Am Sonntag war Hermine früh aufgestanden, um Dracos Stall auszumisten. Sie gab zu, dass das zwar nicht unbedingt ihre Lieblingsbeschäftigung war, aber sie hatte, nun, da sie sich um Draco kümmern musste, ein Gefühl, das ihr sagte, je öfter du bei dem Pferd bist, desto besser wird es euch beiden ergehen. Und ihr Gefühl sollte Recht behalten. Gerade als sie die letzte Fuhre Stroh auf den improvisierten Misthaufen gezaubert hatte, kam Draco ihr mit geblähten Nüstern entgegen. Er hatte sich schon auf der Weide austoben dürfen. "Na, Draco, Lust auf einen Spaziergang?" Das Pferd spitzte die Ohren und schaute sie schräg an. Du willst mich rauslassen, Granger? Du willst mich ernsthaft rauslassen? Hätt' ich dir ja im Leben nicht zugetraut!" Hermine holte die Trense und die Longe. "Aber nur damit!" meinte sie und Dracos Blick sagte schon alles. Oh nein, nicht schon wieder...
Es dauerte gut zwanzig Minuten, bis Hermine Draco in die Trense gezwängt hatte. Danach musste sie ihn noch kurz an der Longe laufen lassen, weil er vor lauter Übermut fast in den Misthaufen gesprungen wäre, als sie das Gatter aufgemacht hatte. Er schien sich wirklich zu freuen, die Koppel einmal verlassen zu dürfen. Er war zwar etwas stürmisch, aber Hermine schaffte es doch, ihn zu halten und so stapften sie gemeinsam zum Schloss hoch, um sich die Beine - beziehungsweise Hufe - zu vertreten. Doch als sie an dem großen, steinernen Portal angelangt waren, spitzte Draco plötzlich angespannt die Ohren und blähte die Nüstern. Wie aus dem Nichts stemmte das Pferd plötzlich alle vier Hufe in den Boden. "Was ist denn los mit dir?" fragte Hermine und zog ein wenig an der Longe, aber Draco bewegte sich nicht von der Stelle. Plötzlich hörte sie Stimmen, die aus einem Gang zu kommen schienen, der in Richtung große Halle führte. "...Ihnen versichern, dass wir alles tun werden, was in unserer Macht steht..." Die Stimme gehörte offenbar zu Professor McGonagall. Eine zweite Stimme antwortete, vor Wut zitternd. "Das reicht nicht! Ich will meinen Sohn sprechen! Ich habe ihm mehrere Eulen geschickt und er hat gefälligst zu antworten! Wo ist er?" Beim Klang dieser unfreundlichen Stimme zuckte Draco zusammen und tänzelte einige Schritte zurück, um Hermine unmissverständlich klar zu machen, dass er hier um keinen Preis länger stehen bleiben wollte. Gerade wollte sie mit ihm umdrehen, als Professor McGonagall um die Ecke bog. "Ms Granger, wie ich sehe, kümmern sie sich gut um unseren...Schützling." bemerkte sie. "Achten sie nur darauf, dass er hier im Schloss nichts...hinterlässt, wenn sie verstehen, was ich meine." Mit einem Seitenblick auf das Pferd, das jetzt leicht beleidigt dreinblickte, nickte Hermine. Plötzlich kam eine zweite Person schnellen Schrittes um die Ecke und stieß beinahe mit Draco zusammen. Niemand anderes als Lucius Malfoy war da gerade fast in die beiden hineingerannt. "Nehmen sie den Gaul da aus dem Weg, ich hab's eilig!" Eindeutig nicht in bester Stimmung musterte er Hermine. Vielleicht hätte er aber eher auf Draco achten sollen, der die Ohren angelegt hatte und seinem Vater - der ihn natürlich nicht erkannt hatte - nun mit den Zähnen gefährlich nahe kam. Kaum hatte er sich versehen, hatte das Pferd seine Zähne schmerzhaft in Lucius Malfoys Unterarm versenkt. Ohne lange zu fackeln zog dieser seinen Zauberstab, doch bevor er irgendwelchen Schaden anrichten konnte, fuhr Professor McGonagall dazwischen. "Ich muss doch sehr bitten! Nicht auf unserem Schulgelände!" mit strengem Blick sah sie Lucius Malfoy an, der einsah, dass es gar keine gute Idee war, den Zorn der Gryffindor-Hexe auf sich zu ziehen. Und so zog er von dannen. Sein "Das wird noch ein Nachspiel haben!" war laut und deutlich bis über die Schlossmauern hinweg zu vernehmen. "Gib's zu, du wolltest das schon länger tun." Meinte Hermine zu Draco der ganz unschuldig begonnen hatte, ein wenig Moos von der Schlossmauer zu knabbern. Er schnaubte und irgendwie klang das in Hermines Ohren belustigt.
Nach der Begegnung mit Lucius Malfoy beschloss Hermine, Draco lieber doch nicht mit ins Schloss zu nehmen. Stattdessen schlug sie den Weg zum See ein. Um den See führte ein kleiner Wanderweg, auf dem der braune Hengst sich die Beine vertreten konnte. Schnell wurde er übermütig und begann, herum zu tänzeln und immer wieder an zu traben. Schließlich war es für Hermine zu viel des Guten. "Ich kann ja verstehen, dass du lange nicht draußen warst. Aber es scheint doch immer das Gleiche zu sein, mit euch Malfoys. Bietet man euch den kleinen Finger an, nehmt ihr gleich die ganze Hand!" Sie blieb stehen und brachte auch Draco mit einem Ruck an den Zügeln zum Halten. Er war genau vor einem Baumstumpf zum Stehen gekommen, was Hermine auf eine Idee brachte. Das mit dem Longieren hatte ja ganz gut geklappt. Einen Sattel hatte er auch schon akzeptiert. Sie machte kehrt und zog das völlig verdutzte Pferd mit sich zurück zu Hagrids Koppel. Dort angekommen, kramte sie den Sattel hervor und band Draco an einem der Zaunpfosten an. Anfangs legte er zwar die Ohren an, doch letztendlich ließ er sich Satteln. Fertig ausgerüstet stand er nun vor Hermine, die sich einen Helm besorgt hatte und entschlossen auf ihn zu ging. "Du willst dich bewegen? Gut. Versuchen wir es doch mal so. Ein wenig Disziplin hat noch keinem geschadet!" Vermutlich würde sie jetzt gleich im hohen Bogen im Dreck landen. Draco würde sie wahrscheinlich mit größtem Vergnügen auf den Boden der Tatsachen zurückbefördern. Doch zu ihrer größter Verwunderung unternahm er nichts dergleichen, als sie einen Fuß in den Steigbügel schob und sich langsam an ihm heraufzog, um ihn nicht zu überraschen. Als sie ihr rechtes Bein über seinen Rücken schwang und sich in den Sattel sinken ließ, schnaubte er etwas verächtlich. Es war eines dieser Och-nö-jetzt-muss-ich-was-tun-Schnauben. Doch er bockte nicht. Sie drückte ihre Waden gegen seinen Bauch - ein Zeichen, vorwärts zu gehen - und sah im selben Moment ein, wie sensibel Draco eigentlich war. Eine Eigenschaft, die er von seinem "Original" hatte. Er hatte einen erschrockenen Satz nach vorne gemacht, aber Hermine war noch oben. Sie begriff, wie wenig treibende Hilfen sie benötigte und trieb ihn vorsichtig an, bis er in fleißigem Schritt voranging. Es klappte - wenn man bedachte, dass es ja eigentlich immer noch Malfoy war - außergewöhnlich gut. Selbst das Lenken klappte, mit nur wenig Zügeleinwirkung und Gewichtsverlagerung. Hermine ging davon aus, das man als Malfoy irgendwann einfach lernte, Befehlen zu gehorchen, ohne sie zu hinterfragen. Nur das mit dem Bremsen wollte wohl noch nicht so ganz, doch letztendlich kamen sie auch wieder zum Stehen. Mehr als Schritt hatte sich Hermine zwar nicht getraut, doch das Gefühl, endlich mal wieder zu Reiten, ließ ihr Herz höher schlagen.
Nachdem sie sich noch um Draco gekümmert hatte, ging zum Abendessen ins Schloss zurück. Harry und Ron hatten mit dem Essen auf sie gewartet und staunten magische Bauklötze, als sie erzählte, dass sie geritten war. Von dem Besuch von Malfoy Senior erzählte sie allerdings lieber nichts.
Nach dem Abendessen gönnte Hermine sich noch eine Dusche, bevor sie sich in ihr Bett kuschelte und überglücklich einschlief.
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Animagus
FanfictionWährend eines unglücklichen Zaubertränke-Unfalls wird Draco Malfoy in ein Pferd verwandelt. Da Professor Snape Hermine Granger als die Verantwortliche ansieht, muss sie sich um den Vierbeiner kümmern, bis ein Gegenmittel gefunden wird. Dabei kommen...