Was kann ich sagen? Wir machten tatsächlich eine Tour durch Weinberge. Dabei fühlte ich mich wie in Italien. Die Sonne brannte und ich rückte meine Cap auf meinem Kopf zu recht. Und obwohl es so übertrieben heiß war, wehte ein angenehmer Wind vom Meer her.
Maggie ging etwas abseits von mir neben Brody und redete leise mit ihm. Ich dagegen dümpelte hinter der Klasse her und genoss einfach die Natur. Ohne das Quatschen der anderen ging das eh viel besser. Na gut, eigentlich war ich nur nicht scharf auf Cams böse Blicke in meinem Rücken. Er stiefelte neben Susan her und lachte ab und zu unterdrückt auf. Sie strahlte ihn an und ich hätte ihr am liebsten das blöde Grinsen von ihrer blöden Fassade geputzt.
Ich kickte ihr Kieselsteine gegen die nackten Waden. Ich weiß, nicht sehr erwachsen, aber mit war das in dem Moment ziemlich egal. Sie blickte sich um, ich tat so, als kramte ich in meinem Rucksack und fischte meine Sonnenbrille daraus hervor. Unbeeindruckt setzte ich sie auf und luckte zu Cameron rüber, der mich seltsam ansah. Ich konnte seinen Blick nicht deuten und war echt dankbar darüber, dass meine Brille verspiegelt war, damit er nicht sah, dass ich ihn ansah. Langsam fuhr er sich durch seine Haare und wandte dann den Blick ab.
Der Tourguide erzählte etwas über die Geschichte des Weinguts, doch ich war zu beschäftigt damit Cameron anzustarren. Wie sich seine Muskeln unter dem engen, schwarzen T-Shirt spannten und wieder entspannten. Die grazilen Bewegungen, die man einem so großen jungen Mann gar nicht zugetraut hätte und die kleinen Gesten, die seine Aufmerksamkeit verrieten. Mir schmerzte das Herz ihn zu sehen, ihm so nah zu sein und doch nicht mit ihm reden, ihn nicht berühren zu können. Vielleicht hatte er sich ja auch so gefühlt, als ich ihn Mal um Mal zurückgewiesen, angezickt und ausgeschlossen hatte. Wieso ging mir dieser Streit so nah? Wir hatten uns gefühlt jeden Tag gezofft, aber irgendwie war das hier anders. Ernster. Hier waren mehr Gefühle um Spiel. Wut, Trauer, Schmerz, Eifersucht... kein gesunder Cocktail.
Und Susan Miller machte das ganze auch nicht besser. Seit unserem Besuch bei Dr Karev vor vier Tagen klebte sie wie eine Klette an Cam. Und ich hatte mit Daueranfällen zu kämpfen. Es war auch wirklich schwer den Wunsch zu unterdrücken, ihr nicht die Augen auszukratzen und dabei auch noch ein Lächeln im Gesicht zu tragen.
Sie legte ihre eklige Hand auf seinen Unterarm und deutete mit ihrer dämlichen anderen Hand auf irgendwas in der Ferne. Wahrscheinlich sah sie ihr Niveau davonlaufen. Cameron, der Vollpfosten, grinste und nickte und ich hätte mir in diesem Moment am liebsten zwei Kugelschreiber in die Augen gerammt.
Ich konnte es schon spüren, wie es sich in mir aufstaute. Mein blödes Temperament. Eigentlich hatte ich es in letzter Zeit gut unter Kontrolle, aber seit meinem Streit mit Cameron litt ich so dermaßen unter Stimmungsschwankungen, dass ich für nichts garantieren konnte.
Was mir am meisten auf die Eierstöcke ging, war, dass Susan nicht mal eine Gesichtsgrätsche war. Sie hatte volles braunes Haar und unschuldige Rehaugen. Außerdem war sie groß und trug immer ein Lächeln auf dem Gesicht. Alles nur Fassade. Aber Cam schien es zu schlucken. Ich allerdings wusste, dass sie das Böse in Person war. Der Anfang allen Übels.
Kopfschüttelnd riss ich die Hände hoch und blieb für einen kleinen Moment stehen. Wann war ich zu einem dieser Mädchen geworden? Das war ja schon fast krankhaft, wie ich Susan verteufelte und Cam als mein persönliches Eigentum bezeichnete. War ich es nicht gewesen, die keine Beziehung wollte?
Wenn ich ganz ehrlich war, dann hatte es mir gefallen, wie er sich um mich bemüht hatte. Es hatte mir gefallen, wie fies und hart er zu anderen sein konnte, aber mit mir respektvoll, charmant und aufmerksam umgegangen war. Vielleicht war es besser, wenn diese "Sache" im Sande verlief. Vielleicht sollte es einfach nicht sein.
Mein Blick fiel auf Maggie, die gerade eine Umarmung von Brody absahnte. Ja, ganz sicher nichts Festes. Dass ich nicht lache. Sie lächelte zu ihm hoch und sagte etwas, doch ich war zu weit weg, um es verstehen zu können. Brody nickte energisch mit dem Kopf und küsste sie und ich schaute weg. Ich war schließlich kein durchgeknallter Spanner.
Und ich sah wieder zu Cameron, der mittlerweile sogar eine Hand auf Susans Rücken hatte. Ein saurer Geschmack machte sich in mir breit und ich fuhr mir übers Gesicht. Zwei Tage noch und dann stand New York City auf dem Plan. Es war wie der berühmte Streifen am Horizont. Es war Zuhause.Nach der Tour gingen Maggie und ich direkt in unser Zimmer und futterten Chips auf meinem Bett. Ich wedelte mit einem Chip in der Hand herum und deutete auf die Meeresbucht.
"Hier zu leben muss super sein", meinte ich und Maggie wiegte ihren Kopf hin und her.
"Für mich vielleicht, aber was ist mit dir?"
"Keine Ahnung, wovon du sprichst", erwiderte ich und hauchte die Scheibe an. Ich malte mit dem Zeigefinger willkürlich irgendwelche Muster und schaute dann wieder Maggie an.
"Na, was willst du werden? Wo willst du leben?", hakte sie nach und pulsierte quasi vor Energie.
"Und du?", stellte ich eine Gegenfrage und sie hob tadelnd ihren Zeigefinger.
"Das machst du wirklich gerne! Immer weichst du solchen Fragen aus", rief sie und ich blickte zur Tür. Susan war immer noch nicht wieder da. Was wenn sie bei Cam war? "Jules!"
Ich schaute auf und zuckte mit den Schultern.
"Anwalt werden, in die Kanzlei meines Dads eintreten und in New York leben. Darauf läuft es wohl hinaus", antwortete ich und schob mir einen weiteren Chip in den Mund. Während ich kaute, setzte Maggie sich etwas vor und pustete sich eine Locke aus der Stirn.
"Und bist du damit glücklich?"
"Ja. Ich meine... ich glaube schon. Ich kann gut reden und ich kann fies sein. Außerdem liebe ich New York. Es scheint wie das perfekte Leben." Schaute mich aus ihren großen Augen an und lächelte schief.
"Perfekt ist doch relativ."
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Fighting Cameron
Fiksi RemajaDie 17 - jährige Jules Summers ist das typische Großstadtmädchen. Als ihre Mutter sie auf die Ranch ihres Verlobten in Montana schleppt, ist sie not amused. Auch nicht, als der spitzüngige und gutaussehende Sohn ihrer Stieftante ihren Weg kreuzt. Ca...