Kapitel 21

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Oh verdammt, ich musste dringend mal ein Messer unter meinem Kopfkissen verstecken. Warum hatte ich das bis jetzt eigentlich nicht getan? Dieses Dorf war voller Werwölfe und Vampire, die mir nicht alle sonderlich freundlich gesinnt waren, da konnte ich doch nicht erwarten, dass man mich einfach in Ruhe lassen würde, einen Stalker hatte ich doch auch schon. So zu tun, als wäre ich tot, würde bei solchen Leuten wahrscheinlich auch nicht viel nützen, also riskierte ich einen Blick auf das Fenster, während ich mich innerlich darauf gefasst machte, gleich aufgefressen zu werden. Als ich erkannte, wer dort draußen auf dem Baum vor meinem Fenster stand, rollte ich mich erleichtert aus meinem Bett und öffnete es. „Alles in Ordnung bei dir?", fragte Jake und blickte mich besorgt an. „Abgesehen davon, dass ich gerade den größten Schreck meines Lebens erlitten habe, eigentlich schon. Was machst du überhaupt hier?", fragte ich und verschränkte meine Arme. „Ich habe mir Sorgen gemacht. Dein Herzschlag ist auf einmal schneller geworden und ich dachte, dir ist vielleicht etwas passiert." „Ich hatte nur einen Albtraum...", murmelte ich und blickte zu Boden. „Hey, mach dir nicht zu viele Sorgen...was auch immer passiert, wir werden dich beschützen." Bei diesen Worten musste ich lächeln und fragte mich, wie ich es verdient hatte, so gute Freunde zu haben. „Komm doch erstmal hinein.", wies ich ihn an und er kletterte durch das Fenster in mein Zimmer. „Ist bei dir sonst alles in Ordnung?", fragte er und sah mir in die Augen. „Ja, klar.", antwortete ich und vermied es, ihm in die Augen zu sehen. Ich musste wieder an das Gespräch mit meinen Eltern denken und blinzelte schnell eine Träne weg. „Du siehst traurig aus." „Naja...meine Eltern lassen sich scheiden.", flüsterte ich und versuchte, nicht wie ein Kleinkind loszuheulen. „E-es macht mich einfach fertig...", murmelte ich leise und spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Wortlos schloss mich Jake in seine Arme und seufzte leise. „Ich weiß genau, wie du dich fühlst..." Ich wusste nicht, ob die Worte an mich gerichtet waren, denn ich konnte kaum verstehen, was er sagte und vergrub mein Gesicht in seinem Shirt. Eine Weile blieben wir so stehen, bis Jake irgendwann losließ und mich anblickte. „Wie kommt es eigentlich, dass du um zwei Uhr in der Früh meinem Herzschlag abhörst? Bist du jetzt auch noch ein Stalker?", fragte ich plötzlich. „Kannst du den überhaupt bis in dein Zimmer hören?" „Wenn ich mich anstrenge, dann schon. Außerdem stalke ich dich nicht." „Also ich würde das schon als stalken bezeichnen." Jake lachte. „Dann stalke ich dich aber nur, damit dich dein Stalker nicht stalkt." Ich wollte gerade etwas erwidern, als es ganz nah vor meinem Fenster raschelte und ich zusammenzuckte. Jake wandte seinen Blick von mir ab und ging langsam zum Fenster, um es im nächsten Moment mit einem Ruck aufzureißen. Irgendetwas fiel vor Schreck von meinem Baum und landete mit einem dumpfen Geräusch am Boden. Ich rannte zum Fenster und blickte hinunter. „Jared?" „Was machst du denn hier?", fragte Jake und klang ziemlich genervt, während Jared innerhalb von Sekunden wieder nach oben und in mein Zimmer kletterte. „Ich konnte nicht schlafen und war spazieren.", knurrte er und erwiderte Jakes angepissten Blick. „Und ich soll ein Stalker sein.", murmelte Jake und verdrehte die Augen. „Ich habe nur gemerkt, dass jemand in Linas Zimmer ist, hätte ja auch irgendein Vampir sein können, der ihr die Kehle aufreißen will.", erwiderte Jared. „Wenn es ums Kehle aufreißen geht seid ihr Werwölfe ja Spezialisten." Jake fauchte leise und langsam wurde mir unwohl. „Musst du gerade sagen..." Die unterschwellige Bedrohung, die in Jareds Stimme mitklang, war kaum zu überhören. „Hey, ich dachte ihr hättet euch darauf geeinigt, weniger zu streiten!", unterbrach ich die beiden. Einen Moment lang blickten sie sich noch wütend an, dann wandten sie sich wieder mir zu. „Es wäre besser, wenn du in den nächsten Tagen keinem von uns zu nahe kommst.", erklärte Jared. „Übermorgen ist Vollmond.", ergänzte Jake und blickte aus dem Fenster. „Tu so, als ob du krank wärst und verlass am besten gar nicht erst das Haus." Wow, das wurde ja immer besser. „Verlieren Werwölfe wirklich komplett die Kontrolle an Vollmond?", fragte ich verwirrt. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sie sich beherrschen konnten, so wie es in den meisten Fernsehserien war. „Und seit wann werden Vampire vom Vollmond beeinflusst?" „Werden wir nicht.", entgegnete Jake. „Aber da die meisten Werwölfe in der Nähe von Vampiren durchdrehen, passiert es ziemlich oft, dass wir in noch größerer Gefahr sind." Ich schluckte. Wenn ich also zu Vollmond auf einen Werwolf traf, würde er mich zerfleischen, egal ob ich Freund oder Feind war. „Gut gemacht, Jake, jetzt hast du sie verschreckt." Jared verdrehte die Augen. „Die meisten von uns ketten sich sowieso irgendwo an, also entspann dich." „Achso, na dann...hört sich ja extrem beruhigend an." Ich verdrehte meine Augen. „Also schwänzt morgen wohl schon die Hälfte der Schüler den Unterricht? In meiner Klasse sind ja fast nur Werwölfe und Vampire." „Nicht unbedingt. Maude geht jeden Vollmond in die Schule, nur um ein paar der Werwölfe mit besserer Selbstbeherrschung zu provozieren.", entgegnete Jared. „Warum überrascht mich das nicht?" Das war mal wieder typisch Maude. Wer weiß, vielleicht würde sie auch einfach nur aus Spaß eine tote Maus auf mein Kopfkissen legen oder so. Das hatte mein alter Kater, der vor drei Jahren gestorben war, immer gemacht. Fast jedes Mal, wenn ich nach Hause gekommen war, lag dort auf meinem Polster dieses nette Willkommensgeschenk, und als ob das noch nicht genug wäre, zog sich die Blutspur meist durch den ganzen Flur. Meine Mutter hatte daraufhin fast jedes Mal einen Anfall bekommen, während Alex seine Zimmertür zur Sicherheit abgeschlossen hatte, wenn er das Haus verließ. Unser Kater hatte nämlich Türen öffnen können. „Wie ich sehe, bin ich mal wieder Gesprächsthema Nummer eins bei euch. Ich weiß, dass ich interessant bin, aber übertreibt es nicht." Auf einmal stand Maude in meinem Zimmer, lässig an den Türrahmen gelehnt und mit einem schiefen Lächeln im Gesicht. „Solltet ihr nicht eigentlich alle schlafen?", entgegnete ich. „Morgen ist immerhin Schule!" „Heute.", verbesserte mich Maude. „Es ist schon halb drei in der Früh." Halb drei? Vorher war es gerade noch zwei Uhr...", stellte ich geschockt fest. Wenn das so weiterging, würde ich im Unterricht bestimmt einpennen. „'War' ist das richtige Wort." Maude zog eine Nagelfeile und begann, sich damit ihre Vampirklauen zu schärfen, woraufhin ich sie für einen Moment lang verwirrt ansah. Es lag nicht an der Tatsache, dass sie ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt eine Nagelfeile mithatte oder ausgerechnet sie sich wie ein echtes Mädchen die Nägel zurechtfeilte-bei ihr überraschte mich fast gar nichts mehr- sondern wohl eher daran, dass ich erwartet hatte, sie würde ihre Krallen mit einem Messer schneiden. Die Dinger waren doch viel zu scharf, um mit einer Nagelfeile auch nur ein Stück abzureiben, oder? Ich fragte mich, ob man auch die Vampirklauen mit Nagellack anmalen konnte, es hätte bestimmt einen tollen Effekt, wenn man sein Gegenüber mit knallig pinken oder grünen Krallen durchbohrte. Vielleicht gab es ja Nagellack, der bei Kontakt mit Blut seine Farbe änderte, das wäre bestimmt der meistverkaufte Artikel unter Vampirinnen. „Gibt es einen Grund, wieso du meine Nägel die ganze Zeit anstarrst?", fragte Maude und hob eine Augenbraue. Mit einer Bewegung ihres Handgelenks ließ sie die Nagelfeile wieder im Ärmel ihrer Jacke verschwinden. Schnell schüttelte ich den Kopf. „Hast du etwas zu essen da?", erkundigte sich Jared plötzlich und für eine Sekunde sah es so aus, als würde er versuchen, den Inhalt meines Kühlschranks zu erschnuppern. „Gibt es noch irgendetwas anderes in deinem Leben außer Essen?", entgegnete Jake und verdrehte die Augen. „Ich bin mittlerweile auch schon hungrig." Maudes Augen leuchteten bei dem Gedanken an etwas zu futtern. „Wenn ihr etwas holen könnt, ohne meine Eltern aufzuwecken, dann bedient euch." Noch während ich die Worte aussprach, war Jared schon verschwunden und kam wenig später vollbeladen mit sämtlichen Lebensmitteln, die wir im Haus hatten, zurück. Vorsichtig legte ich das Zeug auf dem Boden, sodass wir schließlich damit endeten, kurz vor drei Uhr ein Picknick in meinem Zimmer zu veranstalteten. Ich griff geschätzte fünfzig Mal in irgendeine Butter oder Marmelade, alleine deshalb, weil ich als Mensch keine so gute Nachtsicht besaß. Innerlich verfluchte ich meine Ungeschicklichkeit, doch alles in einem war dies eines der coolsten Dinge, die ich jemals gemacht hatte. Sich um halb drei einen Mitternachtssnack mit zwei Vampiren und einem Werwolf zu gönnen, klang für normale Menschen unter Umständen ein wenig seltsam, doch mir persönlich fiel es kaum noch auf, wie abwegig sich die ganze Angelegenheit eigentlich anhörte. „Ich glaub, ich zieh hier ein.", verkündete Maude mit vollem Mund und nahm noch einen Bissen. „Ich glaub, dann zieh ich aus.", entgegnete ich, während ich einen Bissen Marmeladebrot nahm. „Dann könntest du bei uns einziehen.", schlug Jake vor. „Ich tausche dich gerne gegen Maude aus." Darauf antwortete Maude, indem sie ein Messer nach ihm warf. Problemlos fing Jake es aus der Luft auf und ich verdrehte die Augen. „Könntet ihr bitte damit aufhören? Ihr verteilt sonst noch das ganze Essen auf dem Boden." Hätte nicht Maude, sondern Jared das Messer nach Jake geworfen, würde ich mich bestimmt viel mehr aufregen, aber unter Geschwistern waren solche Auseinandersetzungen gar nicht mal so ungewöhnlich, vor allem, wenn man übernatürliche Kräfte hatte. Auf einmal erstarrte Jared mitten in der Bewegung. „Alles in Ordnung?", fragte ich besorgt, doch auch Jake schien zu merken, dass irgendetwas nicht stimmte, denn er hob jetzt ebenfalls den Kopf und lauschte. Mein Magen verdrehte sich bei dem Gedanken an meinen Stalker und ich spürte, wie sich innerhalb eines Moments mein Körper verkrampfte. Jared richtete seinen Blick auf mich. „Ich glaube, ich höre Schritte.", flüsterte er.

Hey Leute!

Ja, ich lebe noch. Überraschung! Tut mir leid, dass ich immer so ewig lange zum updaten brauche :| Wer auch immer nach all dieser Zeit noch diese Story liest: Ich liebe euch. <3

Eure Zoey <3

ALTE VERSION | Werwölfe, Vampire und IchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt