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Sie wachte auf, sah ein weißes Zimmer und erschrak, denn neben ihr saß Daniel auf einem ebenfalls weißen Plastikstuhl.
Was machte er hier? Wieso? Und wo waren ihre Eltern?
Er schien ihren Blick zu bemerken und fragte sofort:
“Yo, soll ich gehen? Und hier, dein Handy, das ist dir aus der Jackentasche gefallen“

“Nein, schon gut, danke. Ich muss nur...Also meine Eltern..“, sagte sie unsicher. Was war das denn? Hatte der nichts besseres zu tun? Also es war voll süß, irgendwie, aber also..er? Und bei ausgerechnet ihr warten? Wieso zur Hölle?

Sie wurden von einem Arzt unterbrochen, welcher ins Zimmer kam. Dieser fing sofort an zu reden:“Ah, du bist wach...Ich darf noch du sagen, oder?“
Anna nickte nur.
“Also, dein Knöchel ist gebrochen und eingegipst. Die Schnittwunde an der Hand musste genäht werden, aber das wird auch wieder. Du hast das Bewusstsein verloren und hast eine Gehirnerschütterung, morgen wirst du entlassen. Bei Fragen und Problemen einfach nach der Schwester klingeln. Dein Freund hilft dir, aber sicher auch.
Und lass das Trinken das nächste Mal sein.“
Mit diesen Worten rauschte er wieder aus dem Zimmer und ließ Anna völlig verblüfft zurück.

Er wandte erklärend ein:“Alsoo, dein Vater musste auf die Arbeit und deine Mutter wollte deine Schwester nicht komplett alleine lassen. Aber sie kommt, sobald die in der Schule ist. Ach und ich bin offiziell gerade dein Freund, damit ich hier sitzen darf.
Und ich..mach blau“

“Du Depp, du schreibst bald Abi!
Generell, blau machen kann ich halbwegs nachvollziehen, aber die Zeit dann im Krankenhaus zu hocken?“, vielleicht waren das etwas undankbare Worte, aber es stimmte einfach. Woher sie den Mut genommen hatte, wusste sie auch nicht. Oh mein Gott, das war peinlich. Sie benahm sich wie der letzte Trampel, was dachte der denn jetzt?

Er lachte leise:“Du kannst ja richtig kratzbürstig sein und morgen ist der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien. Da macht man heute eh nichts mehr. Keine Sorge. Die kommen vermutlich auch mal ohne meine großartige Anwesenheit aus. Wird zwar nicht leicht, aber sie werden es schaffen. Das hier ist eine super Ausrede nicht in die Schule zu müssen“
War ja klar, der hatte einfach null Bock auf Schule, sonst nichts.
“Aber hier muss es doch verdammt langweilig sein, du wirktest bis jetzt nie auf mich, als würdest du gerne Zeitungen lesen, oder so einen Kram“, meinte sie schnippisch klingend.

Er winkte als Erklärung mit seinem Handy und einer Autozeitschrift. Immerhin nicht der Playboy. Den verkauften die jedoch vermutlich auch nicht, im Kiosk eines katholischen Krankenhauses.

“Aber du musst echt nicht hier sitzen bleiben, ich mein du musst doch voll müde sein.
Also, das klingt jetzt voll dumm, ich möcht dich nicht loswerden. Ich mein vielen Dank und alles, aber ich komm mir voll schlecht und seltsam vor, weil du hier sitzt und ich die ganze Zeit gepennt hab“, meinte sie immer leiser werdend. Ihr Kopf musste total rot sein.

Daniel grinste frech:“Also stört es dich nur, dass ich hier sitze und vermutlich müde bin. Rück mal ein Stück“ und mit diesen Worten, stand er auf und ließ sich neben ihr auf dem Bett nieder.
Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Ihr Bett. Und vorallem, wie sollte sie das jetzt bitte ohne einen halben Zusammenbruch überstehen?

Beschämt rückte sie an den äußersten Rand ihrer Schlafstätte und schielte  zur Seite, um zu beobachten, wie er sich verhielt.
Er streckte seine Beine aus und ließ sich auf's Kissen zurück sinken.
Sie drehte sich auf die Seite und er machte es sich bequem.

In dem knapp ein Meter breitem Bett, was so stand, das keine Wand zur Verfügung war, an die man sich quetschen könnte, wurde es zu zweit doch eng. 
Vorallem, wenn man die andere Person nicht berühren wollte, diese aber schlief und anscheinend recht kontaktbedürftig war.

So kam es, das Anna sich irgendwann, nach langem an die Wand starren, mit einem Arm von Daniel um sich, wiederfand. 

Dieser dreiste Typ. Was bildete der sich überhaupt ein? Also, es störte sie eigentlich nicht. Aber sie hatte Prinzipien. Und mit Garantie einen knallroten Kopf.
Immerhin schlief er, also sah er sie nicht, oder?
Wehe der war wach.
Testweise piekte sie ihn in die Seite.
Er zuckte verdächtig zusammen. Ha. Erwischt!
Da er sich allerdings nichts anmerken ließ, setzte sie sich auf und piekte ihn noch ein paar mal provokant in die Seite.
Auf einmal setzte er sich ebenfalls hin und drehte sich blitz schnell zu ihr und kitzelte sie. Lachend quietschte Anna auf und probierte reflexartig ihn zu hauen.

Er hielt daraufhin ihre Arme fest, näherte sich mit seinem Gesicht langsam ihrem und flüsterte bedrohlich:“Und das ist der Dank für alles, was ich für dich getan habe? Das?!“
Bevor er seinen Mund zu einem fiesen Lächeln verzog und sich auf sie stürzte.
“Daniel, hör auf“, kicherte sie erschöpft. Der Spinner hielt inne und schaute sie gespielt abwertend an:“Was bekomme ich denn dafür?“
“Was du willst!“, meinte sie.
Er runzelte nachdenklich die Stirn: “Was ich will also...Da gibt es viel...wie wäre es mit einer Million, oder deinem Erstgeborenen, oder einem Kuss?“

Erschrocken schaute sie ihn an, war das sein scheiße Ernst?
Er sah ihren Blick und lachte laut, bevor er ergänzte: “Schokokuss. Aus der Cafeteria. Obwohl ich mich als gar nicht soo schrecklich einschätze“
Oh. Mist.
Uff, wenn der wüsste.

Sie boxte ihn in die Seite und stand dann auf und humpelte zur Tür. Als er keine Anstalten machte nachzukommen, schaute sie ihn fragend an.
“Willst du dir nicht vielleicht was anderes anziehen?“, feixte er.
Überrascht schaute Anna an sich herunter, sie hatte eines dieser typischen Krankenhausnachthemden an. Oh.

Daniel half ihr weiter:“Deine Mutter hat dir Sachen gebracht, das Bad ist neben dem Schrank, du hast übrigens auch einen Rollstuhl hier stehen und Krücken, letztere sind wegen deiner Hand, eher ungünstig“

Schnell schnappte sie sich eine Jogginghose und ein Shirt aus dem Schrank und verschwand im Bad.
Es erwies sich als schwierig, sich umzuziehen, aber sie schaffte es...halbwegs.
“Daniel, könntest du mal kommen? Ich krieg das T-Shirt nicht an“, sagte sie verlegen.
Wenigstens hatte sie ein Unterhemd an, das ersparte ihr die Peinlichkeit, nur im BH vor ihm auf dem Klodeckel zu hocken.

Der wackere Held kam sofort herbei - wenn auch ohne stolzes Ross - und half ihr.
Danach geleitete er sie zu ihrem Rollstuhl und kutschierte die holde Maid zur Cafeteria.
Diese erwarb ihrem Ritter daraufhin die versprochene Süßigkeit und sogar noch eine Cola als dazu.

Mit den Worten:“Schuld beglichen“, stellte Anna die Sachen vor Daniel auf den Tisch, an welchen dieser sich, in der Zwischenzeit, gesetzt hatte.
Er grinste schief:“Auch noch 'ne Cola? Wofür ist die denn? Und was hast du?“
“Für deinen Aufwand. Also wenn ich hier raus bin, bekommst du noch was richtiges, aber ja. Eh, und ich hatte kein Geld mehr“, stammelte sie verlegen.
Langsam musste der echt glauben, sie hätte se nicht mehr alle, so oft wie sie vor ihm stotterte. Dabei war sie gar nicht so, oder?
Sie verstellte sich so oft und zeigte verschiedenen Gruppen, komplett unterschiedliche Gesichter, doch was davon war sie und was nicht? Denn alles konnte sie nicht sein. Gleichzeitig den Kopf einziehen und auf den Tisch hauen klappte nicht. Genauso, wie man nicht zum einen der Außenseiter sein konnte und zum anderen, die Person die selbstbewusst war und überall mitreden konnte.

Ohne ihre kurze gedankliche Abwesenheit bemerkt zu haben, fing Daniel an, ihr von seinen Festivalerlebnissen zu erzählen. Nicht aus Ignoranz, sondern weil er trotzdem bemerkt hatte, das sie sich unwohl fühlte.
Doch richtig kam das Gespräch nicht in Gang. Zu verschlossen war sie. Plötzlich. Fast schon ängstlich schaute sie ihn an.

Später am Tag, kamen Annas Eltern und Daniel fuhr heim.
Abends saß sie auf dem Krankenbett und fühlte sich allein. Wusste nicht, was genau sie fühlte, kam sich seltsam vor.

Er saß an seinem Schreibtisch, starrte auf seine Aufgaben vor sich und konnte keinen klaren Gedanken fassen.

Und beide waren sich einig in der Annahme, der andere würde nichts ahnen.

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Teil zwei. Hat wieder länger gedauert und eigentlich wollte ich was ganz anderes fertig bekommen. Momentan stecke ich mitten in einem kreativen Tief, da ist diese Geschichte noch am ertragreichsten.
Einen Teil gibt es voraussichtlich noch, man liest sich,
Alien :)

Ich bin da.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt