Draco war einfach zu weit gegangen, als er Hermine schon wieder ‚Schlammblut' genannt hatte. Er und Harry hatten sich gegenseitig verhexen wollen, doch nun war das Gesicht von Goyle voller Furunkel und Dracos Fluch hatte Hermine getroffen. Als Harry sich zu ihr umdrehte, erschrak er.
Neben ihr stand eine in schwarz gekleidete Gestalt, leicht herunter gebeugt, und versuchte, dem Mädchen die Hände vom Gesicht zu ziehen. Im ersten Moment befürchtete er, es sei Snape, weshalb er umso erleichterter war, als er Miss Crowfield erkannte. Sie flüsterte Hermine beruhigend zu, konnte sie jedoch zu nichts überreden.
„Was soll der Krach?" fragte eine ölige Stimme, als Snape wirklich die Treppen herunter kam und das Geschehen mit eisigem Blick musterte.
„Potter hat Goyle angegriffen" sagte Malfoy sofort und ein höhnisches Lächeln breitete sich auf seinem schmalen Gesicht aus.
„Auf die Krankenstation." Snape deutete die Treppe hoch und Goyle rannte davon.
„Aber sehen Sie, was Malfoy mit Hermine angestellt hat!" rief Ron mit zorniger Stimme und konnte ihr mit einiger Anstrengung die Hände vom Gesicht ziehen.
Harry schluckte. Hermines Vorderzähne wurden immer und immer länger, sodass sie schon über das Kinn hinaus gewachsen waren. Und es schien kein Ende zu nehmen. In ihrem Gesicht lag ein Ausdruck von Panik.
„Kein Unterschied festzustellen" meinte Snape mit spöttischem Lächeln.
„Severus!" rief Miss Crowfield und sah ihn finster an. „Also wirklich! – Komm schon, Liebes. Ich bring dich zu Madam Pomfrey." Sie schüttelte den Kopf und schob Hermine auf die Treppe. Nachdem sie Snape noch einen Blick zugeworfen hatte, der um eine Spur finsterer war, hinkte sie ihr hinterher.
Sara musste sich an der Wand abstützen. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, die ganzen Treppen zu gehen, anstatt einfach bis zum Abendessen zu warten. Sie hatte gedacht, dass er sich freuen würde, sie zu sehen. Aber wie immer war sie in einen sehr unpassenden Moment gekommen.
Sara versuchte, der schluchzenden Hermine einen aufmunternden Blick zuzuwerfen, aber sie war zu sehr damit beschäftigt, ihre Zähne zu verbergen. So ganz gelang ihr das nicht, da sie bereits über den Kragen hinaus gewachsen waren. Sie fühlte sich an die eigene Schulzeit erinnert, in er sie solche Aktionen sogar witzig gefunden hatte. Bis zu einem gewissen Grad.
„Oh, mach dir keine Sorgen, Hermine. Madam Pomfrey kriegt das ganz schnell wieder hin." Sie stieß die Tür zum Krankenflügel auf und die Heilerin war wie immer sofort zur Stelle. Unter einem Redeschwall lotste sie Hermine auf ein Bett, zeigte Sara einen Stuhl, auf den sie sich setzen sollte und verschwand ans andere Ende des Raumes, wo ein großer Schrank stand. Offenbar bewahrte sie da alle Tränke auf, die man sich vorstellen konnte.
Im nächsten Augenblick kam sie auch schon zurück und hielt Hermine einen Spiegel vor. Die Prozedur dauerte über eine halbe Stunde und Sara war nicht entgangen, dass sie Vorderzähne des Mädchens normal groß waren, als sie fertig war. Dennoch weigerte sie sich, wieder zurück in den Unterricht zu gehen. Sara beschloss, ihr Gesellschaft zu leisten.
„Warum sind Sie hier?" fragte Hermine und betastete zufrieden ihre Zähne.
Sara wusste nicht, wie viel sie sagen durfte. Also besser so wenig wie möglich. „Es hängt mit der ersten Aufgabe des Trimagischen Turniers zusammen. Wenn die vorbei ist, bin ich weg. Komisch genug, dass ich überhaupt hier bin, aber als Dumbledore mir gesagt hat, worum genau es geht, konnte ich nicht nein sagen."
Hermine sah aus, als wollte sie mehr Einzelheiten erfahren. Sara schüttelte vorsorglich den Kopf.
„Ich kann nicht riskieren, dass du Harry was sagst. Schließlich wollen wir den Wettbewerb doch fair halten." Sie lächelte.
Hermines Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an. „Das ist alles so bescheuert!" sagte sie mit Wut in der Stimme. Sara spürte, dass sie sich jetzt mit ihr darüber unterhalten musste, was los war. Und das lag ihr eigentlich gar nicht. Aber wo sie nun mal hier war ...
„Dass Harry teilnimmt? Ne ganz schön komische Sache." Hagrid hatte alles erzählt, er war so aufgeregt gewesen.
„Ja, das allein ist schlimm genug. Niemand will ihm glauben, dass er den Namen nicht selbst in den Kelch geworfen hat!"
„Das kann er unmöglich selbst gewesen sein. So hohe Magie beherrscht kein Schüler."
„Eben! Aber nicht mal Ron glaubt das! Und nun reden die beiden nicht mehr miteinander und benehmen sich wie Kindergartenkinder! Das regt mich so auf! Und am aller schlimmsten ist ja diese Rita Kimmkorn! Haben Sie den Tagespropheten gelesen?"
„Schon ewig nicht mehr." Sie brachte ein Lächeln zustande, obwohl ihr nicht danach war. „Diese Sabberhexe hat mir schon die verschiedensten Dinge angedichtet, als ich im Land war. Hat Gerüchte verbreitet, ich würde nur ständig rumreisen, weil ich so viele Kerle habe und solchen Schwachsinn. Der sollte man nichts glauben."
Hermine blickte sie erleichtert an. Offenbar dachte sie nicht anders über diese Frau.
Eine Weile starrte Hermine den Fußboden an und Sara sah aus dem Fenster, von dem aus der Wald zu sehen war. Eigentlich hatte sie ja zu tun, aber sie wollte das Mädchen nicht allein lassen.
„Was ist eigentlich mit Ihrem Bein los?" fragte Hermine und sah jetzt besorgt aus. Über den Themenwechsel war Sara sehr froh. Aber wie sollte sie das erklären, ohne zu viel zu verraten?
„Ich habe Charlie Weasley in Rumänien besucht und ein Drache sah mich als Bedrohung für sein Nest. So was passiert." Sie musste ja nicht sagen, dass das draußen im Wald passiert war, als sie angekommen war. Aber die Heilerin hatte das schon wieder gut hinbekommen. Es würden nur ein paar weitere Narben hinzu kommen.
Hermine nickte und hinter ihrer Stirn schien es fieberhaft zu arbeiten. „Miss Crowfield" fing sie an und etwas an ihrem Ton gefiel Sara gar nicht. „Gerade Sie müssten doch verstehen, dass es schrecklich ist, wie die Hauselfen behandelt werden. Sie sollten Urlaub bekommen und bezahlt werden!"
Es ging nicht anders. Sara fing an zu lachen. Diese Idee war so absurd, dass nur eine Muggelstämmige darauf kommen konnte. Bald besann sie sich jedoch und versuchte, das Mädchen nicht weiter zu kränken. Aber eines musste sie ihr erklären.
„Hör mal. Ich will nicht bestreiten, dass Hauselfen eine gewisse Form von Intelligenz besitzen. Sie können zaubern. Man sollte nett zu ihnen sein. Aber sie leben nur, um einem Herrn zu dienen. Sie wollen keine Bezahlung oder Urlaub. Viele wollen nicht mal freigelassen werden. Sicherlich gibt es Familien, die schrecklich mit ihren Elfen umgehen und die dann zu mir kommen, wenn sie schwer verletzt sind. Aber das ist normal." So lief es nun mal und das konnte eine engagierte Schülerin wie sie nicht ändern.
„Das ist Sklavenarbeit!" fauchte Hermine, an der SarasWorte anscheinend einfach abgeprallt waren. Also gab sie es auf und unterhieltsich lieber mit ihr über weniger kritische Themen.
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Die magische Tierärztin
FanfictionObwohl es sie normalerweise nicht lang an einem Ort hält, kehrt Sara Crowfield im September 1993 zurück nach Hogwarts, um ihrem guten Freund Hagrid unter die Arme zu greifen. Vielleicht zieht es sie auch dorthin, weil sie alte Bekannte vermisst.