Rückverwandlung

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"Hermine? Wach auf! Hallo? AUFWACHEN!" aus dem Schlaf geschreckt fuhr Hermine hoch. Vor ihr stand Ginny. "Professor McGonagall will, dass du vor dem Unterricht mit zur Koppel kommst." Ach ja. Montag. Hermine wollte sich umdrehen, doch Ginny zog ihr die Decke weg. "Snape übrigens auch. Wenn du den warten lässt, gibt's Strafpunkte für Gryffindor." Schlagartig war Hermine hellwach. Snape? Das hieße ja...Sie zog sich in Rekordzeit an und stolperte in den Gemeinschaftsraum. Vor dem Porträt der fetten Dame (die es sich nicht nehmen ließ, Hermine zu tadeln, weil sie so überstürzt den Gryffindor-Turm verließ) warteten Professor McGonagall und Professor Snape. "Wie schön, dass sie die Einsicht besitzen, uns zu begleiten, Ms. Granger." kommentierte der Lehrer für Zaubertränke trocken. Hermine sagte lieber gar nichts.

Im Eilschritt begaben sie sich zu Hagrids Koppel. Der Grund für diese dringliche Eile war, wie Hermine später erfuhr, ein Heuler von Lucius Malfoy, der Professor McGonagall vor der gesamten Lehrerschaft blamiert hatte, weil er im Lehrerzimmer losgegangen war. Kaum waren sie an der Koppel angelangt, hörten sie ein Wiehern. Draco trabte an den Koppelzaun. Doch als er Snape entdeckte, wollte er sich geradewegs wieder aus dem Staub machen, was der Professor mit einem Beinklammerfluch verhinderte. Draco purzelte ungelenk auf die Wiese, als sich Seile wie auf dem Nichts heraufbeschworen und um seine Beine wickelten. Etwas umständlich kletterte Snape über den Koppelzaun - Hermine musste unwillkürlich an eine abstürzende Fledermaus denken - und näherte sich dem am Boden liegenden, wutschnaubenden Pferd. Hermine kuschelte sich in ihren Umhang, als sie bemerkte wie kalt es geworden war. Nebel hing über den herbstlichen Ländereien von Hogwarts und Snapes langer Umhang schleifte durch den Morgentau auf der Koppel. Er befestigte einen Strick an Dracos Halfter, löste den Klammerfluch und zog ihn grob mit sich. "Wir begeben uns ins Schloss. Am besten in meinen Klassenraum, dort ist der benötigte Trank. Wollen sie hier fest wachsen oder kommen sie auch mit, Ms. Granger?" Hermine, die in Gedanken versunken gewesen war, schreckte auf und eilte ihnen hinterher. 

Es war relativ mühsam, Draco durch die vielen Gänge von Hogwarts zu bugsieren, von den Treppen ganz zu schweigen. Da diese die Angewohnheit hatten, gerne ihre Richtung zu ändern, war es äußerst schwer, sich in den großen Treppenhäusern der Schule zurechtzufinden. Manche Treppen änderten das Stockwerk, zu dem sie führten, alle sieben Minuten, manche besaßen Trickstufen, in denen man versank, wenn man darauf trat und manche führten dienstags woanders hin. Kurz um, es war ziemlich zeitaufwendig, ein Pferd durch Hogwarts zu führen. Zwei mal blieb Draco in Trickstufen stecken. Als Hermine sein linkes Vorderbein aus der zweiten Stufe befreien wollte, fiel ihr abermals die seltsame Fellverfärbung auf, die das schokobraune Pferd dort aufwies und die sie das erste Mal auf der Koppel gesehen hatte. Und wie zuvor reagierte Draco seltsam. Er schnappte nach ihr und verfehlte ihrem Arm nur ganz knapp. Die Ohren angelegt, warf er den Kopf in den Nacken und seine weißblonde Mähne zerzauste, als er sich schwungvoll  aus der Treppenstufe befreite.

Kurz darauf waren sie in den Kerkern angelangt. Draco, der die frische Luft der Ländereien gewöhnt war, schien es hier unten unheimlich zu sein und er tänzelte nervös hin und her, als Professor Snape die Tür zum Zaubertränke-Klassenzimmer öffnete. Professor McGonagall zückte ihren Zauberstab und verwandelte einen herumliegenden Putzlappen in eine grüne Pferdedecke. Mit einem Schlenker ihres Zauberstabes schwebte die Decke zu dem Pferd herüber, das sie etwas unsicher beäugte und dann daran zupfte, um zu sehen, ob sie genießbar war. McGonagall zog die Decke zurecht. "Wir wissen nicht, was der ... Zwischenfall mit seinen Klamotten angestellt hat und es wäre äußerst unangenehm wenn er... nun ja, wir wollen ihm eine Blamage ersparen, nicht war?" Hermine musste ein Kichern zurückhalten. Und es gelang ihr leider nicht. "Sie finden es womöglich amüsant, was sie einem Mitschüler angetan haben, Ms. Granger? Fünf Punkte Abzug für Gryffindor." knurrte Professor Snape. Er ging zu einem brodelnden Kessel herüber und schöpfte eine Kelle des blubbernden Inhalts in einen Wassereimer. Diesen stellte er vor Draco ab, der begann, gierig zu trinken. Plötzlich und ohne Vorwarnung zuckte ein heller Lichtblitz durch das Gewölbe und Hermine kniff ihre Augen zusammen. Als sie sie wieder öffnete, war das Pferd verschwunden. Stattdessen lag vor ihr, etwas unbeholfen eingewickelt in die grüne Pferdedecke, Draco Malfoy. Glücklicherweise angezogen. "Was glotzt du so, Schlammblut?!?" Und höflich wie eh und je. Malfoy stand schwungvoll auf, stolperte prompt über den Saum der Decke und landete unelegant vor Hermines Füßen. Er wollte gerade zu einer weiteren Beleidigung ansetzen, als er Snape und McGonagall bemerkte, die ihm half, wieder auf den Füßen zu stehen zu kommen und ihn strafend ansah. Er klopfte den imaginären Staub - und die realen Pferdehaare - von seiner Schuluniform und stolzierte zur Tür hinaus - natürlich nicht, ohne sie vorher anzurempeln. "Es ist wohl besser, wenn sie jetzt zu ihrem Unterricht gehen, Ms. Granger." bemerkte McGonagall. Aufmunternd lächelnd fügte sie dann hinzu: "Und es gibt heute wirklich außergewöhnlich gute Kürbispasteten zum Frühstück."

Den Rest des Tages verbrachte Hermine schweigend im Unterricht. Sie meldete sich kaum und döste in Professor Binns Unterricht (Geschichte der Zauberei) sogar ein. Das allerdings war in diesem Schulfach allgemein nichts ungewöhnliches. Professor Binns war der einzige Geist, der in Hogwarts unterrichtete und sein Unterricht war dementsprechend sterbenslangweilig. Das Aufregendste, was wohl je in seinem Unterricht passiert war, was, dass er den Klassenraum durch die Tafel betreten hatte.

Nach dem kurz gehaltenen Abendessen ging Hermine gleich ins Bett. Es war getan, Malfoy war wieder der Alte. Und irgendwie war genau das ein Problem. Sie hatte das Gefühl, mit dem Pferd einen Freund gefunden zu haben, der ihr jetzt genommen worden war. Merkwürdigerweise war dieses Pferd so anders gewesen. So...zutraulich. Nichts im Vergleich zu Malfoy. Der hatte es sich natürlich nicht nehmen lassen, überall herumzuerzählen, wie überaus grauenvoll es war, von Hermine umsorgt zu werden und wie noch grauenvoller es war, im Freien pinkeln zu müssen. 

Hermine verdrängte diese Gedanken und fiel in einen erlösenden Schlaf.

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