Maiabend
Heute war der letzte Tag des Aprils und Anna freute sich schon seit Anfang des Monats auf diesen Tag. Schon als Kind hatte sie die Mainacht geliebt. Es war bei ihnen wie ein kleines Dorffest, für zehn Euro konnte jeder soviel trinken wie er wollte, oder man brachte selber etwas mit. Jeder der wollte hatte etwas zum grillen dabei und später saßen, beziehungsweise standen, alle um das Maifeuer herum. Die Jugendlichen blieben meist auch die ganze Nacht dort, um den Maibaum zu bewachen.
Als Kinder waren sie zwar meistens vor zehn schon wieder Zuhause gewesen, hatten aber schon am Nachmittag begeistert zugeschaut wie der Baum geschmückt und aufgestellt wurde. Abends dann, hatten sie nur kurz etwas gegessen und waren dann wieder in dem angrenzenden Wald verschwunden, um dort aus Ästen Hütten zu bauen, oder die Bäume zu erklimmen.
Die letzten Jahre, hatte sie allerdings eher mit am Feuer gesessen, oder auch mal ein wenig mit den Kerlen aus ihrem Dorf geflirtet. Jedoch immer noch spaßeshalber, die meisten waren schon mitte zwanzig und damit definitiv nicht an einem Teenager interessiert. Das war auch gut so, denn mittlerweile war sie schließlich an Daniel vergeben.
Der würde heute allerdings trotzdem nicht mitkommen, bei sich im Dorf hatten sie, wie es bei ihnen auf dem Land eben üblich war, eine ähnliche Veranstaltung. Da beide an ihren jeweiligen Feiern hingen, hatten sie sich entschieden einfach alleine zu diesen zu gehen.
Nur weil man zusammen war, musste man schließlich nicht zwangsläufig überall im Doppelpack auftauchen.Mit nicht allzu guter Kleidung, mit Hinblick auf die Funken, welche schnell unschöne Brandlöcher im Stoff verursachten, begab Anna sich also ohne Daniel, zu dem Veranstaltungsort. Ihre Eltern kämen später mit den Grillsachen nach.
Überrascht stellte sie fest, dass Björn bei ein paar anderen aus ihrem Dorf stand. Leider war Mirco auch bei ihnen, mit Gedanken an ihren Geburtstag, ging sie daher erst mal zu Lina. Die beiden kannten sich durch verschiedene gemeinsame Hobbys und hatten sich darüber auch angefreundet.
Lina erzählte von ihrem neuem Pferd, welches nun bei ihnen auf dem Hof stand. Ihre Familie war wohl mit die letzte aus dem Dorf, die noch Landwirtschaft hatte. Auch wenn diese neben den Feldern und Obstwiesen, auf zwei Kühe, mehrere Hühner, Katzen und einen Hund beschränkt war.
Ihr Vater war mit einigen anderen Männern gerade dabei, den Baum mithilfe eines großen Traktors aufzustellen."Darf ich vielleicht auch mal mit zu deinem Pferd kommen?", kam Anna wieder auf das eigentliche Gesprächsthema zurück.
"Natürlich", bejahte Lina:"Aber mal eine andere Frage, du kannst doch ganz gut reiten und bist auch im Umgang mit den großen Tieren fit. Kannst du mir vielleicht anfangs etwas helfen? Ich hatte früher zwar auch Unterricht und freue mich riesig jetzt ein Pferd zu haben, aber das kam eigentlich schon recht überraschend. Ich meine unser Großvater wollte eigentlich einen Ochsen anschauen und kam dann mit Mary wieder"Anna nickte nur beiläufig, denn gerade zog jemand anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich. Björn. Er kam in ihre Richtung und begrüßte sie mit einer freundschaftlichen Umarmung.
"Warum bist du nicht bei Daniel mit feiern?", erkundigte sie sich danach direkt neugierig. Der schwarzhaarige grinste schief:"Weil ich nun mal aus dieser Ecke hier komme und nebenbei bemerkt, natürlich hauptsächlich wegen einer bezaubernden jungen Frau, welche ganz wunderbar aussieht und liebreizender als ein Engel ist"
Sie zog kritisch eine Augenbraue hoch, während er weiterredete und ihrer vorherigen Gesprächspartnerin tief in die Augen blickte:"Damit meine ich natürlich deine wunderbare Freundin hier"Mit diesen Worten sorgte er dafür, dass die arme Lina einen knallroten Kopf bekam, sich schleunigst entschuldigte und das Weite suchte.
"Die hast du am Haken", kommentierte Anna trocken.
Seltsamer Weise war Björn es jetzt, der nervös wegblickte.
"Hey, schau nicht so, als hättest du eine riesen Straftat begangen. Die ist gerade erst fünfzehn geworden, die ist noch schüchtern. Du hast sie nur was überrumpelt. Und sie konnte vermutlich dein Alter etwas besser abschätzen, als du ihr's.", befahl sie ihm lachend.Nach einer kurzen Denkpause entgegnete er daraufhin:"Also eigentlich war das auch nur Spaß, aber ich glaube, ich such' die trotzdem mal, nicht dass sie es in den falschen Hals bekommen hat. Und vielleicht hab ich sie doch was überfallen. Ich bin zwanzig, da kann man auch ruhig noch mit fünfzehnjährigen was anfangen. Auch wenn ich das vielleicht nicht vorsätzlich machen würde. Aber wenn man sich verguckt, ist's nicht schlimm. Also nicht das ich wöllte, ich...egal. Ich gehe sie jetzt auf jeden Fall suchen"
Nach dieser kurzen Ansprache, stapfte er in die gleiche Richtung wie Lina fünf Minuten zuvor und ließ Anna allein auf dem Platz stehen.
Gezwungenermaßen, da sie auch nicht komplett ohne Anschluss den Abend verbringen wollte, begab sie sich nun doch zu der Gruppe, bei der Mirco stand. Sie kannte noch andere Leute und zumindest ihr Cousin würde dafür sorgen, dass sie in Ruhe gelassen wurde. Manchmal war sein großer Bruder Gehabe doch ganz nützlich.
Ansonsten waren auch noch diverse Dorffestbekanntschaften ihrerseits anwesend, welche ebenfalls ein enormes Misstrauen allen gegenüber brachten, die es wagten ihr "Küken" anzusprechen.Langsam wurde ihr klar, wieso sie erst mit fast sechzehn einen Freund gefunden hatte, selbst wenn einer Interesse gehabt hätte, gegen diesen Überwachungstrupp, hatte einfach keiner so schnell eine Chance. Außer er hieß Daniel und besaß verdammt viel Glück und Charme.
Jemand gab ihr ein Radler, aus den Boxen kam die Spider Murphy Gang, welche Rosi und ihr Telefon besang. Auch das war Tradition. Kein Lied lief so oft, wie dieses. Jedes Jahr und auch wenn sie als Kind gewiss den Inhalt nicht richtig verstanden hatte, war sie schon damals recht schnell textsicher gewesen.
Jan forderte sie auf etwas zu tanzen und sie ging darauf ein. Zwischen den anderen, die sich jetzt auch mehr oder weniger unbeholfen zu der Musik bewegten, sprang sie ein wenig umher und grölte ebenfalls begeistert den Refrain mit. Sexy war anders, aber das wollte und musste sie hier nicht sein. Hier war jeder wie er wollte und das war gut so.
Die Musik war bunt durchmischt, von der neuen deutschen Welle bis Kraftklub und K.i.Z, waren alle vertreten. Sie trank genug um gut drauf zu sein und zu wenig um es sich später noch mal durch den Kopf gehen lassen zu müssen.
*
Spät in der Nacht tauchten Björn und Lina wieder auf. Trotz zunehmender Müdigkeit entging Anna nicht, wie nah beieinander sie gingen. Die beiden setzten sich nebeneinander zu ihr auf eine der Bänke, welche am Feuer standen.
Immer wenn sie dachten, keiner würde es bemerken, tauschten sie verstohlene Blicke aus, oder verschränkten die Finger miteinander.Sie verhielten sich verdammt süß, trotzdem sprach Anna Björn an, als Lina der Toilette einen Besuch abstattete:“Du weißt noch was ich dir gesagt hab, oder?“
“Ja, aber du weißt auch was ich dir geantwortet habe, oder?“
Sie konnte den leicht beleidigten Unterton in seiner Stimme hören.
Trotzdem ließ sie nicht locker:“Sie ist keine, die du nach einer Woche mit etwas Spaß, wieder abservieren kannst. Und vorallem ist sie noch keine achtzehn. Du bist ein super Kerl, aber in der Hinsicht bist du ein Arsch, dass hab ich in den paar Monaten in denen wir uns kennen schon mitbekommen“, sie wusste wie albern sie sich anhörte, ihre Freundin war eigentlich alt genug um selbst entscheiden zu können, mit wem sie sich abgab.Der zwanzigjährige schien auch bemerkt zu haben, dass sie sich einfach nur Sorgen machte und versicherte ihr ein weiteres mal:“Ich mag sie, sie ist nett. Ob da mehr ist weiß ich nicht, dafür kennen wir uns noch nicht gut genug. Aber ich verspreche dir, dass ich mit Sicherheit kein junges Mädchen ausnutzen, oder zu irgendwas drängen werde. Ich bin weiß Gott kein Engel, aber so einer bin ich auch nicht. Und jetzt schau bitte nicht mehr so böse“
Sie nickte und erwiderte sein schiefes Grinsen, als auch schon Lina wieder kam, welche sich wieder neben den jungen Mann fallen ließ und sogleich ein Gespräch über die Musik die lief und Konzerte begann, auf das Björn und Anna nur zu gerne eingingen.
Sie redeten bis Lina immer wieder einnickte, Anna eine Decke holte und letztendlich alle drei seltsam aneinander gelehnt schliefen, oder es zumindest versuchten.
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Ich bin da.
Teen FictionNur eine weitere Liebesgeschichte von zwei Teenagern. Mit Streit, mit Zweifel und mit jedem anderen Klischee, welches einfach dazu gehört.