Zuflucht

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Ich schließe meine Augen. Mein Kopf brummt vom Stress der Schule, des Alltags und meiner Familie. So wie jeden Tag. Einen Moment verharre ich bei meinen Problemen, denke an die Englischarbeit, die morgen ansteht, dann schließe ich meine Gedanken kurz, blockiere den ganzen Dreck, der mich so verrückt macht, und drifte davon.

Gedanklich mache ich eine weite Reise, steige in die Luft, leichter als ein Vogel, breite meine Arme aus und segle gen Himmel. Unter mir wird die Welt immer kleiner, bis alles nur noch als kleine verschwommene Punkte zu erkennen ist. Der frische Wind fegt meinen Kopf leer und treibt all meine Sorgen Richtung Erboden, wo sie mich nicht mehr erreichen können. Einen Moment blicke ich ihnen hinterher, dann drehe ich ab und fliege in Richtung Süden.

Die Sonne wärmt meinen Rücken, als ich wie eine Feder so leicht auf dem reinweißen Sand aufkomme. Der Wind ist nur noch eine leichte Brise, wie man sie vom Meer kennt, und spielt mit meinen Haaren. Gleichzeitig weht er einen angenehmen Salzgeruch zu mir herüber, der mein Herz zum Flattern bringt. Barfuß stakse ich durch den Sand. Er liegt völlig unberührt vor mir, keine Spur eines Menschen ist weit und breit zu sehen. Links von mir recken viele Palmen die Stämme in die Luft und wiegen sich sanft hin und her. Zu meiner rechten brechen die Wellen zart am Strand. Das Wasser ist türkisblau und auf dessen Oberfläche erschafft die Sonne wunderschöne Lichtmuster mit ihren Strahlen. Es ist völlig ruhig um mich herum. Ich bin alleine, endlich. Nur der Wind, die Sonne und die Wellen sind meine Begleiter. Zwei einsame Vögel ziehen über das wolkenlose Blau und grüßen mich mit ihren entfernten Rufen.

Voller Erleichterung lasse ich mich in den von der Sonne gewärmten Sand sinken. Meine Füße vergrabe ich, während ich auf die Wellen blicke, der Ruhe lausche und die bodenlose Leere meines Verstandes genieße. Hier spielt Zeit keine Rolle, hier fließt sie nicht, sie rinnt nicht, sie bewegt sich absolut gar nicht. Hier kann ich so lange bleiben, wie es mein Herz begehrt, auftanken und dieses unglaubliche Panorama genießen, das mir hilft, wenigstens ein Mal abzuschalten. Wenigstens hier, in meinem persönlichen, einsamen Paradies, erschaffen in meinem Kopf, bereisbar durch meine Gedanken und zu meinem größten Bedauern, nicht real.

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Kennt ihr das, wenn ihr absolut alles hinschmeißen und abhauen wollt? Wenn ihr die Welt nicht mehr aushaltet, nicht die Menschen um euch herum, die Schule, die Termine, den Stress, wenn ihr Abstand von euch selbst braucht? So geht es mir gerade. Und diesen Ort, den ich zu beschreiben versucht habe, besuche ich immer dann, wenn ich vor lauter Verzweiflung dabei bin, in Tränen auszubrechen.
Träumt süß (von eurem Zufluchtsort),
Lisa

Die Gedanken sind freiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt