Nein

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Jules
Sag ja, sag ja, sag ja, drängte mich mein Innerstes.
Darauf hast du doch nur gewartet. Du wolltest diese Gelegenheit schon, als er dich das erste Mal "Barbie" genannt hat.
War es tatsächlich so? War es wirklich das, was ich mir gewünscht hatte? Ich wusste es nicht. Aber sollte ich nicht langsam mal aus meinen Fehlern gelernt haben? Noch vor ein paar Minuten hatte ich die Ausmaße dessen erlebt, was passieren konnte, wenn man ein Date nicht wirklich wollte. Wenn ich ehrlich mit mir war, dann würde ich mir eingestehen, dass diese Verabredung um Längen besser hätte verlaufen können, wenn ich mir ein kleines bisschen Mühe gegeben hätte. Hatte ich aber nicht. Irgendwie war ich nicht bereit noch mal in diese Situation zu kommen. Jegliche Beziehung zu meinen Mitmenschen deshalb zu zerstören. Vielleicht war meine Freundschaft zu Will hinüber, aber wollte ich meine, nicht vorhandene Freundschaft zu Cam auch noch verlieren? Naja, wie konnte man etwas verlieren, wenn man es nicht mal besaß?
"Nein", sagte ich und biss mir auf die Lippe. Seine Augen wurden groß wie Untertassen und er starrte mich überrascht an.
"Pardon?", hakte er nach und seine Augenbrauen schossen in die Höhe. Da war er wieder, der Cameron, der von sich selber dachte die perfekte Begleitung zu sein. Die Arroganz auf zwei Beinen.
"Nein, Cam", wiederholte ich mich und schob mich an ihm vorbei. Ich wollte es zwar nicht zeigen, aber es fiel mir alles andere als leicht ihn zurück zu weisen. Gerade öffnete ich meine Zimmertür, da packte er mich an den Schultern und zog mich herum. Wir waren nicht weit voneinander entfernt. Ein absolut unakzeptabler Abstand. Und trotzdem tat ich nichts dagegen. Ich stand einfach nur da und glotzte blöd. Regelrecht wie ein Reh im Scheinwerferlicht.
"Du willst nicht mit mir auf ein Date?" Ich verdrehte die Augen und reckte ihm mein Kinn entgegen.
"Nein. Wie oft denn noch? Bist du jetzt etwa auch noch taub?" Er runzelte die Stirn und ich grinste zurückhaltend. "Denk an die Falten", ermahnte ich ihn und machte einen Schritt zurück.
"Du bereitest mir nicht nur Falten sondern auch ein Magengeschwür", brummte er und fuhr sich frustriert durch die Haare.
"Cam, ich kann dir Freundschaft anbieten", warf ich ein und ignorierte diese dämlich, kleine Stimme in meinem dämlichen Hirn, dass ich mehr als Freundschaft wollte.
"Geh mit mir aus."
"Nein."
"Wieso denn nicht?" Ich machte einen Schritt zurück und schob mich Stück für Stück zu meinem Zimmer.
"Du und ich. Das passt einfach nicht. Am Ende gibt es Streit, gebrochene Herzen und schlechte Luft." Ich betrat mein Reich und drückte die Tür bis auf einen kleinen Spalt zu.
"So leicht wirst du mich nicht los. Glaub mir. So leicht nicht", sagte er, grinste doch tatsächlich und schlenderte pfeifend zu seinem Raum. Unfassbar. Der Kerl hatte gerade eine ganze handvoll Absagen bekommen und trotzdem war er super gut drauf. Aus dem sollte mal einer schlau werden.

Cameron
Dann hatte sie eben "nein" gesagt. Na und? Ich liebte Herausforderungen und schließlich auch sie. Weshalb sollte ich also Trübsal blasen? Irgendwann würde sie schon ihre Mauern fallen lassen und ihre Intelligenz aktivieren. Manchmal waren Frauen eben ein bisschen durchgeknallt, aber das machte Jules ja auch so liebenswert. Obwohl diese Eigenschaft mich früher immer genervt hatte, zauberte es mir bei ihr ein Lächeln aufs Gesicht. Ich tippte auf meinem Handy herum und wartete auf Julianne. Als ich hörte, wie sich die Haustür öffnete, lehnte ich mich übertrieben lässig gegen das Geländer der Veranda und schaute mit einer hochgezogenen Augenbraue auf.
"Hast du Probleme mit deiner Haltung oder warum stehst du da wie ein Schluck Wasser in der Kurve?", fragte sie mich und strich sich durch ihre vollen Haare. Ihre blauen Augen funkelten amüsiert und ein arrogantes Lächeln umspielte ihre Lippen. Mein verdammter Magen zog sich zusammen und ein Flattern bildete sich in meiner Brust. Ja, ich musste mehr trainieren. Ich verweichlichte innerlich. Vielleicht würde der Muskelaufbau meinen Männlichkeitsabbau stoppen.
"Und du interessierst dich mal für eine andere Person, als dich selbst?", schoss ich zurück und steckte mein Handy weg. Jules schürzte die Lippen und schüttelte mit dem Kopf.
"Ich fasse doch nur in Worte, was meine Augen erblicken mussten." Ihre Stimme triefte vor Hohn und ich lachte in mich hinein. Jules war zum Schießen. Ich wusste immer noch nicht, ob sie wirklich so eine Diva war oder nur so tat. Aber ich fand es so oder so verdammt unterhaltsam.
"Erblicken durften, Barbie", sagte ich und gab ihr einen Klaps auf den Po, als sie vor mir davon stöckelte. Wie konnte diese Frau in diesen Mordwerkzeugen, auch High-Heels genannt, nur in so einem Tempo durch den Sand gehen? Und dabei auch noch gut aussehen? Jules fuhr herum und verpasste mir einen kräftigen Stoß mit den Handflächen gegen die Brust. Grinsend machte ich einen Schritt nach hinten um mein Gleichgewicht zu halten. Sie rückte so nah wie möglich an mein Gesicht heran und verengte die Augen zu Schlitzen.
"Wenn du das noch einmal tust, dann sorge ich dafür, dass du deine nächste Mahlzeit aus einer Schnabeltasse lutschen musst", zischte sie und pikste mir mit dem Zeigefinger in den Oberarm ehe sie sich umwandte und zum Auto ging. Ja, die war wirklich eine Herausforderung sondergleichen.

Jules
"In Ordnung meine Herschaften, setzen Sie sich bitte. Bitte", flehte Mr Ford und gestikulierte mit den faltigen Händen herum. Aber viel brachte es nicht. Er konnte nicht einfach so eine Bombe fallen lassen und erwarten, dass alle total gelassen dem Ablauf folgen würden. Schließlich war eine Kursfahrt eine große Sache. Noch dazu eine zweiwöchige Reise. In zwei Städte. Da hatte das Landei sicher ordentlich Unterstützung von der Schule erhalten. Finanziell und emotional. Ich persönlich würde mit diesem Haufen nämlich sicher keine Klassenfahrt machen. In zwei Großstädte. Das war glatter Selbstmord. Ehrlich.
"Ich weiß, dass das alles sehr aufregend ist, aber Sie wissen doch noch gar nicht wo genau es hingeht", setzte er erneut an und tatsächlich kehrte etwas Ruhe ein. Er lächelte zufrieden und fummelte an seiner Krawatte herum.
"Unser erstes Ziel wird Seattle sein. Der Staat Washington ist ein Muss für jeden. Diese Stadt ist atemberaubend schön. Danach, liebe Leute, werden wir New York unsicher machen." Seine nächsten Worte wurden von den aufgeregten Schreien der Schüler verschluckt und ich kippte beinahe vom Stuhl. New York. Mein New York. Es gab also tatsächlich einen Gott. Der Haken an der Sache? Das Leben.

Fighting Cameron Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt