Kapitel 8

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Yurios Sicht

Wo bin ich? Und warum ist da Mira... Oh stimmt ja. Warum liegt sie denn so an die Seite gequetscht? Kaum war ich aufgestanden rollte sich das Mädchen in die Mitte des Bettes und rollte sich ein wie ein Kätzchen zusammen. Lächelte ich da gerade etwa wegen ihr? Auf keinen Fall! Ich zog mir schnell ein Oberteil an und ging nach unten. Dort saßen schon Yuuri und Viktor. Der alte Mann begrüßte mich lächelnd und das Schweinchen winkte schüchtern. Warum taten die so als wären wir Freunde. Ich will was essen. Und danach so schnell wie möglich trainieren, damit ich gewinne. Waren ja nur noch zwei Tage hin. Oh, auf dem Tisch steht ja sogar was zu essen für mich. Sieht lecker aus. Also setzte ich mich hin und aß. Und Viktor war immernoch am Reden. Das Frühstück fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Bis es dann endlich ans Training ging.

"Jetzt du, Yurio!" rief Viktor und klatschte einmal. Nenn mich doch einfach bei meinem Namen verdammt! Ich lief auf das Eis und lief die Choreografie durch. Viktor unterbrach mich ständig und hatte etwas auszusetzten. "Tempel, oder?" murmelte er. "Nein! Sag mir doch einfach was falsch war!" bettelte ich. Alles außer das wieder. Wenn ich das nochmal durchstehen muss, sterbe ich. "Dann nochmal." lachte er. Na gut. Ich machte das ganze Programm nochmal und diesmal versuchte ich die Bewegungen mehr zu betonen. Das war doch jetzt besser, oder? Trotzdem bekam ich nur einen nachdenklichen Blick, oder was auch immer das war. Kann das nicht deuten. Das laute Krachen der Tür ließ mich zusammen zucken.

Miras Sicht

Mit einem Tritt schwang die Tür auf und ich lief hindurch. Nikiforov winkte mir lächelnd zu und ich erwiederte mit einem Nicken. Plisetsky dagegen sah wie immer angepisst aus und zur Begrüßung wechselten wir nur böse Blicke. Gähnend begab ich mich zu den beiden um zu sehen ob ich irgendwas helfen konnte. Im letzten Moment bemerkte ich, dass Yurio ausgeholt hatte, um mich mit seiner Flasche ab zu werfen. Schnell drehte ich mich zur Seite und die Flasche donnerte mit voller Wucht an die Wand. "Was zur Hölle soll das!!" schrie ich. Sollte ich zurück werfen? "Für gestern!! Der Tritt war echt nicht nötig!" brüllte er zurück. "Selbst schuld!" fauchte ich und warf zurück. Mist! Er hat sie gefangen. "Was macht ihr grad?" wendete ich mich an Nikiforov, damit hier kein Krieg ausbrechen würde. "Wir trainieren das Programm. Aber ich glaube Yurio sollte mal was anderes machen. Warum geht ihr zwei nicht zusammen joggen?" antwortete er. Will der das wir uns prügeln, oder was? Ich zog eine Augenbraue hoch und sah rüber zu dem Blondschopf. "Von mir aus." knurrte Plisetsky und griff sich seine Jacke, "Kommst du, oder was ist?". Er schien wirklich dringend von Nikiforov weg zu wollen. "Du bist für heute seine Trainerin, okay?" rief der Viktor. Ich schüttelte meinen Kopf bevor Plisetsky anfangen konnte sich zu beschweren. "Als hättest du eine Wahl." lachte Viktor und schob uns nach draußen.

Wir liefen los. Plisetsky maulte die ganze Zeit rum, während ich einfach nur schweigend vor mich hin joggte. Ich sah auf den Boden und blendete ihn aus, um in Ruhe denken zu können. Mein klingelndes Handy riss mich aus meinen Gedanken. Ich blieb stehen und Yurio tat es mir gleich. Es war mein Vater der anrief. Was wollte der denn. Ich sah kurz hoch. Sollte ich jetzt rangehen. Aber das wäre unhöflich Plisetsky gegenüber. "Jetzt mach schon. Was besseres haben wir ja nich vor." sagte Plisetsky. Ich nahm an und mein Vater fing sofort an zu reden. Er teilte mir mit, dass er noch länger auf Geschäftsreise seinen würde und ich desshalb für nen weiteren Monat allein in unserer Wohnung seien würde. Mittlerweile war ich mir nicht mehr sicher ob er noch wusste was Vater sein bedeutete. Er versuchte es zwar aber ich bekam ihn wenn es gut lief nur zwei mal pro Woche zu sehen. "Ich hab dir Geld auf den Tisch gelegt. Das sollte locker reichen."sagte mein Vater. "Ich werde danach so schnell wie möglich heim kommen ja, Mira. Wir sehen uns." verabschiedete er sich. "Klar. Bis dann." sagte ich und legte auf. Tränen standen in meinen Augen. Wütend schmiss ich mein Handy in den Rucksack und sah auf den Boden. "Was ist los?" fragte mich Plisetsky. Er streckte seine Hand aus um meine Haare zur Seite zu streichen aber ich ging einen Schritt rückwärts und sah weg. "Nichts. Wir sollten weiter. Du musst trainieren." murmelte ich und lief los. Yurio hatte relativ schnell aufgeholt und joggte neben mir. Innerlich kämpfte ich mit meinen Tränen aber äußerlich sah ich nur stur auf den Boden. So tat ich es immer. Ich zeigte eigentlich nie wirklich meine Gefühle. Das meiste verdrängte ich oder blendete es aus. Ich erzählte auch nie etwas von mir. Meine Mutter wollte damals immer dass ich mich jemandem öffne. Das ist doch alles nur sentimentales Gelaber. Ich kam gut allein klar. Und vorallem auch ohne meinen Vater. Aber im Moment hatte ich etwas anderes zu tun. Ich atmete einmal tief durch und konzentrierte mich wieder auf das hier und jetzt. Wir kamen gerade wieder kurz vor dem Onsen an. Anscheinend schnallte Plisetsky nicht das da eine Straße war, weil er einfach weiter lief. Ich packte ihn an der Schulter und zog ihn zurück. Dieser Vollpfosten hätte sich fast überfahren lassen. Er sah mich im ersten Moment total entgeistert an. "Danke." murmelte er dann aber. Ich zog ihn hinter mir her über die Straße und ließ dann sein Handgelenk los. Wir suchten Viktor und Yuuri. Katsuki war gerade beim Krafttraining. Ich schickte Plisetsky auch dazu, verdonnerte ihn davor aber erst zu einer Pause. Ich starrte die ganze Zeit auf mein Handy. "Ist irgendwas?" fragte mich Nikiforov aber ich winkte nur ab und setzte ein künstliches Lächeln auf. Nach einer Zeit war mir langweilig geworden. Die zwei Yuris trainierten und Nikiforov knuddelte seinen Hund. Ich kramte mein Sketchbook und einen Bleistift aus meinem Rucksack und fing an irgendwas auf das Papier zu kritzeln.

Nach einer Weile legte ich den Stift zur Seite und betrachtete das Resultat. Hätte schöner werden können aber zufrieden war ich trotzdem teilweise. Aber irgendwas war komisch. Warum war niemand mehr hier. Als ich alles durchsucht hatte fand ich wieder niemanden. Warscheinlich waren sie in die Eishalle gegangen. Ich beschloss mich auch auf den Weg zu machen. Auf den Straßen waren ungewöhnlich viele Menschen. Warum sahen mich alle so an? Sie machten mir Angst. Ich setzte mir meine Kapuze auf und zog sie mir tief ins Gesicht. Der Weg erschien mir unerträglich lang und mein Kopf schmerzte wie Hölle. Mir wurde schwindlig. Ich fing an zu rennen. Die vielen Leute machten das auch nicht wirklich leichter. Als ich oben ankam, war das Gebäude total überfüllt. Ich wollte gerade wieder umdrehen, da zog mich irgendwer direkt in die Meschenmenge. Ich konnte die Person nicht erkennen. Ich versuchte verzweifelt aus dem Gedränge zu enkommen. Jeder Atemzug brannte in meiner Luftröhre und jeder einzelne Muskel meines Körpers verkrampfte sich. Ich biss auf meine Zähne. Eine Träne floss meine Wange herunter und ich ballte meine Fäuste in den Jackentaschen. Plötzlich packte mich jemand an den Schultern. Diese Person brüllte irgendetwas aber ich verstand es nicht. Mit der Zeit wurde es deutlicher. "Mira. MIRA!" Ich schrie und riss meine Augen auf. Warte mal... Wo war ich. Was.. Alles nur ein Traum? Nicht schon wieder. Diesen Traum hatte ich schon seit Ewigkeiten. Yurio schüttelte mich an meinen Schultern während Nikiforov meine Hand hielt und mich besorgt ansah. Katsuki kam gerade mit etwas zu trinken angerannt. Ich zog meine Hand wieder zurück. In meiner anderen war immernoch der Bleistift, aber ich hatte ihn wohl im Schlaf zerbrochen. Alle redeten gleichzeitig auf mich ein. Ich hasste es wenn mich alle so ansahen. "Scheiße." flüsterte ich, "Das war mein bester Bleistift." Alle schüttelten nur ungläubig den Kopf. "Du bist eingeschlafen und hast angefangen schwer zu atmen. Du hast sogar geweint." erklärte Nikiforov. Ich sah auf den Boden und wischte mir die Tränen weg. Katsuki gab mir etwas Wasser. Ich trank einen Schluck und sah wieder zur Seite. "Was ist denn los?" fragte Yuuri dann vorsichtig. "Albtraum. Will nicht drüber reden." murmelte ich und stand auf. Ich spürte wie die besorgten Blicke auf mir lasteten. "Es geht mir gut. Ich will euch nicht weiter stören." sagte ich und verlies den Raum. Warum musste ich jetzt diesen Traum haben? In drei Tagen wäre ich zuhause gewesen. Warum nicht dann? Jetzt machen sich Leute Sorgen und wollen mit mir emotionale Gespräche führen. Hinter mir hörte ich Schritte. Dem Trampeln nach zu urteilen war es Plisetsky und dahinter war noch Nikiforov. Sie flüsterten irgendwas und dann ging Nikiforov weg. Wollten die jetzt, dass Plisetsky Psychologe bei mir spielt? Sagte ich nicht ich will nicht drüber reden? Ich rannte aus dem Gebäude. Ich brauchte Ruhe. Also ging ich zu dem Platz wo sich sicher niemand aufhielt. Das Dach der Eishalle.

Little miss perfect (Yuri Plisetsky)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt