"Dein Dad hat vor ein paar Minuten angerufen.", entgegnet mir Hunter, der mit nassem Haar und von nicht mehr als einem um die Hüften geschlungenen Handtuch bedeckt am Türrahmen zum Badezimmer steht. Mein Vater hat mich also über seiner neuen Arbeit und dem Besuch seiner Liebsten nicht vollkommen vergessen. "Ich wollte ihn sowieso heute anrufen. Hat er gesagt, wann Celia und er zurückkommen? Oder warte, ist egal, ich rufe ihn jetzt einfach an." Mit diesen Worten wende ich mich ab und gehe in Richtung des antiken, schwarzen Drehscheibentelefons, das meiner Meinung nach so gar nicht zur restlichen Einrichtung des modernen Hauses passt. Während ich darauf warte, dass mein Vater den Anruf annimmt, spüre ich Hunters Präsenz direkt hinter mir. Mit dem Hörer am Ohr drehe ich mich in seine Richtung um, was er mir kaum möglich macht, denn er hat sich so unmittelbar hinter mir platziert, dass der Abstand zwischen uns kaum noch messbar scheint. Wieder einmal bringt mich seine körperliche Nähe völlig aus der Fassung. Ausgerechnet in diesem Moment höre ich die Stimme meines Vaters am anderen Ende der Leitung. "Hallo mein Schatz, schön, dass du dich meldest. Wie geht es dir? Hast du dich schon etwas eingelebt?" Immer noch abgelenkt von meinem Gegenüber, antworte ich:"Hey, ja, gut soweit, ich..."-Hunter starrt mich mit geradezu hungrigem Blick an und ich vergesse kurzzeitig, meinen eigenen Satz zu beenden-"...ich habe heute schon etwas die Gegend erkundet, und es ist wirklich schön, so nah am Wasser zu leben. Wann kommen du und Celia denn wieder?" Während Hunter seine Hand in Richtung meines Gesichts bewegt, versuche ich, mich auf die Antwort meines Vaters zu konzentrieren. "Das hört sich doch toll an. Wir bleiben noch diese Nacht hier und fahren morgen früh gemeinsam nachhause. Dann haben wir am Wochenende alle Zeit, uns mit der neuen Situation vertraut zu machen. Wie läuft es denn mit Hunter bisher?" Hunter? Oh ja, wie läuft es mit Hunter?
Der Besagte hebt verschmitzt grinsend eine Augenbraue. Natürlich kann er jedes Wort meines Vaters mithören. Kein Wunder, so dicht wie er mir auf die Pelle rückt. Mit einem verdammten Handtuch bekleidet! Er lässt mir buchstäblich kaum Raum zum Atmen. Ich meine wirklich: Er ist so nah an mich heran gerückt, dass bei jedem meiner Atemzüge meine Brust beinahe seinen Oberkörper streift. Seinen nackten Oberkörper. Oh Gott. Ich sehe ihn irritiert an. Was ist das schon wieder für ein Spiel? Bei Hunter - so viel habe ich inzwischen gelernt - muss man scheinbar immer irgendeinen Hintergedanken vermuten. Nur kann ich seine Absichten einfach nicht durchschauen.
"Bay, Schätzchen?", mein Vater klingt ebenfalls irritiert von meiner langen Pause. Ich bemühe mich, normal und gelassen zu klingen, um ihn davon überzeugen, dass mit Hunter alles gut angelaufen ist. "Er macht einen netten Eindruck, Dad. Und er bemüht sich auch, mir den nötigen Freiraum zu geben, damit ich mich erstmal etwas einleben kann." Beim Wort "Freiraum" sehe ich Hunter vielsagend an. Er will den Wink nicht verstehen und bleibt, wo er ist.
Weil ich dieser Spannung zwischen uns nicht mehr länger ausgesetzt sein kann, verabschiede ich mich von meinem Vater. Wir sehen uns schließlich auch schon morgen wieder. Und ich muss einfach weg von Hunter, der nicht aufhört, mich anzustarren, meinen Körper zu bedrängen. Und auf absurde Weise gefällt es mir auch noch. Wie kann das denn sein. Ich fühle mich selbst wie ein einziger Widerspruch. Mit einem tiefen Atemzug lege ich den Hörer zurück in die Aufhängung und quetsche mich an seiner unnachgiebigen Statur vorbei. "Idiot", murmele ich, und ich bin nicht sicher, ob die Worte ihm oder mir gelten._________________________________________
Hey an alle lieben Leser:innen, die sich nach so langer Zeit der Sendepause immer noch für diese Geschichte interessieren <3
Ich weiß, es kam sehr sehr lange nichts von mir, was verschiedenste Gründe hatte. Lange hat mir einfach die Motivation zum Schreiben gefehlt. Und ich fühle mich auch ehrlich gesagt ein wenig eingerostet.
Aber ich weiß, dass das Schreiben eigentlich mal etwas war, das mir großen Spaß gemacht hat und ich möchte versuchen, wieder in meinen Fluss zurückzufinden. Und zwar, indem ich hier doch endlich mal weiterschreibe. Ich kann nichts versprechen, aber ich hoffe sehr, dass das auch klappt und es ab jetzt (halbwegs regelmäßig) neue Kapitel geben wird.Ganz liebe Grüße und ein großes Dankeschön für euer Feedback!
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Stepbrother dearest
Romance~Sometimes, all you need is cliché~ Bay hat ihre Mutter verloren. Doch nun hat ihr Vater eine neue Frau, Celia, kennengelernt und zieht mit seiner Tochter zu ihr in die USA. Dort trifft Bay auf Celias Sohn Hunter, der anfangs nicht gerade freundlich...