Wie schon am Tag zuvor starrte Ryo auf den leeren Platz Bakuras.
Der Ältere saß immer noch draußen, wohl in der Hoffnung, von keinem Lehrer bemerkt zu werden.
Seufzend drehte sich Ryo wieder zum Englischlehrer, welcher gerade versuchte, der Klasse das Passiv zu erklären. Etwas, was ihn schon immer verwundert hatte, war did Art der Japaner Englisch zu lernen.
Entweder taten sie es überhaupt nicht, oder so schlecht, dass man kaum etwas verstand. Die meisten schienen es einfach für unnötig zu halten.
Vielleicht hatte er selbst ja nur so ein Interesse daran, da er als Kind kurzzeitig in England gewohnt hatte, aber er konnte sich die Sprache nicht wegdenken.Sobald die Klingel läutete, stand Ryo wie der Rest der Stunde auf und begab sich zusammen mit Yugi und dem Rest zur Sporthalle. Auf dem Weg schloss sich sogar Bakura genervt der Klasse an, kam jedoch keinem der Schüler irgendwie nah.
"Ry? Kommst du heute mit?"
Verwirrt sah der Weißhaarige zu Yugi herunter, der ihn abwartend ansah.
"Du wolltest dir doch mal den Kochclub ansehen, oder?"
"Äh, klar... Aber ich hab noch bisschen was zu tun, vielleicht nächste Woche?"
Das entschuldigende Lächeln seitens Ryo hellte schnell Yugis Gesicht auf, welches zuvor noch enttäuscht ausgesehen hatte. "Was musst du denn tun?"
Das Lächeln des Größeren wurde schnell trauriger als sie es je an ihm gesehen hatten, aber er behielt es bei. "Heute ist Amanes Geburtstag. Ich geh sie besuchen."
"Richte Grüße von uns aus, Ryo!", grinste Jono, bekam jedoch schnell einen Schlag auf den Hinterkopf von Anzu. Diese lächelte Ryo aufmunternd an.
"Vielleicht kannst du Touzoku-kun dazu bringen, mit dir zu gehen.", gab Honda abfällig von sich und warf dem Genannten einen Blick zu, der hätte töten können. Honda schien den Neuen einfach zu hassen.
"Bezweifle ich. Na ja, dann halt nächste Woche... Ich habe später kurz Zeit, dann können wir Amane-chan Blumen kaufen gehen!" Yugis Lächeln war wie immer aufmunternd und ansteckend, woraufhin auch Ryos Laune wieder stieg.
Genau genommen hatte er selbst bis vor einigen Minuten vergessen, welcher Tag war.Nach einer langwierigen Diskussion mit dem Lehrer hatte sich Bakura dazu überreden lassen, ein Haargummie von den Mädchen zu leihen. Während er also den Lehrer beschäftigt hatte, hatte der Rest der Sportklasse einen kleinen Parkour aufgebaut, wie auch schon in den Stunden zuvor, und hatte damit begonnen, sich einzulaufen.
Und während einige schon nach dem Einlaufen kaputt waren, schien es dem Weißhaarigen nichts auszumachen.
Auch dauerte es nicht lange, bis er den Ablauf kapiert hatte und neben Jono einer der schnellsten war, der den Parkour bewältigte. Und, wie Jono nun mal wahr, wurde schnell ein Wettbewerb daraus.
So kam es auch letztendlich dazu, dass der Blonde erst Yugi und dann Ryo umrannte. Bakura hatte schon davor aufgehört und sich einem Fußball gewidmet, welchen er erst in Ruhe ließ, als Jono vom Lehrer angebrüllt wurde.
Er sah abfällig in die Richtung seines Ebenbildes, welches im Moment Yugi zur Tribüne helfte und das Knie des Kleineren besah. Für ihn war es unverständlich, warum man wegen so einer kleinen Verletzung ein solches Drama abzog."Zur Hölle, Mariku, was hast du angestellt?", murmelte Akefia, Während er einen Verband um den Arm des Größeren wickelte.
Mariku hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Wand über Akefias Kopf anzustarren und zu schweigen, während der Verband fast schon zu fest an seinen Arm gepresst wurde.
"Ich rede mit dir."
Der Blick des Blonden fiel nach unten, zum ersten Mal seit 20 Minuten. Dann starrte er in Akefias Augen, die seinen so ähnlich waren. "Ich weiß es nicht."
"Sehr witzig, ich lache mich tot. Was ist passiert? Was hast du gemacht?"
"Keine Ahnung. Ich erinnere mich nicht."
Akefia seufzte und griff in seine Tasche, um das Handy hervorzuziehen. "Manchmal mach ich mir echt Sorgen um dich."
"Ich fühle mich geehrt."Es schien mal wieder eine kleine Ewigkeit zu dauern, bis sie endlich vom Unterricht erlöst wurden. Yugi hatte die letzte Stunde auf der Tribüne verbracht und mit Ryo zusammen den Rest der Klasse beim Sport beobachtet, jedoch nicht ohne mindestens 30 Entschuldigungen seitens Jono.
Die Strafe des Blonden war letzten Endes, den Putzdienst für die Sporthalle zu übernehmen, was er auch widerwillig annahm. Der Rest ging währenddessen in die Umkleide und versuchte, so schnell wie möglich wieder raus zu kommen.
Wahrscheinlich wollten sie nur zu ihrem Clubraum oder nach Hause, aber Yugi, Honda und Ryo wollten noch auf ihren blonden Freund warten.
"Wie geht es dir jetzt eigentlich, Yugi?", fragte Honda nebenbei, als er sich das Shirt über den Kopf zog.
"Mir geht's gut. Hätte schlimmer kommen können." Der Kleinere lächelte, drehte sich jedoch sofort in Richtung Tür, als sich diese öffnete.
Übermütig lächelte er die herein kommende Person an, im Glauben es wäre der niedergeschlagene Jono, jedoch verschwand das Lächeln schnell.
Bakura starrte den Kleinen nieder, keine Regung in seinem Gesicht. Während Yugi dennoch versuchte, dem Größeren ein Lächeln zu schenken (immerhin war Yugi der Meinung, jeder hätte Freunde verdient), wandte sich Bakura kalt ab und ging zu seiner Schultasche, aus welcher er einen schwarzen Pulli zog.
Honda warf einen unauffälligen Blick in Bakuras Tasche und war nicht einmal überrascht, als er kein einziges Buch darin fand.
Ryp währenddessen hatte seinen Blick abgewandt und nutze den Moment um sich schnell sein Hemd anzuziehen, bevor die Aufmerksamkeit auf ihm lag. Er bereitete den anderen oft genug Sorgen mit seinem Gewicht.
Auch Yugi und Honda machten sich daran, sich umzuziehen, während sich alle etwas unwohl fühlten und schwiegen.
Ryo war der erste, der sich wieder umdrehte und Bakura in den Blick nahm. Er knöpfte das Jacket der Uniform zu und starrte dabei Bakura in die Augen, welcher zurückstarrte. Anders als die kleine Gruppe zog sich Bakura nicht komplett um, er hatte nur den Pulli übergezogen und sich in seinem schwarzen Mantel verzogen.Es ist doch noch gar nicht so kalt...
Ryo merkte gar nicht, wie lange er seinem Ebenbild in die Augen starrte, aber Yugi riss ihn irgendwann aus seiner Trance.
"Bye, Ryo, du musst wirklich nicht warten. Schönes Wochenende!" Yugi lächelte, sprach jedoch weiter, bevor Ryo etwas erwidern konnte. "Ah, meine Cousins kommen am Montag, willst du mit zum Flughafen?"
"Klar, warum nicht? Wir telefonieren noch, oder?"
"Klar!"
Ryo ging lächelnd zum Ausgang und realisierte erst gar nicht, wie Bakura ihm folgte. Er merkte es erst, als der Größere zu ihm aufgeholt hatte.
"Oh, hey..."
Bakura gab ihm einen Seitenblick. "Hm."
"Äh, du kannst allein gehen, ich muss zum Bahnhof... Sorry."
Ohne ein weiteres Wort verschwand Bakura in die Richtung seiner Wohnung, während Ryo ihm noch ein leises "Auf Wiedersehen" gab.Bakura zog sein Handy hervor, als er um die Ecke war und sah kurz nach oben, bevor er es anmachte. Es fing schon wieder zu nieseln an.
Das Gerät zeigte ihm, dass Malik ihn (mal wieder) in einem Bild markiert hatte und das er eine Nachricht von Akefia hatte. Die 23 verpassten Anrufe Akefias zählte er mal nicht mit.
Genervt öffnete er die SMS (Akefia wollte auf den Tod kein Whatsapp benutzen) und überflog sie. Es hatte keinen großartigen Inhalt, außer das er allein sein würde und er sich selbst Essen machen sollte, da er mit Mariku weg war.
Ehrlich gesagt wurde er nicht wirklich schlau aus Mariku und Akefia, immerhin empfand Mariku gefühlt nur Schadenfreude und Akefia war ein Bilderbucheinzelgänger. Beide erzwangen ihren Willen lieber, anstatt ein einfaches Bitte zu sagen, trotzdem waren sie befreundet.
Wobei er sich da auch nicht komplett sicher war - Würde man ihn fragen, wie das Verhältnis der Beiden war, so könnte er es nicht beantworten. Waren sie Kollegen, Freunde oder sogar mehr als das? Bakura hatte keinen Schimmer.
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Jetlag (Arbeitstitel)
أدب الهواةBakura ist neu an der Schule und könnte nicht weniger versuchen, irgendetwas zu erreichen. Er ist faul, sarkastisch und ungehorsam, ein typischer Unruhestifter - Ryo hingegen ist ein freundlicher Junge, der Spaß am Schulalltag findet und es sich sch...