Am nächsten Morgen wachte ich schon sehr früh auf. Ich blickte auf die Uhr, die auf meinem Nachtkästchen stand und seufzte. Es war erst sechs Uhr! Eigentlich hatte ich ja vorgehabt, den letzten freien Sonntag vor Schulbeginn in einer neuen Schule auszuschlafen, doch das konnte ich jetzt vergessen, denn wenn ich einmal wach war, konnte ich so gut wie nie wieder einschlafen. Ich ging mit leisen Schritten hinunter in die Küche, denn meine Eltern schliefen noch und ich wollte niemanden aufwecken. Die Küche sah genauso trostlos aus wie der Rest des Hauses. Grau, alt, schmutzig. Wenigstens würden wir noch das ganze Haus renovieren, denn so würde ich es hier nicht aushalten. Ich trank ein bisschen Wasser, dann beschloss ich, hinauszugehen. Frühstücken tat ich eigentlich nie. Als ich in meinem Garten stand, blickte ich zu dem schaurigen Gruselwald, an den unser Grundstück angrenzte. Ich hatte auf einmal die grandiose Idee, in diesem Wald spazieren zu gehen, also kletterte ich über unseren sowieso schon morschen Zaun und betrat den Waldboden. Ich ging einfach mal hinein, so nach dem Motto: mal sehen, ob da drinn irgendeine Gefahr lauert. Nachdem ich jedoch eine Weile lang gegangen war, schien mir der Wald immer besser zu gefallen. Die Bäume trugen jetzt grüne Nadeln und Blätter und sahen nicht mehr so krank aus, sondern ragten viele Meter in die Luft. Überall duftete es nach Moosen und Farnen, nach Wald eben. Um mich herum war Vogelgezwitscher zu hören. Doch dieses beruhigende Gefühl verschwand von einer Sekunde auf die andere. „Was machst du denn hier?“, fragte eine Stimme. Ich wirbelte herum und entdeckte auf einem Baum Maude. Sie hockte dort noch eine Sekunde, dann sprang sie die paar Meter einfach so hinunter als wäre sie Superman oder so und landete auf beiden Beinen. „Ich geh hier nur spazieren.“, antwortete ich und hatte das Gefühl, dass ich irgendetwas falschgemacht hatte. Maude ging zu mir hinüber und baute sich vor mir auf. „Das hier ist keine sichere Gegend zum Spazierengehen.“, zischte sie und hörte sich ziemlich wütend an. Na toll, ich war hier alleine im Wald mit einer Verrückten. Der Tag begann ja schonmal echt fantastisch. „Ich habe gehört, dass wir in derselben Klasse sein werden.“, versuchte ich ein Gespräch mit ihr aufzubauen. „Ich weiß.“, antwortete sie und grinste böse. „Wir werden eine Menge Zeit miteinander verbringen. Da wäre es doch praktisch, wenn wir Freundinnen wären oder so.“, sagte ich und versuchte, nicht wie ein verängstigtes Kaninchen auszusehen, das gerade von einem Adler gejagt wurde. „Ich und du Freundinnen?“ Maude lachte kurz, bevor sie wieder ihren abgrundtief bösen Gesichtsausdruck aufsetzte. „Vergiss es.“ „Okay.“, antwortete ich, da ich keinen blassen Schimmer hatte, was ich antworten sollte. Maudes Blick wurde noch böser und ich fragte mich, was ich eigentlich falsch gemacht hatte. War ich denn so unsympathisch? „Weißt du, was du und ich sein werden?“, fragte mich Maude und klang dabei ziemlich furchteinflößend. „Wir werden genau das Gegenteil von Freundinnen sein. Und wenn du dich nicht von Jake fernhältst, dann mach ich dir das Leben zur Hölle!“ Oh, das war also ihr Problem! „Lol.“, murmelte ich. „Was hast du gesagt? Findest du das etwa lustig?“, zischte Maude. „Wenn ich ehrlich bin, erinnerst du mich gerade an so eine behinderte Zicke aus meiner alten Stadt. Die hat auch gedacht, sie kann einfach jeden Typen für sich reservieren und dann gehört er ihr. Jetzt hat sie übrigens gar keine Freunde mehr, weil so etwas niemand mehr haben wollte.“ Okay, ich nahm mal an, es war ein Fehler, dass ich das gesagt hatte, denn Maude war kurz davor zu explodieren. Ein Riesenfehler. Aus Maudes Kehle kam eine Art Knurren, als wäre sie eine wild gewordene Bestie. „Wow, also Anti-Aggressionstraining würde dir echt gut tun.“ Hiermit hatte ich wohl gerade mein eigenes Todesurteil unterschrieben. „Ich glaube ich sollte jetzt weglaufen, oder?“ Maudes Augen begannen rot zu glühen und aus ihrem Mund ragten auf einmal zwei erstaunlich spitze, und vor allem tödlich aussehende Reißzähne. Mein Herz blieb einen Moment lang stehen und ich riss meine Augen weit auf. Jetzt sah ich bestimmt aus wie ein verschrecktes Kaninchen. Und der Adler war wohl kurz davor, mich aufzufressen. „Ich werde dir die Kehle aus dem Leib reißen und dich in Stücken auf dem Boden verteilen!“ Maudes Stimme war nur noch ein verzerrtes Fauchen. Jetzt war wohl Zeit für Panik. Ich beschloss, laut los zu kreischen und um Hilfe zu rufen, auch wenn mich niemand hören würde, doch bevor ich das tun konnte, krachte irgendetwas mit voller Wucht in Maude hinein und warf sie um. „Runter von mir, du Drecksvieh!“ Maude stieß mit einer Hand den gigantischen Wolf, der auf ihr thronte, hinunter und rappelte sich auf. Das Riesenvieh schoss sofort zwischen mich und Maude, zog die Lefzen hoch und begann laut zu knurren. Der Wolf hatte dunkelbraunes Fell, große Pranken und ein verdammt kräftiges Mördergebiss. Unter seinem Pelz, der in alle Richtungen weg stand, konnte man seine zähen Muskeln erkennen. Maude knurrte mindestens genauso laut und ihre Fingernägel sahen plötzlich ziemlich lang und spitz aus, ein wenig so wie kleine Dolche. Innerhalb eines Wimpernschlags stürzte sich Maude wieder auf den Wolf, rammte eine ihrer Dolchhände direkt ihn hinein und ich hörte, wie er vor Schmerz aufjaulte. „Maude! Was zum Teufel tust du da???“ Ich wirbelte mittlerweile schon ziemlich verstört herum und entdeckte Jake. Maude schmetterte den Wolf gegen einen Baum und putzte sich den Dreck von ihrem Gewand. Endlich kam wieder Bewegung in mich und ich rannte zu dem verletzten Tier. Aus der Wunde, die Maude ihm zugefügt hatte, strömte unaufhörlich Blut. Ich schluckte, um den Brechreiz, der aufgrund des Blutgeruchs in mir hochkam, zu unterdrücken. Der Wolf blickte mich mit warmen, goldenen Augen an und sein Blick kam mir ziemlich bekannt vor. Mittlerweile brüllten sich Jake und Maude an. „SPINNST DU JETZT TOTAL? DU KANNST DOCH NICHT SO ETWAS VOR EINEM MENSCHEN ABZIEHEN!“, brüllte Jake. „ES IS MIR SCHEIßEGAL, OB EINER DIESER MENSCHEN KREPIERT ODER NICHT! DIE SIND SOWIESO WERTLOS!“, brüllte Maude ebenso laut zurück. „UND DIESE WERWÖLFE GEHEN MIR SOWIESO SCHON DERBST AUF DIE NERVEN, DIE KÖNNEN VON MIR AUS AUCH ALLE VERRECKEN!“ Werwölfe? Oh. Mein. Gott. Ich blickte den Wolf vor mir an und auf einmal begann alles um ihn herum zu flimmern. Ach du heilige scheiß verdammte Scheiße. Vor mir lag auf einmal kein Wolf mehr, sondern Jared. Und als ob die Situation nicht schon überwältigend genug wäre, trug er kein Shirt! Für eine Sekunde starrte ich nur sein scheißgeiles Sixpack an. Schnell hörte ich auf, ihn wie eine Geistesgestörte zu begaffen und blickte seine Wunde an. „Hey Lina.“, murmelte er und lächelte schwach. Hinter uns brüllten sich Jake und Maude noch immer an. „D-Du bist verletzt, warte, i-ich hab da…“ Ich stotterte irgendetwas vollkommen Sinnloses daher. „Keine Sorge.“, unterbrach mich Jared mit weicher Stimme. „Das heilt von selbst.“ Und die Wunde begann tatsächlich, sich zu schließen! „Da…das is…ich glaub ich geh mal lieber…“ Um mich drehte sich alles. „Ist schon gut Lina. Muss ein ziemlicher Schock für dich sein.“ Vor meinen Augen wurde alles schwarz. Das Geschrei um mich herum verstummte. Irgendjemand rief meinen Namen, doch es war mir einfach mal egal und ich spürte nur noch, wie ich umfiel.
Hey Leute :D hier ist das dritte kappi viel Spaß beim lesen. Würde mich freuen wenn ihr votet und kommentiert, dann weiß ich, dass es euch gefällt :)
Eure Zoey <3
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ALTE VERSION | Werwölfe, Vampire und Ich
LobisomemUpdate: Die neue, fertige Version von "Werwölfe, Vampire und Ich" findet ihr in meinem Profil unter dem Namen: Die Bewohner von Harrowville (Band 1: Spinnen) WICHTIGE INFORMATION! Achtung! Das hier ist die ALTE, UNFERTIGE Version von "Werwölfe, Vamp...