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Frühmorgens wachte ich auf und begann meine Liste abzuarbeiten. Die Kleidung in den Schrank, Bücher ins Regal, Lebensmittel in die Küche, Fotos aufstellen, Schuhe zum Eingang, Babysachen ins andere Zimmer. Während des Einräumens, was glücklicherweise recht schnell geschafft war, machte ich mir auch einen Überblick über den Wohnungsinhalt.

Meine Einkaufsliste wurde immer länger: Teller, eine Pfanne und Kochtöpfe, Besteck, Gläse, Kaffeetassen, eine kleine Kaffee-Maschiene, ein Tischtuch, mehr Handtücher, Badezimmer Matten und Lebensmittel. Und noch vieles mehr.

Also fuhr ich schon um eins durch die Stadt und suchte nach einem Wall-Markt, da ich mir sicher bin, dort alles zu finden. Er befand sich ein wenig außerhalb, aber ich war schon kurze Zeit später dort. Dabei fiel mir auf, wie schön die Landschaft hier ist. Hohe Berge und dichter Wald, wahrhaft wunderschön.

Bei Wall-Markt angekommen schlenderte ich schließlich durch die Abteilungen und fand tatsächlich alles benötigte. Und mir wurde zum ersten Mal bewusst, wie dringend ich mir schnell einen Job suchen musste. Die Rechnung machte knapp 1000 Euro aus, was sich zwar nach viel anhörte, doch dafür würde ich soschnell nichts mehr brauchen. Außerdem waren Windeln, Feuchttücher und Babymilch in Aktion weshalb ich auch da zuschlug.
Mein Einkaufswagen quillte so über, dass es mir fast schon peinlich war.

Und wieder war ich froh mir einen Caddy gekauft zu haben, denn in ein normales Auto hätte niemals alles hineingepasst.

Ich brachte alles hinein und stellte den Kühlschrank an, um die Lebensmittel zu verräumen. Nach und nach nahm alles Gestalt an, bemerkte ich zufrieden. Es war schon nach fünfzehn Uhr, also kochte ich mir eine Gemüse-Hähnchenpfanne und ruhte mich kurz aus.

Danach schaute ich mich mit meinen Laptop nach einem Job um, und fand heraus, dass bei einem kleinem Supermarkt namens Denny's noch eine Verkäuferin auf Teilzeit gesucht war. Sofort machte ich mich auf den Weg zu Denny's und fragte dort nach dem Job. Überraschenderweise war der Chef ziemlich jung. Auch er war ziemlich muskulös und groß.

Denny führte ein kurzes Vorstellungsgespräch und erklärte mir danach, ich könne nächste Woche beginnen zu arbeiten. Für 25 Stunden pro Woche 1000 Euro Netto. Fürs erste muss das reichen. Er gab mir noch vier Arbeits-T-Shirts mit und trug mich gleich in den Arbeitsplan ein: Montag, Mittwoch, Samstags jeweils von 7-16 Uhr.
Das wurde auch so bleiben.

Es war schon 18 Uhr, also fuhr ich nachhause und begann zu putzen. Die Wohnung war grundsätzlich sauber, dennoch wollte ich nochmal über alles drüber-wischen. Am Abend setzte ich mich hin und begann zu rechnen:
15000 Euro Studiengeld+750 Euro Gehalt -1500 Euro Auto -1000 Euro Kaution -250*6 Miete -1000 Euro Haushaltskosten -100 Euro Lebensmittel -100 Euro Sprit = Ungefähr 10000 Euro noch übrig, wobei ich für ein halbes Jahr Miete schon bezahlt hatte. Dann noch die Arzt Gebühren. Ich kam zu den Schluss, dass es schwierig, aber machbar war.

Mein Kopf brummte, ich war völlig fertig und trotzdem war es das wert. Mein Kind würde ein behütetes und schönes Leben führen, egal was ich dafür Opfer müsste. Doch ich wusste auch ganz genau, meine Kindheit war vorbei, es war an der Zeit Erwachsen zu werden.

Nachdem ich Fruchtsalat gegessen habe, rief ich Sasha an. Wir tratschten eine Weile und ich lud sie ein Morgen zu mir auf einen Kaffee zu kommen. Danach verabschiedete ich mich und logte mich auf mein Facebook Profil ein. Sofort sprangen mir unzählige Nachrichten entgegen. Viele Freunde fragten wo ich sei, doch niemanden Antwortete ich. Mein Leben in Denver war vorbei, also sah ich keinen Sinn Oberflächliche Freundschaften künstlich Aufrechtzuerhalten.

Danach überkam mich die Müdigkeit und ich fiel totmüde ins Bett.

Am nächsten Morgen stand ich nicht früh auf, erst als Sasha um elf zum Kaffee kam, stand ich auf. Wie beim letzten Mal war sie freundlich und bemüht. Einfach ein herzlicher Mensch. Wir setzten uns in die Küche und redeten eine Weile. Schließlich kam auch die Frage, warum ich so jung hierherzog. Kurz überlegte ich ob ich sie anlügen sollte, aber dann beschloss ich ihr alles zu erzählen. Ich hatte einfach das Gefühl, ihr trauen zu können. Also erzählte ich alles: Die Party, der Morgen danach, der Arzt, mein Plan-B, das Gespräch mit meinen Eltern und schließlich die Durchführung meines Planes. Kurz fürchtete ich mich vor ihrer Reaktion, doch das einzige, dass ich in ihren Augen lesen konnte war Mitgefühl und Verständnis.

"Du bist ein bewundernswerter Mensch, Belle. Nicht jeder hätte das alles so weggesteckt wie du. Hut ab.", waren ihre Worte nach meiner Geschichte und irgendwie erfüllten sie mich mit Hoffnung. Alles würde gut werden, solange ich fokussiert auf die Zukunft meiner 2-Mann Familie bleiben würde. Und schon nach nur 3 Tagen in Glenwood fühlte ich mich hier daheim.

Sasha schien mich auf andere Gedanken bringen zu wollen, denn sie wollte mir unbedingt die Stadt zeigen. Also führte sie mich, zu Fuß wohlgemerkt, von einem Geschäft zum anderen, zeigte mir Cafés und Restaurants, Bars, ein Kino und die Kirche. Als letztes führte sie mich zum Stammeshaus des Kohl-Stammes. Sie erklärte mir, dies sei sowas wie das Rathaus des Stammes. Sie erzählte mir ein paar Geschichten und Sagen des Stammes. Die Mitglieder stammen direkt von den Ur-Einwohnern ab und legen noch immer Wert auf Tradition. Bei Lagerfeuern werden Sagen weitergegeben, sie sind wie eine große Familie, jeder hilft jeden.

Der Stamm hat rund 300 Mitglieder, wobei circa 20 sogenannte Ratsmitglieder sind. Sie beschützen den Stamm. Sasha selbst ist einer von ihnen, erklärte sie stolz.

Wir gingen schließlich ins Stammeshaus hinein, sie zeigte mir die Küche und den großen Gemeinde-Bereich. Insgesamt schien alles ziemlich gemütlich und offen. Gerade als wir hinausgehen wollten, betrat eine Gruppe junger Männer den Raum. Sechs an der Zahl, einer größer und besser gebaut als der nächste. Einer Stoch dennoch hinaus. Ein blonder Riese mit äußerst attraktiven Gesichtszügen. So stellte man sich einen Halbgott vor. Die Gruppe schien uns nicht zu bemerken, weshalb Sasha ziemlich laut:"Hey Jungs" rief. Sie drehten sich nach und nach um, und schließlich sagte Sasha: "Das ist Belle, sie ist neu zugezogen". Alle kamen sie zu mir und begrüßten mich freundlich. Ted, Collin, Therin und Zane. Nur der Halbgott blieb wie angewachsen stehen und starrte mich förmlich an. Nicht auf einer unangenehmen Art und weise, sondern auf eine andere. Auf diese Weise die ich bei Theo und Sasha erlebt hatte. Als wäre er ein Blinder und würde die Welt zum ersten Mal sehen. Also ging ich auf ihn zu und steckte ihm die Hand entgegen:" Hallo, ich bin Belle." Das schien ihn aus seinem Trance-ähnlichen Zustand zu holen und er lächelte mich zaghaft an:" Nett dich kennenzulernen, ich bin Oliver".

Schrei des Wolfes: Das GeständnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt