Lunch

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Jules
Und dann hängte sich Maggie doch tatsächlich eine Nudel an die Ohren und steckte sich zwei Pommes in die Nase. Meine Pommes. Die wollte ich jetzt nicht mehr essen.
"Das hast du nicht tatsächlich gerade getan", sagte ich und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen oder die Zwangsjacke holen sollte.
"Sei nich' so 'ne Spaßbremse", meinte sie und kicherte. Es hörte sich an, als hätte sie Schnupfen.
"Echt mal, Jules", steckte sich auch noch Will rein, der mir gegenüber saß und blöde grinste. Ich schlug ihm auf den rechten Arm. "Au! Das ist mein Wurfarm", empörte er sich und ich zuckte mit den Schultern. Er war in den letzten Wochen ein fester Bestandteil unseres Tisches in der Mittagspause geworden und mochte es ganz besonders auf seine Footballkarriere anzuspielen.
"Du bist so eine Primadonna", stellte ich fest und verdrehte die Augen. Er beugte sich zu mir vor und strich mir mit dem Zeigefinger über den Handrücken. Creepy? Unsicher kicherte ich und sein 1000 Watt Lächeln erschien.
"Weißt du, Jules, ich habe nachgedacht-", begann er und ich erstarrte. Er war nett, aber zwischen uns war einfach nicht so eine Chemie wie zwischen Cameron und mir. Jetzt saß ich in der Scheiße: Ich konnte ihn deswegen zurückweisen und ihm das Herz brechen oder ich konnte es versuchen. Da war ja schließlich nichts bei.
"Wenn du nachdenkst, Brighten, geht das nie gut", bemerkte plötzlich Cameron hinter mir und zupfte an meinem Pferdeschwanz. Ich stöhnte auf. Wieso tauchte er immer im seltsamsten Augenblick auf. Will umschloss meine Hand und mein Blick fiel auf Cam, der das genau gesehen hatte. Mir war so unwohl bei der Sache, dass ich mich aus dem Griff befreite. Besitzergreifend legte Cameron seine Hände auf meine Schultern und löcherte Will mit seinen Blicken. Wenn Blicke töten könnten, dann hätte unser Footballteam keinen Quarterback mehr.
"Warum gehst du nicht einfach wieder zu deinen Loserfreunden?", zischte er und ich tat es Cameron gleich. Ich zerstörte ihn mit meinen Blicken. Das war unfair. Ich wusste zwar nicht, was zwischen den beiden vorgefallen war, aber irgendwie fühlte es sich so an, als müsse ich für Cam Partei ergreifen. Dieser lachte nur überheblich und beugte sich zu meinem Ohr runter. Seine Haare kitzelte meine Schläfe und als er sprach striffen seine Lippen meine Ohrmuschel.
"Können wir reden?", fragte er und ich wandte den Kopf. Hätte ich nicht tun sollen, denn so sah ich ihm direkt in die Augen und alles um mich herum schien zu verblassen. Er zog mich in seinen Bann und ich konnte nichts dagegen tun.
"Jules!", sprach Maggie mich an und ich ruckte zu ihr herum.
"Ja?" Sie verdrehte die Augen und deutete auf Will.
"Er will was von dir." Cameron umfasste meine Schultern fester und ich lehnte mich unbewusst gegen ihn.
"Das wussten wir doch alle."
"Halt die Fresse, Boudreaux!" knurrte Will und ich schaute nervös zwischen ihm und Maggie hin und her.
"Bring mich dazu", erwiderte Cam und ich sprang auf.
"Okay, hier liegt definitiv zu viel Testosteron in der Luft", rief ich und packte Mr Vollidiot am Handgelenk. "Was willst du mit mir besprechen?", fragte ich und er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
"Wir sollen heute die AG schwänzen. Ich soll dich mit zur Ranch nehmen." Erst starrte ich ihn an, dann brach es einfach aus mir heraus. Ich lachte mich tot.
"Warum lachst du so?", fragte Cam und er hörte sich verletzt an. Ich verstummte. Er hörte sich nicht nur verletzt an, er sah auch so aus. Aber kommt schon, dass hier war Cameron Boudreaux, der Typ, der mich jeden Tag verarschen wollte. Als ob meine Mum damit einverstanden wäre, dass ich Schule schwänzte und mit Cam zurückfuhr. Ha, ha, ich lach mich schlapp.
"Guter Versuch. Für einen Moment bin ich wirklich drauf reingefallen", sagte ich deshalb. Cam schnappte sich meinen Rucksack, schulterte ihn und zog sein Handy aus der Hosentasche.
"Überzeug dich selbst", sagte er einfach und hielt es mir hin. Tatsächlich hatte meine Mum ihm genau das geschrieben. Seufzend ließ ich den Kopf hängen und atmete aus. Da war wohl eine Entschuldigung fällig.
"Cam, ich-", begann ich.
"Ist schon okay", sagte er und mein Blick traf auf seinen. Er lächelte mich an. Es war nicht dieses schiefe, arrogante Grinsen, das er sonst an den Tag legte. Es wirkte irgendwie liebevoll.
"Also musst du jetzt los?", fragte Maggie und trat neben mich. Ich nickte.
"Ich weiß zwar nicht, was los ist, aber wir müssen auf die Ranch kommen." Sie umarmte mich.
"Dann fahrt vorsichtig", flüsterte sie und ich nickte. Ich vertraute Cameron. Trotz unseres angespannten Verhältnisses wusste ich, dass er auf mich aufpassen würde. Auch wenn er das nur tat, weil er mit im Auto saß.
"Hast du heute Abend schon was vor? Ich meine, es ist Freitag. Lass uns ausgehen", meinte Will. Ich biss mir auf die Lippe. Eigentlich nicht, aber ich hatte keine Lust. Es gibt immer diese Tage, an denen man zu nichts motiviert genug ist. So ging es mir gerade.
"Ein anderes Mal, okay? Ich weiß nicht, was Mum von uns will. Da kann ich jetzt noch keine Pläne schmieden", antwortete ich und machte eine vage Handbewegung.
"Okay, ich komme auf das Angebot zurück", sagte er, lächelte und wollte mir einen Kuss auf die Wange geben, da packte Cam ihn und zog ihn zurück.
"Ah, ah, Freundchen. Das lässt du lieber bleiben", knurrte er und ich stieß ihn von meinen Freunden weg. Bitte mach, dass Will die Klappe hält. Bitte.
"Du wirst nie bei ihr landen, Loser", rief er. Natürlich. Ich stemmte mich fester gegen Cam und brabbelte irgendetwas vor mich hin, um ihn zu beruhigen.
"Ach ja?", sagte Cam, zog mich an sich und gab mir einen Kuss. Ich erstarrte völlig. So wie die Leute die Gott gesehen haben,als er Sodom und Gomorrha platt gemacht hat. Nur, dass ich keine Salzsäule wurde. Natürlich. Cameron tat echt sein Bestes. Es kam mir vor, als würde er das gerne bei Olympia vorführen. Ich erwiderte den Kuss und krallte meine Finger in sein T-Shirt. Mein Magen hatte zuerst rebelliert, doch nun wurde er ganz ruhig und das Ziehen in meiner Brust wurde angenehmer. Als Cam den Kuss beendete und mir noch einen Kleinen auf die Nasenspitze hauchte, war ich total außer Atem. Und glücklich. Und geschockt. Ja, vor allem geschockt. Langsam wandte ich mich um und bekam sofort eine hochrote Birne, als ich sah, wie entsetzt mich meine Freunde anstarrten.
"Ich mach dich kalt! Damit kommst du nicht durch, Boudreaux!", brüllte Will und Maggie packte ihn.
"Flüchte!", schrie sie und kicherte doch tatsächlich. "Ich rufe dich nachher an!" Energisch und vielleicht ein bisschen wackelig auf den Beinen schupste ich Cameron aus der Schule.
"Du hast Nerven", zischte ich und versuchte meine Aufregung zu überspielen.
"Du hättest mich ja stoppen können", entgegnete er und grinste frech. Idiot. Er hatte Recht.
"Hätte ich nicht", murrte ich.
"Wolltest du nicht", stichelte er weiter und ich trat ihm gegen den Oberschenkel, als er ins Auto stieg. Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und sah schmollend aus dem Fenster. Er hatte mich kalt erwischt und doch war mir so warm, wie noch nie. Ich glaube, dass ich ernsthaft krank war. Ernsthaft.
"Sehr erwachsen, Barbie" raunte er mir zu und fuhr lachend los, als ich eine Reihe von Flüchen auf ihn herab regnen ließ. Alles wurde immer schwerer und ich kam nicht mehr aus diesem Spiel heraus. Shit.

Fighting Cameron Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt