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Das zuvor noch relativ angenehme Wetter hatte sich schlagartig umgeschlagen. Wir kämpften uns durch den unbarmherzigen Schneesturm. Es war eiskalt und in meinen Haaren hing Schnee. Der kalte Wind drang durch die Löcher meines Pullis. GermanLetsPlay war genauso kalt. Einzelne Haarsträhnen hingen ihm eingefroren in sein Gesicht. Man konnte seinen eigenen Atem sehen, auch wenn der Sturm uns die Sicht versperrte. Wie Nadeln piekten uns die Schneeflocken, welche in mein Gesicht donnerten und ich hatte das Gefühl jeden Moment umzukippen und zu erfrieren. Es war fürchterlich. Alles was hier geschah war fürchterlich! Ich kniff meine Augen zusammen und hielt meine Hand vor mein Gesicht. Wir mussten bald etwas wärmeres finden, ansonsten würden wir sicherlich erfrieren. ,,Manu, wir..." Ich unterbrach mich selber. Wo war er? Ich blickte mich um. Der Wind fegte gegen mich. Es fühlte sich an wie Peitschenschläge.,,MANU!" Schrie ich. Meine Worte gingen im tosen des Windes unter. Irgendwo musste er doch sein! Panisch schaute ich mich zu allen Seiten um. Da! Ich erkannte eine Gestalt im Schnee. Sie kniete auf dem Boden. Rasch eilte ich zu ihr. Es war mühsam, aber schlussendlich erreichte ich die Person. Bei näherem betrachten merkte ich, dass es gar nicht Manu war der da vor mir kauerte. Die Person hatte kurze braune Haare und Tränen funkelten in ihren Augen. Da erkannte ich eine weitere Person. Sie lag in den Armen des Jungen. Er war totenblass. Seine blonden Haare waren verwuschelt und seine Lippen lila angelaufen. Vielleicht war der Junge auch... nicht mehr lebendig. Ich wusste nicht ganz was ich tun sollte. In dieser Arena ist Vertrauen das schwierigste überhaupt. Nun gut ich musste ihm ja nicht direkt vertrauen, aber dennoch könnte ich zu ihm hin gehen und wenigstens Fragen was los ist. Ich beschloss es so und tippte dem Jungen auf die Schulter. Mit einem Ruck drehte er sich um und starrte mich aus blauen Augen erschrocken an. ,,Los bring mich schon um!" Schrie er mit gebrochener Stimme gegen den Sturm. ,,Na los! Bring es hinter dich!" ,,Hey, ich will dir nichts tun..." Versuchte ich ihn zu besänftigen. ,,Wers glaubt." Sagte er verächtlich und blickte wieder zu seinem Freund. ,,Was ist mit ihm? Ist er...?" Weiter wollte ich nicht sprechen. ,,Ja ist er. Tot." Er klang so traurig, dass ich ihn am liebsten einfach nur umarmt hätte. ,,Ist alles okay?" Flüsterte ich. ,,Natürlich nicht! Mein Partner ist gerade erfroren und mir soll es gut gehen?" Ich zuckte bei seinen Worten zusammen. Er hatte ja recht. Niemand konnte es verstehen einen gut gekannten Menschen unter diesen Umständen zu verlieren. Ich kniete mich zu ihm herunter und legte vorsichtig einen Arm um seine Schultern. Ich wollte ihn auf keinen Fall umbringen. Er sah so verletzlich und einsam aus. Seine ganze Haltung schrie nach Hilfe. ,,Ich helfe dir." Sprach ich meine Gedanken laut aus. Er weitete seine Augen. ,,Wieso sollte ich dir vertrauen oder besser gesagt wie weißt du, dass ich dich nicht hinterrücks umbringe?" Ich zuckte mit den Schultern. ,,Ich weiß es nicht, aber so kann ich dich nicht zurück lassen. Komm wir müssen uns Schutz vor diesem Sturm suchen." Er schüttelte den Kopf. ,,Ich kann ihn hier nicht einfach zurück lassen." Er schluchzte. ,,Dann nimm ihn mit, aber wenn wir uns nicht beeilen wird es uns nicht besser gehen." Er nickte, dann nahm er den blonden Jungen hoch und tappste mir durch den hohen Schnee hinterher. Er tat sich sichtlich schwer mit dem zusätzlichen Gewicht. ,,Soll ich dir helfen?" Bot ich ihm an. Er schüttelte trotzig seinen Kopf. Nagut dann nicht. Wir trotteten weiter. Es fühlte sich an als würden wir immer tiefer in die weiße Masse sinken. Wenn ich nicht aufpasste würde ich auch noch den Jungen verlieren. Hoffentlich ging es Manu gut. Machte er sich Sorgen um mich? War er vielleicht in Lebensgefahr oder stand er möglicherweise kurz vorm erfrieren? Er sollte nicht so enden wie der blonde Junge! Ich machte mir wahrscheinlich auch nur zu viele Gedanken. Manu war stark und würde durchhalten. Das versuchte ich mir angestrengt einzureden. Wehe wenn nicht! Wir hatten uns unter einer beschneiten Buche niedergelassen. Es war nicht die beste Wahl, doch die Dichten Äste fingen den Schnee einigermaßen ab. Vorsichtig ließ der Fremde den Jungen zu Boden gleiten und setzte sich neben ihn. Mich ließ er dabei nicht aus den Augen. Ich konnte es ihm ja nicht verübeln misstrauisch mir gegenüber zu sein, aber alles was ich wollte war helfen, nicht mehr und nicht weniger. ,,Es ist kalt." Fing ich an. ,,Ja?" Sagte er unsicher. ,,Wenn wir näher aneinander rücken, dann wäre es wenigstens etwas wärmer." Er verstand und nickte. Man sah es ihm an, dass er es nur als Zweck zum überleben nahm, doch das reichte mir. Ich wollte genauso wie er einfach nur die Nacht überstehen. Ich drängte mich so eng wie es ging an ihn. Er war eiskalt, doch das war mir egal. Wir zitterten wie Espenlaub, doch es war allemal besser als alleine irgendwo herum zu irren. Manu. Er war alleine. Ich wüsste nicht was ich ohne ihn tun sollte. Er war der, der mir jeden Tag Hoffnung und einen Grund zum überleben gab. Nein er ist nicht tot! Ich drängte mich noch Änger an ihn. Ich brachte kein Auge zu. Irgendwann musste ich wohl doch eingeschlafen sein.

Varo-Kürbistumor~tödliche WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt