Kapitel 9

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Ich lies meine Beine an dem Rand des Gebäudes runter hängen und beobachtete die Menschen die vorbeikamen. Meine Musik auf den Kopfhörern war so aufgedreht, dass ich nichts mehr hörte. Der Wind wehte meine Haare aus dem Gesicht. Es tat gut allein zu sein. Ich lehnte mich zurück. Es gab nicht wirklich viel zu sehen.Nur ein paar alte Leute auf Saziergängen, Familien oder Touristen. Da unten war sogar Makkachin. Daraus schloss ich, dass die drei wohl auch gleich aufkreuzen würden. Und da kamen sie auch angejoggt. Von ihnen würde mich wahrscheinlich auch niemand bemerken. Und wenn schon, hier hoch schaffen die es sowieso nicht. Ich seufzte. Warum war nicht alles so geblieben wie früher. Jetzt war ich in nem neuen Land und durchlebte dieses ganze Schlamassel. Mein Leben könnte ein schlechter Film sein. In Deutschland waren wir einfach eine normale Familie und haben ein normales Leben geführt. Jetzt ist meine Mom tot, meine Schwester ist am anderen Ende der Welt und mein Vater stürzt sich aus Trauer in die Arbeit. Das ist alles aber keine Familie. Meine Mutter sagte immer, ich solle nicht so negativ denken weil irgendwo etwas positives sein würde. Nur leider sah ich das nicht. Ich sah Sachen einfach wie sie waren. Und mein Leben, war ein schlechter Scherz. Das einzige was ich wirklich genoss, war das allein sein. Du musstest nicht vorgeben jemand zu sein ,der du nicht warst. Und ich hasste es, wenn ich nicht wusst was passieren wird. Normalerweise hatte ich einen Plan was ich tun würde. Aber jetzt? Alles kam Schlag auf Schlag. Ich hatte auch nicht wirklich etwas mit der Außenwelt zu tun und jetzt bin ich die ganze Zeit bei Leuten die ich kaum kenne. Früher war ich nicht so.Ich war offen und verstand mich mit fast jedem. Mir fällt es ja selbst auf, dass ich mich von jedem distanziert habe. Meine Schwester und ich redeten nur noch selten und mein Vater wusste gar nichts von mir. Ich sollte darüber nicht so viel nachdenken. Das erinnert mich nur unnötig an Sachen die ich nicht wissen will. Ich kann auch nicht nicht so tun als würde es die Außenwelt nicht geben. Füher oder später muss ich auch lernen mit Menschen klar zu kommen. Und so übel war es hier nicht. Ich habe neue Leute kennen gelernt und die Schule schaffte ich auch locker. Bis auf den Fakt, dass ich suspendiert wurde. Deshalb konnte ich auch hier unter der Schulzeit sein. Aber was kann ich den dafür wenn der Lehrer mich mit einer Kreide abwirft weil er meint ich schlafe. Dann ist es doch in Ordnung ein Buck zurück zu werden, oder? Eigentlich waren die neuen Leute auch korrekt.

Mittlerweile war es schon spät geworden. Sogar die drei Eisläufer waren schon gegangen. Ich kletterte von dem Gebäude herunter und ging zurück. Auf dem Weg nahm ich mir noch schnell etwas zu Essen mit. Nur leider war es unmöglich es zu essen weil der Wind mir meine Haare ins Essen wehte. Also machte ich sie schnell hoch. Es war ungewohnt. Aber was tat man nicht alles um zu essen. Ich hatte relativ schnell aufgegessen und schmiss die leere Verpackung in den Müll. Sofort stürzten sich die Tauben darauf. Als ich ankam saßen alle am Tisch und redeten. Eigentlich wollte ich nur in mein Zimmer aber sie bemerkten mich und ich konnte mir einen Vortrag von Viktor anhören, dass ich nicht so lange weg bleiben soll. Ich verdrehte die Augen und zuckte mit den Schultern. "Willst du mit kommen. Wir gehen essen." fragte er dann aber ich schüttelte meinen Kopf. Hatte ja schon was zu essen. Ich ging in mein Zimmer und ließ mich auf das Bett fallen. Mein Rucksack lag neben mir. Die drei haben ihn wohl mitgenommen. Nach einer Zeit wurde das Rumliegen zu langweilig und ich stand auf und ging auf den Balkon. Ich setzte mich auf das Geländer und sah in die Sterne. Aus irgendeinem Grund wirkte das beruhigend. Der Mond schien hell am Nachthimmel und erleuchtete die ganze Gegend in einem silbernen Licht. Aber ein Geräusch riss mich aus meiner Ruhe. Hinter mir hatte jemand gehustet. Aufgeschreckt drehte ich mich um. In der Tür stand Yurio. Ich wusste nicht genau wie ich reagieren sollte, desshalb starrte ich ihn nur an. Wie lange stand er schon da?

Yurios Sicht

Der Mond spiegelte sich in ihren Augen und der Wind verwehte ihre Haare. Wenn ich sie so sah erinnerte sie mich an meine Mutter.  Mira hatte die gleichen Gesichtszüge und ihre Art zu tanzen war identisch. "Was willst du?" fragte sie und sprang von dem Geländer. Scheiße. Sie hat mich bemerkt. "Ich... Tut mir leid." stotterte ich und sah auf den Boden. Was war mit mir los. So war ich doch sonst auch nicht. Was auch immer. Ich sollte in mein Zimmer. "Hey! Du kannst hier schlafen. Dann geh ich in dein Zimmer." schlug Mira vor. Konnte ich das wirklich annehmen. "Danke." murmelte ich, "Mira du hast dein Zeichenbuch..." Zu spät. Sie hatte bereits den Raum verlassen. Das Buch hat sie vorher liegen lassen als sie weggerannt ist. Eigentlich hatte ich es eingesteckt um es ihr wieder zu geben aber jedes mal verschwand sie bevor ich etwas sagen konnte. Dann halt morgen. Ich kramte das Buch aus meinem Rucksack und schlug es auf. Von außen sah schon relativ alt aus. Auch von innen waren sehr viele Seiten rausgerissen. Die Zeichnungen waren atemberaubend. Es waren viele Details ausgearbeitet und alles sah so real aus. Begeistert sah ich die Seiten durch. Die letzte bemalte Seite zeigte Miras Familie. Das Bild war aber nur teilweise zu erkennen weil das meiste verwischt war. Es waren verstreut Tropfen zu erkennen. So als hätte sie geweint als sie das zeichnete. Ich frage mich echt, was mit ihr los ist. Erst das Telefonat nachdem sie so traurig war und dann auch noch das heute Mittag. Leider hatte ich nichts verstanden als sie telefonierte weil sie nicht russisch redete. So weit ich es einschätzen konnte, war es deutsch gewesen. Ich legte das Buch auf den Tisch und legte mich danach schlafen.

Little miss perfect (Yuri Plisetsky)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt