Als ich die Toilettentür erreichte, merkte ich, wie stockbetrunken ich eigentlich war. Mit jedem Schritt den ich machte, drehte sich etwas in meinem Kopf und in meinem Magen.
Ich wollte bzw. ich musste brechen, doch nicht hier. Also beeilte ich mich und wartete darauf, bis eine Kabine endlich frei war.
Als ein anderer betrunkener Mann die Tür aufmachte und mich blöd anstarrte, verstärkte sich das Gefühl in meinem Magen und ich hielte die Hand vor dem Mund, damit sich mein Magen nicht direkt in seinem Gesicht entleerte.
Rasch drückte ich ihn mit Hilfe meinem Ellbogen zur Seite und rannte in die freie Kabine. Ich hatte keine Zeit die Tür zu versperren, in den nächsten gefühlten Stunden brach ich alles in mir in den Toilettenschüssel aus, kniete mich runter und wartete auf die zweite Runde.
Nachdem ich alles erledigt hatte wusch ich meine Hände, danach mein Gesicht und führte meine kalten Hände zu meinem Nacken.
Vor Erleichterung und Entspannung stöhnte ich leise und schloss meine Augenlider.
Langsam fühlte ich mich wieder wach, aber es ging mir trotzdem nicht besser.
Die laute Musik, die im Hintergrund spielte, half mir auch nicht.
Ich wollte nach Hause gehen, aber Niall und die anderen wollte ich die Nacht auch nicht versauen.
Lieber sollte ich ein Taxi bestellen, ja genau, das wäre das beste für mich.
Als ich ein Geräusch von der Tür hinter mir hörte, machte ich langsam meine Augen wieder auf und sah in den Spiegel.
Am Anfang war mein Blickfeld dunkel, doch langsam wurde er klarer.
Ich sah mein Gesicht, das katastrophal aussah.
Meine Augen waren rot angelaufen und meine Backen genauso. Ansonsten war mein Gesicht kreidebleich und meine Pupillen waren größer als je.
Ich hörte Schritte hinter mir und somit schenkte ich Ihnen Aufmerksamkeit.
Leicht rückte ich zur Seite, damit ich die Person hinter mir im Spiegel sehen konnte.Meine Blicke lagen auf die Person fest und ich traute mich nicht, meine Augen von ihm zu lösen.
In meinem Brustkorb hämmerte mein Herz, doch ich tat so, als hätte ich ihn nicht gemerkt und wusch meine Hände erneut.
Er kam mir näher und ich spürte seine Nähe auf meiner Haut brennen.
Mit einem überschüssigen Hauch von Mut traute ich mich umzudrehen und in seine Augen zu schauen.
Unsere Blicke trafen sich im nächsten Moment und mir wurde es übel, weil ich nicht mehr atmen konnte.
Wie sollte ich überhaupt?
Er war so hübsch.
"Hallo", sagte er leise und lächelte mich leicht an.
Ich schluckte runter und zwang mich zu lächeln, doch ich konnte es nicht.
"Hallo", flüsterte ich trocken und sah runter zu meinen Schuhen.
"Wie geht es dir?" fragte er mich und legte seine Finger unter meinem Kinn und hob ihn hoch, damit er meine Augen sehen konnte.
"Gut... bin bisschen betrunken", antwortete ich und machte einen Schritt zurück, damit ich genug Abstand zwischen uns hatte.
Verständlich nickte er und staute seine Hände in seinen Hosentaschen.
"Soll ich dich zu deinem Zimmer bringen?" hörte ich ihn fragen und schüttelte den Kopf, was mir mehr Schmerzen verursachte.
"Nein, nein. Das schaffe ich schon alleine", bedankte ich mich von ihm und ging an ihm vorbei.
Meine Schritte waren nicht in einer Linie, sondern ich formte eine X Form beim Gehen.
Liam bemerkte dies und hielt mich an meinem Arm fest, damit ich ordentlich gehen konnte.
Ich war dankbar, doch ich wünschte mir, er würde mich loslassen.
Vielleicht lag es an Alkohol, dass ich so empfindlich reagierte. Irgendwie spürte ich Tränen in meinen Augen, weil ich mich selbst nicht steuern könnte.
Ich hasste es zu wissen, dass ich unfähig war.
Unfähig sogar zu gehen.
Wie peinlich es war.
"Du kannst schon gehen, ich kann mit einem Taxi fahren", teilte ich ihm mit als wir draußen waren, doch er ignorierte meine Aussage.
"Nein, wir fahren gemeinsam zurück. Wir müssen sowieso reden", sagte er, während ich zählte, wie oft er das Wort Wir verwendete.
Gab es ein Wir?
Mein Kopf fühlte sich schwer an und ich setzte mich zum Boden, weil ich nicht mehr tragen konnte.
Kurz darauf spürte ich etwas Warmes an meinen Schultern, Liam borgte mir seine Weste aus und hielt mich damit warm.
Als Danke zwang ich mich zum Lächeln, ob er dies sah, wusste ich nicht.
Er setzte sich zu mir, nachdem er einen Taxistand anrief und eine Taxi bestellte.
Vorsichtig drückte er meinen Kopf an seinem Schulter und strich über meinen Haarspitzen.
Seine Berührungen waren entspannend und taten mir gut, weswegen sich meine Augen unwillkürlich schlossen.
Mit einem schönen Gefühl auf meinem Herzen schlief ich ein.
x
x
x
Am nächsten Morgen wachte ich zum selben Gesicht auf, das ich gestern zuletzt sah. Ich hatte kein Zeitgefühl, aber aus dem Tageslicht dachte ich, dass es circa Mittag war.
Ich hatte starke Kopfschmerzen und schloss meine Augen vor dem Schmerz zu, Liams Hand strich über meine Wange und schenkte mir Gänsehaut auf der Stelle.
"Hi", lächelte er mich an und ich errötete.
"Hi", grüßte ich ihn zurück und streckte mich aus. "Wie spät ist es?" fragte ich und ignorierte die Tatsache, dass wir im selben Bett waren.
Hatte er hier geschlafen?
"16 Uhr", grinste er breit und setzte sich auf, worauf ich traurig wurde. Wieso Könnten wir ein Leben lang nicht so im Bett liegen?
"Oh", hob ich meine Augenbrauen hoch und setzte mich ebenfalls auf.
"Nimm, es wird dir guttun." Er reichte mir Tabletten und ein Glas Wasser, welche ich dankbar nahm.
"Hast du Hunger?" fragte er mich darauf und erst dann fiel mir ein, dass ich Bärenhunger hatte.
"Schon... ja", meinte ich und legte mich wieder hin.
"Möchtest du im Bett frühstücken?", lachte er und sah mich liebevoll an.
Ich schmelzte im Moment ein und wollte in die Tiefe sinken. Was für ein Vollidiot ich war.
"Nein, ich bestelle mir schon was. Danke, dass du dich um mich gekümmert hast. Den Rest kann ich-"
"Ich gebe dir fünfzehn Minuten Zeit, mach dich fertig und wir treffen uns vor dem Hof", sagte er und wartete auf meine Antwort.
Meine innere Stimme schrie JA! aus, aber ich zeigte es nicht und spielte auf cool.
"Okay", sagte ich leise, worauf er noch breiter lächelte.
"Gut, bis gleich!"
Mit einem Zwinker verließ er mein Zimmer und ließ mich alleine.
Heilige Scheiße.
...
Besseren Kapiteltitel konnte es nicht geben, stimmt's? :D