Pov Jimin
"Yoongi, Yoongi, Yoongi."
Immer wieder wiederholte ich seinen Namen, ging durch die Eingangshalle auf und ab. Auf meiner Unterlippe kauend setzte ich einen Fuß vor den anderen und wartete sehnsüchtig. Mein Leib zitterte, mir war kalt. Doch ich würde jetzt nicht umkehren, ich würde ihn erwarten. Mit jedem Schritt mehr bekam ich jedoch Angst, Angst vor ihm und seinen Reaktionen. Ich hatte mich rücksichtslos benommen, hatte ihn ohne jeglichen Respekt behandelt und ich hatte Angst, dass er seine Drohungen wahr machte. Wie verletzt war er, wie sehr hatte ich sein Herz gebrochen und wie würde er mir gegenüber treten?
Hinter mir hörte ich Schritte, dumpfe Schritte und ich ahnte, um wen es sich handelte. Ich riss die Augen auf und wandte mich in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.
Dort stand er. Ein Mensch, von dem meine Existenz abhing. Min Yoongi, der Name des Teufels. Mein Blick musste leer gewesen sein und ohne Ausdruck, er sah mich gleichgültig an. Schlagartig änderte sich etwas in meiner Sichtweise auf ihn, als würde mich ein Blitz treffen. Ich konnte nicht reden, mein Mund war wie vernäht. Vor mir sah ich das Böse, das abgrundtief Schlechte, obwohl es doch er war, den ich liebte. Noch einmal wurde mir etwas klar. Ich liebte beides, das Böse wie das Gute. Denn beides steckte in ihm, in diesem Jungen, in diesem Mann.
Seine Gesichtszüge waren kantig wie eh und je, auch seine Augen waren beinahe schwarz. Sie spiegelten die Nacht und seine Seele wieder. Wie er einfach nur dort stand, die Hände in seinen Jackentaschen, die schwarze Jeans an den Beinen, als wäre es ein völlig normaler Besuch. Es war spät, es war nicht mal mehr Abend.
Er war trotzdem gekommen."Wer von uns beiden ist der Teufel?"
Seine Stimme war angeschlagen, er hatte getrunken, ich hörte es, obwohl er leise sprach. Er war durchaus bei bewusstem Verstand, konnte klar denken, denn Alkohol trank er nicht selten. Seine Augen schauten mich durchdringend an, während mein Blick an seinem Körper herunter wanderte und schließlich auf den Boden fiel. Ich fühlte mich schuldig, für alles, was ich je getan hatte. Für alles, was ich ihm je an den Kopf geworfen hatte und für alles, was ich ihm angetan hatte. Selbst wenn ich mehr gelitten hatte, für ihn war es neuer Schmerz. Und genau weil ich wusste, wie es sich anfühlte, wollte ich nicht, dass es ihm weh tat.
Er ging auf mich zu, langsam und bedächtig, wobei jeder Ton, den seine Schritte machten, in meinem Kopf widerhallte. Vor mir stand er nun, seine Gestalt ragte vor mir und wirkte viel größer und breiter, als er eigentlich war. Sein Blick war gehoben, er verachtete mich. Eingeschüchtert drehte ich meinen Kopf zur Seite und legte ihm meine flachen Hände an die Brust, als Zeichen, er solle nicht weiter gehen. Seine Blicke machten mir Angst, ich hielt ihn für unberechenbar, er war nicht glücklich oder erfreut, dass ich ihn gerufen hatte. Dennoch sah ich aus dem Augenwinkel, wie er abschätzend lächelte.
"Mich abweisen und wieder rufen, so fern es dir passt. Was hast du nur an Würde verloren."
Wissend schluckte ich. Ich fühlte mich wieder so unterwürfig und ich war ihm wieder nicht gerecht. Meine Existenz würde es nie sein, ich würde nur zu ihm aufblicken können. Durch meine Finger spürte ich sein Herz pochen, es schlug gleichmäßig. Das allein ließ mich innerlich strahlen. Dass es ihm gut ging, dass er lebte und atmete, das war alles für mich, das hielt mich auch am Leben. Mein Körper war so schwach, was würde ich schon gegen ihn unternehmen können, würde er mich jetzt schlagen. Es wäre nicht unerklärlich, er hatte allen Grund dazu. Ich war ein Mensch, auf den andere Menschen einprügelten. Mit Gefühlen, Fäusten und Worten, ich konnte mich nicht wehren. Doch dazu war ich da, um anderen Menschen ihre Wut zu nehmen, also war es berechtigt.
"Du hast geweint?" Er klang nicht wirklich verwundert und kümmernd. Also schwieg ich.
"Wozu sollte ich her kommen? Um dein Herz zusammen zuflicken, damit es das nächste mal etwas länger dauert, bis es bricht?" An unserer Position änderte sich nichts, auch nicht an unseren Blicken.
"Du bist trotzdem gekommen." Sagte ich zitternd. Denn er stand trotzdem vor mir, trotz all seiner Anschuldigungen war er gekommen. Nur um mich ein weiteres Mal von den Toten aufzuwecken.
"Du machst mich für alles schuldig. Laut dir hatte ich keine andere Wahl."
"Du kannst gehen, wenn du willst. Du musst dich nicht auf mich einlassen, es war ein Fehler, tut mir leid." Sagte ich und wandte mich von ihm ab, meine Hände ließ ich schlapp nach unten fallen. Selbst wenn ich ihn so sehr wollte, er würde mich zerstören. Ich kannte diese Gedanken in und auswendig, so oft schon kamen sie in mir auf. Und doch nie lernte ich aus ihnen. Ich lernte nicht, dass ihn abzuweisen keine Lösung war und ich lernte nie, dass ihn zu rufen noch schlimmer war. Denn er hatte mich in der Hand. Es lag immer an ihm, ob er die Hand zur Faust ballte, um mich zu zerquetschen oder seine zweite schützend über mich hielt.
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「 angel 」 - yoonmin
Fanfic[GER] ᴛʀɪɢɢᴇʀ ᴡᴀʀɴɪɴɢ ❝ An angel can't fly if the devil is the one to hold its hand ❞ -Auszug- "Was hält dich am Leben, Jimin?", fagte ich leise. Meine Stimme so rau wie sonst, meine Lippen kalt und einsam. Er legte den Kopf schief. "Sag es mir, u...