Kapitel XII

253 13 1
                                    

  Der ehemalige Lehrer saß an seinem Schreibtisch und packte seine Sachen in einen großen Koffer, der in der Ecke stand. Als er die beiden sah, lächelte er.

„Können Sie nicht bleiben?" fragte Harry und setzte sich auf einen Stuhl, der nicht voller Papiere war. „Sie waren der beste Lehrer, den wir je in diesem Fach hatten und haben werden. Bitte."

„Nein, Harry. Leider nicht. Das ist zu gefährlich." Er schob ein zusammen gefaltetes Pergament über den Tisch. „Du kannst sie wiederhaben. Aber stell nicht so viel Unsinn damit an. Ach ja, und Sara. Bitte." Er sah sie an und sie erschrak, nachdem sie seinen Blick einen Moment lang verständnislos erwidert hatte.

Dann wühlte sie in einer Innentasche ihres Umhangs und Harry fühlte sich den Bruchteil einer Sekunde an Hagrid erinnert, bevor sie ihm etwas silbernes überreichte. „Der Tarnumhang deines Vaters ... Also – dein Tarnumhang. Ich hab ihn aus der heulenden Hütte geholt, bevor ich ohnmächtig geworden bin."

„Danke." Er war unheimlich froh, dass er ihn wiederhatte. Als er den Mund öffnete, um noch etwas zu sagen, wurde er durch die knarrende Tür davon abgehalten.

„Ihre Kutsche, Remus" sagte Dumbledore, der mit einem leichten Lächeln in der Tür stand.

Lupin verschloss seinen Koffer und stand auf. „Leb wohl, Harry." Er lächelte ihn an. „Möchtest du mich begleiten, Sara?" fragte er Miss Crowfield und sie folgte ihm.

„Sir" sagte sie leise, als sie am Schulleiter vorbeiging, der hinter ihr die Tür schloss.

„Wirst du bleiben?" fragte Lupin, während sie die breite Marmortreppe zur Eingangshalle hinunter stiegen.

„Wo denkst du hin, Remus?" Sie lachte. „Ein Jahr am selben Ort zu bleiben war schon schwer genug für mich. Nein, nein. Ich werde noch heute Abend verschwinden und mich wieder auf die Reise machen."

„Warum arbeitest du nicht für das Ministerium? Du könntest im Außendienst arbeiten und hättest ein festes und gutes Einkommen für die Dinge, die du tust." Mit leicht verträumtem Blick sah er noch einmal zu den großen Stundengläsern auf.

„Das wäre ja noch schöner. Ich will nicht die ganze Zeit nur Humphreys Tochter sein. So viele in der Abteilung kennen mich noch als kleines Mädchen und ich weiß nicht, ob sie mich ernst nehmen würden. Die ganze Bürokratie ist eh nichts für mich. Nein, ich komm schon klar. Aber was machst du, Remus?" Sie schob das Eichenportal auf und warf einen Blick auf die Kutsche, die am Fuß der Vortreppe stand.

„Ich weiß nicht. Wird schon irgendwo nen Platz für mich geben." Er senkte die Stimme. „Vor allem jetzt, wo all die Todesser aus Askaban entkommen sind."

„Oh, stimmt." Sie dachte nicht viel über die Sache nach und es ging sie auch nichts an. „Kannst mir ja mal ne Eule schicken, wenn du Zeit findest. Ich werd dir auch schreiben."

„Sicher."

Etwas zögerlich umarmten sie sich.

„Pass auf dich auf." Er hievte seinen Koffer die Treppe nach unten und stieg winkend in die Kutsche.

Seufzend machte Sara sich auf den Weg zur Hütte, wo sie nach einem kleinen Rundgang durch den Wald noch ihre Sachen packen musste. Etwas überrascht erblickte sie eine schwarze Gestalt am Kürbisgarten.

„Du gehst also" stellte Snape fest und musterte sie mit seinen schwarzen Augen.

„Ja." Sie lächelte, weil sie nie erwartet hätte, dass er sich von ihr verabschieden würde. „Hier sind einfach zu viele Kinder und es geschehen zu viele unerwartete Sachen. Außerdem müsste ich jeden Monat von dir verlangen, diesen schrecklich komplizierten Trank zu brauen und du hast so schon genug zu tun."

Er schnaubte. „Wird wieder fast jede Woche eine Eule reinschwirren?" fragte er und lief ihr hinterher in den Wald.

„Ja, ich denke, dass du mehr Platz in deinem Schreibtisch schaffen musst. Und vergiss bitte meinen Geburtstag nicht."

Neuerliches entnervtes Schnauben. Na gut, er hatte ihn bisher niemals vergessen.

„Komm schon, ich hab deinen auch nie vergessen, Severus. – Lumos." Mit ihrem Zauberstab schaffte sie etwas Licht, als es im Wald dunkler wurde. Etwas abseits konnte sie das Hufklappern einiger Zentauren hören. Wäre es nur dieser Wald, würde sie wahrscheinlich hier bleiben.

„Wohin wirst du gehen?" fragte seine Stimme ganz dicht hinter ihr und klang genauso teilnahmslos wie immer.

„Och, ich dachte, dass ich mich vielleicht mal jenseits des Ozeans umsehen sollte. In Amerika gibt es sicher interessante magische Geschöpfe. Ganz zu schweigen von Asien und Afrika. Eigentlich hätte ich den Stein der Weisen gut brauchen können. So viel, wie ich noch reisen will." Sie lachte und machte sich auf den Rückweg zur Hütte.

Bis die erleuchteten Fenster von Hagrids Hütte erschienen, sprachen sie kein Wort mehr. Erst als sie vor ihrem Koffer stand, drehte sie sich zu Severus um. Sie würde nach Hogsmeade gehen und dort disapparieren.

„Wenn du mal Ruhe vor den ganzen Kindern brauchst, kannst du zur Hütte meiner Schwester nach Finnland kommen. Schön ruhig im Wald gelegen." Sie lächelte ihn an und erwartete nicht, dass er es erwiderte.

„Aber so lange du da bist, werd ich niemals Ruhe haben" erwiderte er und sah hoch zum Schloss. „Keiner da, dich zu verabschieden?"

Sara zuckte die Achseln. „Du bist doch hier. Remus ist ja schon heute Morgen abgereist und von Hagrid hab ich mich schon verabschiedet. Auf die Worte von irgendjemand anders leg ich nicht viel Wert." Sie ließ den Koffer schweben und ging mit ihm nach oben zum Schloss. Einen Augenblick standen sie nur schweigend da. Dann konnte sie nicht anders, als ihn in den Arm zu nehmen. Gekonnt ignorierte sie die Tatsache, dass er in keiner Weise reagierte, und drückte die Wange an seine Schulter. Eine ganze Weile stand sie so da, bevor sie hastig von ihm abließ und den Weg entlang schaute, der von Fackeln erhellt war.

„Entschuldigung. – Locomotor Koffer." Sie ließ ihrGepäck, das zu Boden gefallen war, in die Luft steigen. „Mach's gut, Severus.Vielleicht beantwortest du doch mal eine Eule." Sie lächelte kurz und setztesich in Richtung Hogsmeade in Bewegung.

Die magische TierärztinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt