2.8. Entscheidungen

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Harry starrte verzweifelt in Hermine's nachdenkliches Gesicht. Sie hatte die Hände gefaltet und ihre Nase gekräuselt. Ron saß daneben und warf ein paar Steinchen in den See.

"Also, du bist dir wirklich sicher", fing Hermine plötzlich an und betonte dabei jedes einzelne Wort, "Du bist dir absolut sicher, dass du weiterhin mit Malfoy Kontakt haben möchtest?"

Ron schnaubte verächtlich durch die Nase: "Du hast sie einfach nicht mehr alle. Was kümmert dich dieser Idiot überhaupt? Das findet doch alles kein gutes Ende!"

"Er ist einfach anders, als ihr alle denkt...", murmelte Harry verlegen.

"Er ist kein Todesser, er ist ein Arsch", Hermine lehnte sich unauffällig an Ron und seufzte.

"Jemand muss doch auf ihn aufpassen", sagte Harry traurig.

Ron schüttelte nur den Kopf.

"Du kannst nicht jeden beschützen, schon gar nicht so jemanden wie ihn", vorsichtig warf Hermine Harry einen freundschaftlichen Blick zu und legte ihre Hand auf seine Schulter, "Wir stehen hinter dir und das weißt du auch. Aber diese ewige Besessenheit von diesem Widerling ist wirklich nicht zu unterstützen..."

"Lasst uns jetzt zum Mittagessen gehen", antwortete Harry nur, richtete sich auf und lächelte schwach, "Sonst verpasst Ron noch seine täglichen viertausend Kalorien."

***

Ich krallte mich schluchzend in meinen rechten Unterarm und begann zu schreien. Ich hielt diese unerträglichen Schmerzen einfach nicht mehr aus. Das dunkle Mal raubte mir mit geradezu diabolischen Schmerzen den Atem. Seit Tagen schon schien es sich durch meine Haut brennen zu wollen. Als ob es mich zu meiner bevorstehende Aufgabe drängen wollte.

"Ich kann das nicht mehr...", wimmerte ich und Tränen flossen in Strömen meine heißen Wangen hinab.

Ängstlich dachte ich an das Messer in meiner Tasche, meine Fingernägel hatte ich tief in die schwarzgefärbte Stelle meiner Haut gekrallt. Ich konnte einfach nicht mehr und ich wollte auch nicht mehr weiterleben. Ich war ein Todesser. Ein Anhänger von Voldemort. Das Monster, das Harry töten will...

Zitternd ließ ich meinen rechten Unterarm los und zog ein kleines silbernes Taschenmesser aus meiner Manteltasche. Ich hatte es von meinem Vater geschenkt bekommen und eine Schlange war darauf eingraviert.

"Ich bin zu schwach...", weinte ich mit verschwommenem Blick und schnitt immer wieder über das dunkle Mal.

Ich hörte erst auf als man nichts mehr erkennen konnte, außer dem vielen Blut. Das Mal war fürs erste versteckt unter den tiefen Schnitten und ich seufzte erleichtert auf. Es fühlte sich irgendwie befreiend an. Wie hypnotisiert starrte ich auf die blutige Klinge.

"Malfoy?", ein Klopfen ertönte auf der anderen Seite der Badezimmertür.

"E-Einen Moment!", stotterte ich zitternd und richtete mich schwankend auf.

"Alles okay?", ertönte die Stimme ein zweites Mal.

Ich ließ schnell etwas kaltes Wasser über meine Hände laufen um das Blut abzuwaschen, dann wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, zog meinen Mantelärmel über die Schnittwunden und öffnete lächelnd die Tür.

"J-Ja?", sagte ich so ruhig wie ich konnte und starrte niemand anderem als Harry Potter ins Gesicht.

"Hast du geweint?", fragte Potter beunruhigt.

"Was willst du?", zischte ich nur.

"Ich soll dich zum Essen holen. Die Lehrer machen sich langsam Sorg-"

"Sag ihnen ich bin krank!", murmelte ich hektisch und knallte die Tür so schnell ich konnte vor Harry's Nase zu.

Mit den Händen vorm Gesicht ließ ich mich an der Tür hinunter sinken. Sofort kamen die Tränen zurück. Warum konnte man mich nicht einfach in Ruhe lassen?

Nach einigen Minuten der Stille setzte ich immer noch zitternd einen Verschluss-Zauber auf die Badezimmertür, legte mich zusammengekauert auf den eiskalten Boden und beobachtete stumm wie Blut unter meinem Ärmel hervorquoll.

"Ich liebe dich...", murmelte ich und schloss die Augen. Aber bitte geh.

Potter begann nach einigen Minuten laut gegen die Tür zu hämmern und ich versuchte ihn krampfhaft zu ignorieren.

"Lass mich in Ruhe!", ich presste verzweifelt meine Hände gegen meine Stirn und begann zu schreien.

Harry ließ jedoch nicht locker und schlug wieder und wieder mit aller Kraft gegen die Tür.

"Wir haben versprochen aufeinander aufzupassen...", sagte er irgendwann schwach und hatte es wohl aufgegeben auf die Tür einzuschlagen, "Wir haben es uns versprochen! Als Freunde! Draco, bitte lass mich rein. Ich weiß nicht, was plötzlich mit dir los ist und du musst es mir auch gar nicht erzählen, aber... Lass mich wenigstens rein. Du bist nicht allein."

Traurig blickte ich auf das dunkle Blut, welches an meiner Hand hinunter tropfte. Ich war allein und würde es auch immer sein. Diese Traumwelt, die ich mir mit Potter zusammen erträumt hatte war einfach nur absurd. Unsere Freundschaft baute auf nichts als Leid auf. Der dunkle Lord hatte Pläne für mich und auch für Harry. Er muss sterben und ich werde für immer mit unerträglichen Schmerzen leben müssen. Oder ich würde ihn irgendwie retten können und dann an seiner Stelle sterben.

"Bitte... Mach auf..."

Ich verharrte für eine ewig lange Minute auf dem kalten Boden und überlegte was ich tun sollte. Aufgebracht stand ich mit zitternden Knien auf und öffnete wie in Zeitlupe die Tür. Kaum stand diese offen fiel Harry mir auch schon in die Arme. Er hatte mich fest umklammert und umarmte mich aufdringlich.

"Du jagst mir andauernd so eine Angst ein", murmelte er und ich ließ seine Umarmung irgendwie erleichtert zu.

"Ich muss etwas erledigen. Bald schon. Und ich muss es alleine tun", sprudelte es auf einmal aus mir heraus, "Ich habe so unfassbare Angst und ich stehe sehr unter Druck."

Harry nickte verständnisvoll: "Du kannst dir nicht vorstellen wie ich manchmal unter Druck stehe. Ich weiß fast nie was ich tun soll. Aber mit meinen Freunden fällt es mir so viel leichter. Deshalb solltest du dich auch nicht abschotten. Wir schaffen alles gemeinsam."

Langsam lösten wir uns aus unserer Umarmung.

"Ich werde bald etwas tun und das wird alles verändern", stammelte ich unbeholfen.

"Du bist und bleibst aber der selbe Draco in den ich m- ...den ich kennengelernt habe!", sagte Harry laut und blickte mir mit durchdringendem Blick in die Augen, "Tu was du tun musst und auch wirklich willst!"

Ich lächelte schwach, doch plötzlich wanderte Potter's Blick zu meiner Hand und er zuckte erschrocken zusammen: "Du blutest!"

Ich wich einen Schritt zurück: "Nicht so schlimm... Geh wieder zu den anderen ich komme gleich nach."

Mit einem gespielt freundlichen Grinsen taumelt ich ins Bad zurück. Ich hatte das Gefühl nicht länger aufrecht stehen zu können.

Harry warf mir einen letzten besorgten, aber liebevollen Blick zu: "Ich bin für dich da... Egal was passiert. Du kannst mich nicht enttäuschen. Vergiss das nie!"

Dann war ich wieder allein.

Du kannst mich nicht enttäuschen...

Sein eiskaltes Herz | drarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt