"So, hier findest du die Terminale, wo du deine Zeugnisse und andere wichtige Dokumente ausdrucken kannst. Da vorne ist die Cafeteria, dort findest du auch freie Tische zum Lernen. Aber wenn du guten Kaffee trinken willst, würde ich dir die Automaten nicht empfehlen. Sie schmecken alle nur nach Pulver und Wasser", erzählte ich Liam, der offensichtlich keinen Spaß hatte mit mir die Collegegebäude zu touren.
Ich war sowieso nur da, weil ich Mr. Darius versprochen hatte und es sollte mir eigentlich egal sein. Doch es nervte mich zu sehr, dass er kaum was fragte bzw. sagte.
"Hast du keine Fragen?" fragte ich ihn am Ende unseres Spazierganges und steckte meine Hände in die Hosentaschen.
"Hast du Eltern?" wollte er wissen und ich hob die Augenbrauen hoch.
Wieso stellte er mir diese Frage, anscheinend interessierte ihn sein Studium nicht.
"Ja, habe ich", antwortete ich und wartete gespannt darauf, was jetzt kommen würde.
"Wo sind sie?" sah er mich an, seine Pupillen so schwarz wie noch nie.
Ich lachte. "Zuhause wahrscheinlich, ich weiß nicht. Ich habe sie schon lange nicht gesehen", antwortete ich locker. "Wo sind deine Eltern?" wollte ich nun wissen.
Seine Antwort war kurz. "Ich habe keine Eltern."
Daraufhin wurde ich still und obwohl ich die Geschichte gerne wissen würde, sagte ich nichts.
Als wir noch einige Minuten im selben Stimmung spazierten, blieben wir vor dem Eingang des Studentenheimes stehen.
Ich wusste nicht, wie ich mich von ihm verabschieden sollte, daher wartete ich auf ihn, bis er etwas sagte.
Doch er reagierte genauso wie ich und sah mich wie immer nur an.
Als ich meinen Mund aufmachte um etwas zu sagen, stellte sich ein dritter zu uns und tauchte ins Wort.
"Hey, Zayn", sagte jemand aus Ferne und erregte meine Aufmerksamkeit.
"Harry", glänzten meine Augen als ich ihn sah und umarmte ihn fest. Wir hatten uns seit Wochen nicht gesehen. "Wo warst du? Hast dich lange nicht mehr gemeldet."
"Konnte ich nicht", fing er an und erzählte mir, dass er eine Reise mit der Erasmusklasse nach Osten gemacht hatte. Er hatte sein Handy dort verloren und bis er wieder zurück war, konnte er sogar seine Eltern nicht erreichen. "Meine Mutter wollte mich umbringen, du hast keine Ahnung", schüttelte er den Kopf lachend. Seine Grübchen waren tief und mitziehend.
Ich lächelte mit.
"Oh, und ich habe etwas gehört, du weißt sicher, alle sprechen über dich und was passiert war. Seitdem ich es mitgekriegt habe, suche ich dich. Es tut mir so leid, Zayn, ich hoffe, es ist alles wieder in Ordnung", strich er mir über die Schulter und sah tief in meinen Augen.
"Ja, es geht wieder. Die Studenten machen mich narrisch, ich hasse es diese Blicke zu ernten, wenn sie mich sehen", seufzte ich traurig. "Ich bin kein Mörder", sagte ich abermals und Harry nickte.
In diesem Moment errinerte ich mich wieder an Liam, der sich an die Wand anlehnte und uns zuhörte.
"Uh, darf ich vorstellen. Das ist Liam, er ist diese Woche eingestiegen und geht in meiner Klasse. Liam, das ist Harry, ein sehr guter Freund von mir", stellte ich sie vor und sie tauschten Blicke und nickten.
"Schön dich kennengelernt zu haben", sagten sie beide und wir plauderten weiter mit Harry. Er redete über eine Informationsveranstaltung über eine Studie in unser College und fragte mich, ob ich ihn begleiten würde.
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