Kapitel XVIII

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Als sie aufwachte, lag sie in einem schlichten, schmalen Bett. Am Morgen nach Vollmond aufzuwachen, fühlte sich an wie ein mächtiger Kater. Ob man den Trank nahm oder nicht. Deshalb brauchte sie eine ganze Weile, bis sie sich aufsetzen konnte und noch etwas länger, bis ihr Kopf aufgehört hatte, sich zu drehen und sie sich umschauen konnte.

Auf dem Sofa, auf dem er offensichtlich geschlafen hatte, lag eine Decke. Sara war allein. Neben dem Bett, auf dem sie saß, stand ein kleines Fläschchen mit einer glasklaren Flüssigkeit. Dabei lag ein Zettel. Aber auch so wusste sie, was das war. Und sie war ihm so dankbar dafür, denn schon eine knappe Minute, nachdem sie es getrunken hatte, war ihr Kopf wieder klar.

Die Uhr an der Wand verriet ihr, dass es schon beinahe Zeit zum Mittagessen war. Sollte sie warten und essen oder gehen? In beiden Fällen wollte sie sich von ihm verabschieden. Aber dafür musste sie ihn erst einmal finden.

Sie sah zuerst in seinem Büro nach. Es war leer, aber auf dem Schreibtisch stand ein Becher mit heißem Kaffee. Auch daneben lag ein Zettel.

Sara setzte sich hinter diesen Schreibtisch. Im selben Augenblick wurde sie neugierig. Da war eine Schublade ohne Schloss. Dort, wo ... Aber wie sollte sie die öffnen? Sie hatte nicht mal einen Griff. Sachte fuhr sie mit der linken Hand über das dunkle Holz.

Die Schublade glitt auf. Sie kannte diesen Zauber. Türen und auch Schubladen öffneten sich nur für Leute, die es was anging. Und da sie für diesen Stapel Briefe verantwortlich war, hatte sie nicht den Hauch eines schlechten Gewissens.

Harry war gerade dabei, seinem Trank wie beschrieben Schlangenblut in gewissen Abständen zuzugeben. Es war die letzte Zutat. Bald war die Stunde endlich vorbei. Es war vollkommen still in den Kerkern. Nur das Blubbern der Tränke und die Geräusche, die beim Vorbereiten und Hinzufügen der Zutaten entstanden, waren zu hören.

Eine Tür hinter dem Lehrerpult wurde geöffnet und die Schüler hoben fast synchron die Köpfe. Normalerweise traute sich niemand, in Snapes Unterricht reinzuplatzen. Und was war das eigentlich für eine Tür?

Snape, der durch die Reihen gegangen war und die Schüler kontrollierte, hielt mitten in der Bewegung inne. Auch er sah zu Miss Crowfield hinüber, die in der Türöffnung stand und lächelte.

In jeder anderen Stunde hätte das zu Getuschel geführt. Doch Snapes weit greifende Schritte durch den Raum und der zornige Blick, mit dem er sich zu den Schülern umwandte, beugten dem vor. Alle konzentrierten sich wieder auf ihre Arbeit. Harry hörte mit halben Ohr zu und schielte immer mal wieder zu ihnen hin. Irgendwie schaffte er es nebenbei sogar, nichts falsch zu machen. Aber was in aller Welt war da los?

„Was fällt dir ein?" hörte er Snape sagen, der sich ein Stück zu Sara hinunter gebeugt hatte.

„Woher sollte ich denn wissen, wo du bist? Ich wollte mich nur von dir verabschieden. Muss mich langsam auf den Weg machen." Sie klang, als hätte sie großartige Laune.

„Nein. Ich muss mit dir reden. Warte in meinem Büro. Die Stunde ist bald vorbei." Er schob sie weiter in den Raum hinter der Tür und schloss diese dann. Als wäre nichts gewesen, nahm er seinen Rundgang wieder auf. Anscheinend verbesserte es seine Laune nicht gerade, dass er bei Harry ausnahmsweise mal nichts zu bemängeln hatte.

Es dauerte wirklich nicht mehr lang, bis sie entlassen wurden. Harry beeilte sich, seine Phiole auf den Tisch zu stellen und aus dem Klassenzimmer zu verschwinden. Auf dem Gang brachen die Spekulationen los.

„Was ich damals für Sachen geschrieben hab!" sagte sie laut, als er die Tür zu seinem Büro geräuschvoll schloss. Sie saß in dem Sessel und hatte die Briefe neben sich auf der Lehne gestapelt.

„Das –"

„Geht mich sehr wohl was an" unterbrach sie ihn mit einem Grinsen. „Sonst könnte ich nicht hier sitzen und sie lesen." Sie bemerkte seinen Blick und legte den Brief, den sie gerade gelesen hatte, zu den anderen. Vielleicht hätte sie seinen Unterricht nicht stören sollen. „Schon gut. Entschuldige."

Er winkte ab und blieb vor ihr stehen. „Karkaroff hat recht" sagte er leise.

„Warum erzählst du mir das?" Sie sah in sein Gesicht, um vielleicht herauszufinden, was er ihr sagen wollte. Aber in dieser Angelegenheit war sie einfach nicht gut.

„Ganz einfach. In Zukunft wirst du nicht mehr einfach auftauchen, verstanden? Das kann zu unangenehmen Situationen führen. Vor allem für dich."

Sie lächelte. In der Tat war es wohl eine schlechte Idee, mitten in seinem Wohnzimmer zu apparieren, während dort ein Haufen Todesser saß und Pläne ausheckte. Bei ihrem Glück würde sie sicher mitten auf dem Tisch landen. Immerhin kannte sie das Haus nicht von innen. Beim Gedanken an verschiedene Situationen – eine absurder als die andere – musste sie sich ein Kichern verkneifen.

„Natürlich doch." Sie stand auf. „Lass uns essen gehen. Dann muss ich wirklich weg."

Die magische TierärztinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt