Sechs

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Samira stand vor mir, ein unechtes Lächeln auf den Lippen. Sie machte keine Anstalten mir zu antworten, also wiederholte ich meine Frage.

"Samira, was willst du?"

Ihr Lächeln verschwand. "Um ehrlich zu sein, komm ich aus dem gleichen Grund, wie Florian, aber wie ich sehe, hast du nicht das was ich will. Florian hat ganze Arbeit geleistet." Wie bitte? Er hatte mich zusammen geschlagen. Samira fuhr fort. "Und da ich dachte, wenn ich schon zu spät dafür bin, frage ich wenigsten Tom."
Ich straffte meine Schultern. "Tja, du hast ihn verpasst.", gab ich giftig von mir. Sie nickte nur.

"Aber trotzdem scheint es zwischen euch beiden nicht wirklich gut zu laufen, also wenn du Hilfe brauchst, ich bin natürlich immer für dich da, Schwesterchen." OMG!

"Nein danke, ich verzichte. Lieber sterbe ich, als mir jemals von dir helfen zu lassen!" Samira guckte mich immer noch belustigt an. "Es kommt der Tag, da wirst du dieses Angebot annehmen." Ich schüttelte den Kopf. "Niemals."

Sie stöhnte genervt auf und murmelte vor sich hin. "So eine Zeitverschwendung..." Sie wandte sich zur Tür, bevor sie ging schaute sie mir noch einmal in die Augen. "Ich würde in den nächsten Wochen vorsichtig sein. Von jetzt an, herrscht Krieg." Mit diesen Worten ging sie aus dem Zimmer.

Natoll. Der Tag heute war auf jeden Fall ein Reinfall. Erst schlägt mich Florian grün und blau, dann streite ich mich mit Tom und jetzt hatte ich auch noch ein komisches Gespräch mit Samira. Super, echt toll. Sollte ab jetzt nicht alles besser werden? Tom ist doch endlich wieder da, warum kann denn nicht alles normal sein. Normal. Was ist schon normal? Und ist mein Leben dann unnormal? Gott, mein Kopf platzt gleich.

Ich faste mir an die Stirn. Mir tat wieder alles weh, das kam bestimmt von dem Stress. Ich darf mir nicht so viel Stress machen und eine Sache konnte ich auch schon aus dem Weg schaffen. Ich werde mich bei Tom entschuldigen. Der Streit belastet mich und ich werde ihn aus dem Weg räumen.

Bevor ich zu Tom fuhr, ging ich noch mal nach Hause. Ich wollte mich umziehen und versuchen ein paar der blauen Flecken zu kaschieren. Auf dem Weg nach Hause wurde ich schon mehrmals von Passanten doof angeguckt, das wollte ich nicht noch einmal erleben. Zum Glück war meine Mutter nicht zuhause.

Zuhause zog ich mich um, ging ins Badezimmer und überschminkte die blauen Flecken so gut wie ich konnte. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel. So scheiße sah ich gar nicht aus heute.

Mit der U-Bahn machte ich mich dann auf den Weg zu Tom. Ich ging davon aus, dass er im gleichen Haus wir früher wohnte. Und tatsächlich. Ich hatte recht.

Ich ging zur Tür, schraffte die Schultern und...hielt inne. Von drinnen hörte ich Personen schreien. Streiten.

"Scheiße verdammt, wo ist es?" Tom, er schrie. "Bill. War jemand hier, als ich weg war?" Keine Antwort. "Bill." Stille. "Scheiße."

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Tom rannte mich voll über den Haufen. Ich konnte wirklich nicht schnell genug reagieren, da lag Tom schon auf mir. Verblüfft sah er mich an.

"Hey, was tust du hier?" Und da war er wider. Er hatte wieder Emotionen in der Stimme und nicht mehr diese Kälte. Ich guckte ihm in die Augen. " Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Der Streit, ich hab mich danach schrecklich gefühlt." Tom nickte. "Ja, mir ging es genau so."

Er krabbelte mehr oder weniger von mir runter, half mir dann mit einer Hand auf. Angespannt stand er da. "Was ist los?", fragte ich, vielleicht etwas beängstigt. Tom schluckte. Er guckte mich wieder an.

"Es geht um Bill.", sagte er dann. "Er ist verschwunden."

Graffiti IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt