" Er nickte schwach. ,,Manu ich trage dich." Beschloss ich. ,,Nein es geht schon." ,,Sicher nicht! Du bist kreidebleich und glühst als wärst du die Sonne persönlich." Entschlossen nahm ich das Seil und band es so um Manu, dass ich ihn gut auf meinem Rücken hieven konnte und es auch noch um meinen Bauch und Schultern binden zu können. Der kleinere protestierte nicht und ließ es mit sich geschehen. Manus Schwert hatte einen Gürtel bei sich womit ich es um meine Taille band, während ich den Dolch und die Flasche in meiner Hand balancierte. Ich beschleunigte so gut es ging meinen Schritt. Ich merkte wie auch mir alles allmählich zu schwer wurde, aber ich musste durchhalten bis wir einen See oder Fluss erreichten. Für Manu. Sein Atem stieß schwach gegen meinen Nacken. In einer anderen Situation hätte ich es wohl genossen Manu so nah bei mir zu spüren, doch nun hatte ich andere Sorgen. Schweiß rann mir über die Stirn. Wenn uns jetzt jemand angreifen sollte wären wir so gut wie erledigt. In diesem Zustand konnte weder Manu noch ich etwas anständiges zustande bringen. ,,Wir schaffen das." Flüsterte ich eher zu mir als zu Manu, denn ich glaubte, dass er schon längst woanders mit den Gedanken war. Ohne darauf zu achten unbemerkt zu bleiben preschte ich durch das hohe Gras einer weiten Fläche. Ich hatte zwar vorgehabt im Wald zu bleiben, doch dieser endete abrupt und ich hatte somit keine andere Wahl. Meine Hoffnung Wasser zu finden schwand immer weiter, doch für Manu musste ich es schaffen. Ich wusste ehrlich gesagt nicht warum ich so große Zuneigung ihm gegenüber empfand, doch auch wenn er skrupellos, merkwürdig oder unberechenbar erschien hatte er doch einen weichen Kern, den er so gut es ging in sein Inneres verschloss. Trotz meines trockenen Halses und meinen schmerzenden Körpergliedern rannte ich. Wahrscheinlich so schnell wie noch nie. Obwohl... Ich bin schon einmal so schnell gerannt. Wann war das? Wo war das? Es war wie bei dem Brand. Es schien als würde sich eine Lücke in meinem Gedächtnis schließen. Wieso konnte ich mich an etwas Erinnern? Es warf nur noch weitere Fragen auf und dies konnte ich in meiner jetzigen Situation nicht gebrauchen. Ich konnte nicht mehr. Es war so unglaublich anstrengend. Manu schien auf magische Weise Backsteine zu wiegen und das Seil rieb sich unangenehm in meine Haut. Langsam wusste ich nicht mehr ob ich weinte oder es der Schweiß war, der mir die Sicht verschleierte. Am liebsten würde ich alles hinschmeißen und es über mich ergehen lassen. Doch das durfte ich nicht.

Dann sah ich meine Rettung. Es war nicht das was ich erwartet hatte, doch allemal besser als nichts. Ich nahm meine letzte Kraft in Anspruch und hastete zur weißen Schneelandschaft, welche sich mir bot. Ich wunderte mich gar nicht mehr weshalb es auf einmal schneite, so sehr belastete mich alles. Erschöpft ließ ich Manu auf der weißen Oberfläche hinunter gleiten und lehnte ihn an einen Baum. Ich grub meine Hände wie eine Schaufel in den Schnee und ließ ihn in meiner Hand schmelzen, bevor ich Manuels Mund leicht öffnete und die kühle Flüssigkeit in seinen Mund tropfte. Ganz weggetreten war er wohl nicht, denn kurz darauf öffnete er seine Augen einen Spalt und schnappte gierig nach dem Wasser. Diese Prozedur wiederholte ich ein paar mal,danach schob ich mir selber etwas Schnee in den Mund. Es war ein wunderbares Gefühl! Wenn nicht sogar das Beste meines Lebens. Man merkt erst wenn einem etwas wirklich fehlt, wenn es nicht da ist, hörte ich die Stimme meiner Mutter. Moment! Ich erinnerte mich an meine Mutter! Was passierte mit mir? War ich der Einzige der sich an etwas erinnerte? Ich grübelte noch eine ganze Weile. Es war alles so unschlüssig und unzusammenhängend. Ich strich mir durch die Haare. Ich sollte mich erst einmal ausruhen. Beschloss ich und suchte ein paar Zweige und Blätter zusammen, um nicht all zu offen dazuliegen. Ich breitete alles über mich und Manu und zum Schluss häufte ich noch etwas Schnee über uns. Ich hätte schwören können dem Tod nur wenige Schritte entfernt gewesen zu sein. Manus leises schmatzen blieb dieses mal aus und ich drängte mich an ihn heran, um so viel Wärme wie es ging abzugreifen. So lagen wir nun da. Dicht gedrängt aneinander, ungeschützt als leichtes Ziel. Dies alles kümmerte uns im Moment wenig. Die Erschöpfung hatte uns die letzte Kraft genommen. Mir fielen die Augen zu und schnell holte mich ein tiefer Schlaf zu sich.

Ich wurde durch ein kitzeln an meiner Nase geweckt. Manu hatte sich in der Nacht so gedreht, dass mein Kopf vollständig  unter seinen Haaren verschwunden lag. Ich strampelte mich vorsichtig von all den Ästen frei,erhob mich und klopfte mir den Dreck von der Jeans. Ein neuer Tag begann. Manu sah schon um einiges besser aus als gestern. ,,Hey, wach auf." Ich rüttelte leicht an ihm. Plötzlich stand er wie vom Blitz getroffen auf, schubste mich beiseite und guckte sich um. ,,Alta,Manu! Was soll das denn?" Verwirrt schaute er mich an. ,,Was...Wie...?" Stotterte er und sofort stürzte er auf mich zu. ,,Palle! Das tut mir leid!" ,,Alles gut Manu." Beruhigte ich ihn. Was war das denn? ,,Ich hab wohl gedacht du weckst mich,weil ein Gegner da ist." ,,Es ist alles okay." Er klang aufgebracht. ,,Lass uns weitergehen." Sprach ich. Er half mir auf und wir machten uns ein weiteres mal unsere ziellose Reise.

Varo-Kürbistumor~tödliche WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt