Dem Freund aus meiner Kindheit entfährt ein Lachen. “Wirklich enttäuschend, dass du mich nicht sofort erkannt hast.” Er tippt noch einmal mit dem Stock auf meine Brust, bevor er ihn sinken lässt. “Aber, was machst du hier ?”, frage ich ihn verwundert. Ich kann immernoch nicht fassen, dass die Person, die vor mir steht, John ist. Das letzte Mal, dass wir uns gesehen haben ist ewig her. Als mein Vater entschieden hatte, dass es besser für mich wäre zu meiner Großmutter zu ziehen, haben wir den Kontakt zueinander verloren. Das ist jetzt nun schon fast 13 Jahre her…
Seine Miene verfinstert sich. “Eduard hat uns beauftragt. Er will dringend mit dir sprechen.” Auch meine Stimmung verbessert sich nicht gerade nach seiner Antwort. “Was will er von mir ?”, frage ich mit kühler Stimme. “Das sollte er dir lieber persönlich beibringen.” Wieder scheint mein Herz einen Schlag auszusetzen. Das kann nichts Gutes verheißen. “Was ist wenn ich nicht mit ihm reden will ?” Ein fieses und dreckiges Grinsen bildet sich auf Johns Gesicht. “Dann müssen wir zu härteren Mitteln greifen…” Der riesige Glatzkopf, der aussieht wie ein Wandschrank, hebt kurzerhand sein Jacket leicht an, sodass man eine silberne, halbautomatische Waffe im Schein der Abendsonne aufblitzen sehen kann. Ich schweige. “Und ? Haben wir dich überzeugt ?” Wieder antworte ich nicht. Ich werde auf keinen Fall mit ihnen zu Eduard gehen. Ich will nie wieder mit ihm oder irgendjemand anderem der “Familie” zu tun haben. “Sicher, dass ihr so etwas auffälliges hier abziehen wollt ? Was ist mit möglichen Zeugen ?” Johns Grinsen wird breiter. “Dafür haben wir auch die etwas unauffälligere und leisere Variante.” Mit einem Fingerschnipsen seinerseits zückt der andere Mann mit dem schwarzen, zurückgegelten Haar und der auffälligen Narbe kurzerhand eine Kanone mit Schalldämpfer und richtet sie direkt auf mich. “Und ? Was ist jetzt ? Steigst du jetzt mit in unseren Wagen, oder nicht ?” Obwohl mein Herz mir bis zum Hals schlägt, bewahre ich zumindest äußerlich die Ruhe. Wie ein Dolch bohrt sich der Verrat durch meinen Rücken direkt in mein Herz. Würde er mich wirklich erschießen lassen ? Und warum tut er es nicht selbst ? Kann er es nicht, oder will er sich einfach nur nicht seine Hände schmutzig machen ?
“John ? John ?!” Der kleine Junge läuft ziellos durch das riesige Gebäude. “Jooooooohn ?!” Jedes noch so kleine Versteck sucht der Junge ab. Als er eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnimmt, rennt er sofort auf die nahezu erdrückenden, purpurnen Vorhänge vor den unglaublich großen Fenstern zu und reißt sie beiseite, in der Hoffnung, endlich seinen Freund zu finden. Doch er findet nichts. Mit einem Blick aus dem Fenster, sieht er einen Mann mit schütteren Haar mit seinem Vater reden. Beide scheinen tief in ein Gespräch verwickelt zu sein. “BUH!!!” Der Junge, der die beiden Männer beobachtet hatte zuckte vor Schreck zusammen, als er das Geräusch vernahm und die eiskalten Finger auf seinen Schultern spürte. Ruckartig drehte er sich um und schnappte nach Luft. “J-john!” Der etwas ältere Junge prustete los. “HAHAHA!!! Du hättest dein Gesicht sehen sollen! Als hättest du einen Geist gesehen! Unbezahlbar!” Der Kleinere von beiden sah beschämt zu Boden und wurde leicht rot. Nachdem sich nun der Braunhaarige endlich wieder beruhigt hatte, wagte auch er einen Blick nach draußen. “Was hast du dir überhaupt angesehen ? Warte, ist das dein Pri-”
“John! Erwin! Was macht ihr hier ?! Ihr habt hier nichts zu suchen!”, schimpfte ein Mann mit schwarzem Haar los und kam auf sie zu. “Scheiße, das ist Eduard! Lauf weg Erwin!” Der Ältere von beiden sprintete sofort los, während der andere nicht genau wusste wie um ihn geschah. Für einen kurzen Moment blieb er wie angewurzelt stehen, bis der bedrohlich wirkende Mann immer näher kam. Endlich spurtete auch der kleine Junge los, dem anderen hinterher. “John! Erwin! Bleibt SOFORT stehen!” Der blondhaarige Junge bekam Panik, welche sich rasch in Verwunderung verwandelte, als ein unheimliches Lachen seines Freundes an seine Ohren trat.
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The Path Behind Us
FanfictionErwin Smith wird an einem Gymnasium als Lehrer angenommen und kann endlich das machen, wovon er schon immer geträumt hatte. Alles scheint gut zu laufen, bis ihn schließlich seine dunkle Vergangenheit wieder einzuholen droht. Sein Vater wird ermordet...