dreizehn. von vibrierender haut und süßen klängen

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Sonntag, der letzte Tag der längsten Woche.

alles ist so leicht und doch so schwer zu gleich.

Es war das erste Mal gewesen, dass Ada Tess in ihrer Bude besuchte. Zuvor waren sie immer in Wien geblieben, aber wie von selbst hatte es ihr die Blonde bei einem rauschenden Telefonat vorgeschlagen. Ohne böse Hintergedanken, so meinte sie, einfach nur essen, reden, und was man sonst so als junger Mensch tut. Was das war wusste Ada selbst nicht, immerhin hatte sie, wie andere junge Menschen, kein Sozialleben und auch ihre Kreativität war nur begrenzt genießbar. Und eigentlich hatte sie auch wahnsinnige Angst, dass es zu Stille bei ihr daheim käme, Stille, in der keiner etwas sagt, sie peinlich berührt auf den Boden blicken und man fünf Meter weiter weg den Wasserhahn tropfen hört. Aber ändern könnte Ada das dann auch nicht mehr, denn sie könnte keine Gespräche erneut aufleben lassen. Sie war sich in dem Moment nicht einmal mehr sicher, ob sie überhaupt jemals Themen zum Diskutieren hatten, oder sie einfach immer nur an der Oberfläche blieben. Und während sie daran dachte begann ihr Herz zu rasen und ihre Hände zu zittern und sie dachte, was wäre, wenn dieser Tag der Tag ist?

Auf jeden Fall fand sie sich nach einenthalb Stunden Zugfahrt in Krems wieder. Die Häuser waren viel zu Labyrinth-artig gebaut für ihren Geschmack und auch die einspurigen Straßen ein wenig zu eng. Doch davon sah sie ab, denn Tess hasste Krems auch. Tess meinte, sie wäre alleine in Krems. Ada war überall alleine.

Die Blonde hatte Jim Beam in ihrem beigen Rucksack, als sie Ada vom Bahnhof abholte, was nebenbei bemerkt, grässlich schmeckte, doch sie hatte nichts besseres gefunden, und leerte ihn zusammen mit Cola in ein Glas. Eine vorzügliche Mischung, wenn man genug Ekel an eine Stelle fabrizieren will. Ada genehmigte sich hingegen lieber einen Rotwein der Kategorie Spätlese und ließ ihn langsam auf ihrer Zunge zergehen, was ihn im Abgang jedoch nicht weniger nach Erbrochenen schmecken ließ, als Tess' Whiskey. Also nahm sie, mutig wie der Alkohol sie machte, noch einen Schluck von der Cola-Whiskey Mischung, was sie würgen ließ und Tess lachte grell auf.
"Wie du einfach kotzt.", amüsierte sie sich schwankend und steppte mit ihren Zehenspitzen am Boden.
"Wer von uns beiden stand eben noch am offenen Fenster und hat durch den kleinen Spalt Luft inhaliert? Du oder ich?", keifte sie ihr fast ins Gesicht, aber beide wussten, dass Ada kein Stück böse war. Nein, ganz im Gegenteil; sie war voller Leben und fühlte pures Glück.
Ada seufzte und ließ sich rückwärts ins Bett fallen, sie sah aus als wäre sie gerade auf der Matratze zerronnen.
"Ey, gehts dir gut? Alles gut? Ada, sag doch was, is dir schlecht?", wollte die Blonde fürsorglich wissen und stützte sich neben ihrer Freundin ab. Angesprochene begann stark zu grinsen: "Deine Sorge ist so niiiedlich."
Tess rollte mit den Augen, sodass man nichts mehr von den blauen Tiefen erahnen konnte, doch begann dann auch zu kichern und gab ihr einen Schubs.
"Huiii.", lachte Ada und setzte sich auf, schwankte dabei.
"Nicht so schnell, Ada, Vorsicht.", lallte Tess besorgt und Ada war sich sicher, dass sie diesen Moment nie wieder vergessen würde, weil Tess so verdammt süß aussah und die Liebe förmlich in ihren Augen glitzerte.
"Mir geht es super.", startete die Braunhaarige einen Beschwichtigungsversuch. Tess runzelte die Stirn und strich ihrer Freundin die Haare aus dem Gesicht; "Bist du dir da sicher?"
"So gut ging es mir schon lange nicht mehr!", bestätigte sie langgezogen und ließ sich auf den Boden fallen. Vermutlich nicht weil ihr tatsächlich derartig schwindelig war, sondern viel mehr deshalb, weil sie das Drama liebte. Tess begann zu brummen und zu murmeln und ließ sich ebenfalls am Bett entlang hinab gleiten, setzte sich neben Ada, welche mit ihren Augen das gesamte Zimmer durchsuchte.
"Gefällt es dir hier?", lächelte Tess und griff zitternd zu ihrem Glas.
Ada antwortete nicht, fast so als müsste sie sich noch entscheiden; aber da war diese riesige Pflanze direkt neben ihr, die sie einfach in eine Plastikbox gestellt hatte, und da war ein gelbes Baumwollsäckchen, auf dem in irgendeiner asiatischen Schrift etwas gegen Atomkraftwerke stand, und da war ein schwarzes Metallregal, welches vollgeräumt war mit Büchern und anderen skurillen Sachen, direkt neben diesem ein sonnenartiges Stofftuch mit abstrakten Malereien darauf und Ada konnte gar nicht anders, als vollkommen begeistert zu sein. Das Zimmer strahlte so viel Kreativität aus, doch Tess war stur und unzufrieden und empfand es als scheußlich. Tess war generell nie mit irgendetwas zufrieden, damit hatte sich die Braunhaarige leider bereits abgefunden.

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