Breakfast at night

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Nun sitze ich hier an diesem viel zu langen Tisch. Sonny neben mir. Sie meinte, ich zitiere: "Ich passe nun auf dich auf. Du bist ab sofort mein Schützling." Das war ihr wohl Grund genug, sich neben mich zu setzen.

Nun, ich habe keine Ahnung, was sie damit meint aber mittlerweile sollte mich nichts mehr an diesem Ort Wundern.

Nebenbei schaut mich die depressive Julie, der an Kopfschmerzen leidende Burk, die ohne Grund habende Annie, die viel zu aufgedrehte Alex, der mit Aggressionsproblemen geplagte Andi und der an Schizophren leidende Mike an. Ihre Blicke sind löchernd und bohren sich in mein inneres. Einige Blicke sehen fragend aus, andere wiederum skeptisch. Dies kann ich ihnen nicht verübeln. Ich bin selber ziemlich verstört von der ganzen Situation und am meisten von Sonnys Wechsel.

Ich schätze du solltest den Leuten ein Chance geben. Wieso? Das ist total unnötig. Du hast Sonny doch auch eine Chance gegeben? Ja aber, sie hat mir keine andere Wahl gelassen. Hör doch auf die Bücher nach dem Einband zu verurteilen und fange an sie zu lesen, um anschließend deine Meinung vertreten zu könne. Weißt du was? Ich habe keine Ahnung woher du immer auftauchst, wirklich keine Ahnung. Aber geh einfach dahin wo der Pfeffer wächst! Nach Mexiko?

"Boha, kannst du nicht einfach die Schnauze halten", murmle ich und verdrehe gleichzeitig die Augen. "Es hat doch keiner mit dir gesprochen Tony", grinst nun Sonny. Super, ich bin der einzige Mensch der seine Gedanken laut ausspricht, ohne auf seine Umgebung zu achten. Du bist ja auch behindert. GEH ENDLICH.

Langsam schüttel ich den Kopf und schaue mir jeden einzelnen nach der Reihe an. Ist es unwahrscheinlich, dass ich mich jemals mit ihnen anfreunde und mehr Wörter als nötig sprechen werde? Ich meine, wofür auch? Wofür baut man eine Freundschaft auf, um diese anschließend wieder vergraben zu können? Das ist beinahe wie in der Schule. Dort baut man ebenfalls Freundschaften auf, um in den Pausen nicht alleine auf dem Schulhof zu stehen oder bei Gruppenarbeiten nicht als letzter gewählt zu werden.

Dieser Gedanke stimmt mich traurig. Man ist nur solange befreundet, wie die Schulzeit anhält. Ein oder zwei Klassenkameraden halten eifrig Kontakt, bis sie anschließend ebenfalls ihre eigenen Wege gehen und man wird vergessen. So ist es doch im Leben oder? Jeder denkt an sich und am Ende wird jeder vergessen. Wahre Freundschaft gibt es nicht. Sie reden von füreinander morden, doch halten sich dabei die Klinge einander an den Rücken. Will ich sowas eingehen? Nein.

In Gedanken versunken bemerke ich nicht, dass ich weiterhin von jedem beobachtet werde. Annie schaut mich skeptisch an und flüstert Andi etwas ins Ohr.

Wow, noch deutlicher hätten sie ihre Abneigung mir gegenüber nicht zeigen können. Mein Blick wandert weiter und bleibt an große braune Knopfaugen mit dicht geschmückten Wimpern hängen. "Ist was?", frage ich sie. Langsam wird das Starren der einzelnen Personen nun wirklich unangenehm. Ich bin doch kein Tier hinter einer Scheibe.

"Nun... du isst nichts. Du hast heute noch gar nichts gegessen. Hast du keinen Hunger?" Ist das meine Sonny, die das gerade gefragt hat? Okay sie ist nicht meine Sonny, der Wortlaut klang karg. Aber sie ist über Nacht ein anderer Mensch geworden und das macht mir Angst.

Langsam blicke ich Richtung Teller. Heute scheint für mich alles besonders langsam von statten zu laufen. Ich antworte ihr nicht, sondern nehme mir ein Brot und belege dieses mit Marmelade und Käse und beiße hinein.

Meinen Kopf stütze ich mit meiner Hand ab, welche ich mit dem Ellbogen auf dem Tisch abstütze. Mit der anderen Hand führe ich mein Frühstück, welches eigentlich mein Abendessen ist, zu meinem Mund und beiße kleine happen ab. Ich bin gelangweilt und nicht wirklich interessiert die Gespräche der anderen zu verfolgen. Jedoch wurde ich hier ausgeliefert und muss mir diese beschämende Situation antun.

Hurry, I'm fallin'.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt