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Zu sagen, Ryo sei müde, wäre untertrieben gewesen.
Zwar war es Samstag, und somit Wochenende, aber trotzdem war er um 6 am Morgen wach und stand mit der Zahnbürste im Mund vor dem Spiegel. Die Ringe unter seinen Augen schienen noch dunkler als sonst und man konnte unschwer erahnen, dass er nicht viel geschlafen hatte.
Genau genommen hatte er überhaupt nicht geschlafen, aber er wollte sich dies nicht eingestehen. Stattdessen zählte er es als schlafen, einige Zeit auf dem Sofa vor sich hin gedöst zu haben.

Er fuhr sich mit der freien Hand durch das zottelige Haar - ich sollte vielleicht zum Friseur - und starrte noch kurz in den Spiegel, dann wandte er sich der Zahnbürste in seinem Mund zu.
Das kleine Ding wurde kurz ausgewaschen und dann in den Becher zurückgestellt. Auch den Mund spülte er kurz aus, dann grinste er einmal müde in den Spiegel und griff nach der Haarbürste, um die langen weißen Wellen zu bändigen.

Die Zeit hatte sich dahingezogen und war Ryo wie Kaugummi vorgekommen, aber trotz seiner Müdigkeit hatte er nicht einschlafen können. Er hatte auf dem Sofa gelegen und war ab und zu mal im Halbschlaf versunken, doch eingeschlafen war er nicht.

In der Zeit, in der er nicht zu schlafen versucht hatte, hatte er die verschiedensten Dinge getan.
Zu Beginn hatte er an etwas besonderem gebastelt, dann war er zum Aufräumen übergegangen.
Zuerst seinen Arbeitsplatz natürlich, aber schnell bemerkte er wie dreckig seine Wohnung doch war - Zumindest in seinen Augen.
Dann wollte er schlafen, schaffte es aber nicht, und ging dazu über, die Küchenregale neu zu ordnen.
Dann kam der Kühlschrank, das Regal mit seinen CDs, der Schrank mit den Filmen und Fotos und zu guter letzt der Kleiderschrank in seinem Zimmer.
Verdammt, er hatte sogar das Badezimmer halb umgeräumt...
Und dann hatte er einfach aufgegeben.
Die Sonne würde in den nächsten Stunden aufgehen und dann wäre er sowieso wach, also konnte er auch gleich wach bleiben und vielleicht etwas nützliches tun.

Gähnend verließ er das Badezimmer nach kurzer Zeit und schlug den Weg zum Schreibtisch ein, um dort seine kleine Bastelei in eine kleine Tüte zu packen.
Ein müdes Lächeln schlich sich auf seine Lippen als er sich umdrehte und in die Küche ging, um sich ein Brot zu machen.

Eine seltsame Stille erfüllte die Wohnung als Bakura aufwachte.
Vorsichtig verließ er sein Zimmer um nachzusehen, was der Grund dafür war und genau diesen fand er auch schnell. Akefia war nirgends aufzufinden, Mariku jedoch schlief im Bett seines Bruders.
Im Wohnzimmer fand er jedoch die Decke Akefias und vermutete einfach, dass dieser dort auch geschlafen hatte.

Misstrauisch ging er in die Küche und suchte sich alles für Müsli zusammen, wobei ihm ein kleiner Zettel auf dem Esstisch auffiehl.

>>Bin arbeiten, komme spät zurück. Mariku kocht.
Mach keinen Ärger, Bakura.
- Akefia<<

Genervt setzte er sich hin und goss die Milch über das viel zu süße Müsli, welches Akefia extra für ihn angeschleppt hatte. Es zeigte einmal mehr, wie fremd sich die Brüder doch waren - Aber dennoch ähnlich. Beide konnten zu süße Sachen nicht ausstehen.

Wenig später betrat auch Mariku den Raum, gähnend und in einem großen Shirt und Jogginghose.
Vom sonst relativ attraktiven Ägypter war nur eine schlechte Kopie anwesend, fand Bakura, da man die geröteten Augen, die Augenringe und die gekrümte Haltung kaum übersehen konnte - Dann wiederum wusste er aber auch nicht, dass der Ältere trotz Schmerzmittel eine Welle des Schmerzes nach der anderen ertragen musste.
Sein Arm fühlte sich an, als würde er im nächsten Moment einfach abfallen.

"Morgen.", grummelte der Blonde daher und nahm sich die Packung mit dem Müsli. Er ließ sich Bakura gegenüber nieder und fing lustlos an, das Müsli ohne alles zu essen.
"Morgen. Seit wann arbeitet Akefia Samstagmorgens?"
Der Kopf des Größeren schoss hoch und er starrte Bakura kurz verwirrt in die Augen, dann fasste er sich wieder. "Tut er nicht. Erst abends."
"Dachte ich auch..."

Die Uhr schlug 10 als Mariku von der Apotheke zurückkam und auf eine bekannte Gestalt traf, die wohl 'zufällig' in der Straße war.
Und als ob der Tag nicht bereits schlecht genug für Ryo war, kam Mariku auch noch direkt auf ihn zu, winkte übermäßig und legte ihm fast wie selbstverständlich den gesunden Arm um die Schultern.
"Hallöchen, Prinzessin~ Wo geht es denn hin?" Ein typisches Grinsne lag auf seinen Lippen und es amüsierte ihn, wie schnell der Schüler aus der Fassung geriet. Einfach zu niedlich.
"Äh, also, ich... Ähm, ich wollte zu Bakura-kun..."
"Aaaah, da kann ich helfen! Ryo war dein Name, richtig?"
Mehr als ein Nicken bekam er nicht zur Antwort, aber dennoch zog er den Kleineren zum Gebäude.
Man könnte meinen, Mariku täte dies aufgrund irgendwelcher dummer Gefühle, aber eigentlich hatte er nur Spaß an der Unbeholfenheit des Jüngeren. Es amüsierte ihn, wie verwirrt und eingeschüchtert Ryo schien und vielleicht gefiel ihm diese Art auch ein wenig, aber er würde nie ernsthaft etwas mit dem Weißhaarigen anfangen. Dazu war der Schüler ihm zu unschuldig und sanft.
Die Wohnungstür war schnell aufgeschlossen und er ließ den Besucher endlcih frei, sodass er den Flur durchqueren konnte. "Das Zimmer rechts vom Bad."

Nun, war Bakura von seinem Besuch begeistert? Nein.
Im Grunde hatte er sich einfach verziehen wollen und hatte irgendwann angefangen, eine angeregte Diskussion zum Thema "Homosexualität und Ehe" mit Malik über Skype zu führen und Ryo störte diese gewaltig. Also entschied er sich, den Jüngeren zu ignorieren.

"Also ich denke, sie sollten es überall legalisieren.", bekräftigte Malik gerade noch einmal seine Meinung, dann aber bemerkte er den Neuankömmling und setzte ein höfliches Lächeln auf. "Du hast Besuch, Fluffy."
"Nenn mich noch einmal so und deine Schwester kann deinen toten Körper aus Japan abholen kommen.", knurrte Bakura genervt und wandte sich halb seinem Gast zu. "Was willst du?"

"Ähm, ich hab auf... Auf Facebook gesehen, dass dein Bruder Geburtstag hat. Also wollte ich ihm, äh, etwas vorbeibringen..."
"Er ist nicht da. Verschwinde."
"Ach, Kura, sei nicht so!" Malik ließ seinen Worten ein Kichern folgen und ignorierte die Drohung seines besten Freundes.
"Ähm, wo ist er denn?", murmelte Ryo eingeschüchtert. Irgendetwas an Bakura war anders als zuvor.
"Was weiß ich. Frag Mariku."

"Waaaas? Mariku ist da? Kura, warum sagst du mir so was nicht!", rief Malik bestürzt und Ryo konnte erkennen, wie er die Arme vor dem Brustkorb verschränkte. Dann jedoch sah er zur Seite, sagte etwas was der Japaner nicht verstand und drehte sich zurück. "Muss weg, bis später."

Jetlag  (Arbeitstitel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt