Kapitel 30|Der perfekte Plan und die Wahrheit über Lillians Mum

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"Du hast was?!"
Seufzend hielt ich mir das Handy vom Ohr weg.
"Nicht ich. Meine Eltern", erwiderte ich daraufhin nur.
"Du... Deine Eltern haben Kai, Psycho- Kai, zu sich nach Hause eingeladen, um gemütlich zu essen?!"
Wieder entfernte ich das Handy vom Ohr.
Wenn Caroline nochmal so laut und hysterisch in ihr Telefon geschrien hätte, wäre wahrscheinlich bald mein Trommelfell geplatzt.
"Es ist nicht schlimm, wirklich. Mein Dad hat einen Waffenschein. Wenn Kai uns tatsächlich attakieren sollte, weiß ich wo sich die Jagdgewehre befinden."
Caroline seufzte: "Lils, du weißt nicht wozu Kai imstande ist. Er könnte zwar nicht dich, aber dafür deine Familie umbringen!"
Nervös spielte ich mit dem Saum meines Shirts.
Würde er das tatsächlich tun?
Natürlich.
Keine Frage.
Aber was wäre, wenn er wirklich langsam Gefühle für mich entwickeln würde?
Könnte er dann immer noch meine Familie umbringen?
Naja, er ist ein Psychopath. Um seine wahren Gefühle zu verdrängen, würde er sie wahrscheinlich wirklich umbringen.
"Ganz sicher?"
Erwartungsvoll fing ich an an meiner Unterlippe herum zu knabbern, bis sie anfing zu bluten, eine dumme Angewohnheit von mir.
"Ja, ganz sicher. Lils, er ist ein Psychopath. Psychopathen empfinden keine Reue. Für die ist das ein Fremdwort."
"Ja, ich weiß. Als er nur bei mir im Krankenhaus war da..."
"Er war was?!"
Fuck.
"Lillian! Hat er dir was getan?!"
Ich lachte: "Nein, Car. Er hat mir nichts getan. Ich denke,..." Ich stoppte.
"Er... Bonnie hatte Recht. Das mit der Bindung. Kai, er... ich denke, er entwickelt tatsächlich etwas für mich."
Eine lange Zeit sagte Caroline gar nichts.
"Perfekt!", rief sie plötzlich aus. "Dann kannst du... Oh mein Gott, das ist perfekt! Dann kannst du so tun als würdest du auch etwas für ihn empfinden und ihn eigentlich in eine Falle locken, die ihn kurzerhand wieder in seine Gefängniswelt bringen wird!"
Ja, das war perfekt, aber... irgendwie fühlte ich mich dabei nicht wohl.
Was war, wenn es schiefging?
Dann würde er uns alle umbringen.
Na gut.
Mich natürlich ausgeschlossen.
Aber da war auch etwas anderes.
Ein Ziehen in meiner Magengegend machte sich breit.
War ich etwa...?
Nein, auf keinen Fall.
Aber warum hatte es sich dann so gut angefühlt, als Kai sich vorgestern im Krankenhaus zu mir gelegt hatte?
"Lillian?"
"Ähm... Ja. Der Plan ist perfekt."
"Ich hätte zwar jetzt ein bisschen mehr Euphorie erwartet, aber egal. Du fängst am besten schon heute Abend damit an ihn um den Finger zu wickeln."
"Aber das kann ich doch nicht...!"
"Keine Widerrede. Lils, wenn er weg ist, wirst du wieder ein ganz normales Leben führen können. Und jetzt tschüss."
Und damit hatte sie auch schon wieder aufgelegt.
Meine Güte, die ist heute aber gut drauf.
Seufzend ließ ich mich in meine Kissen zurückfallen, wurde allerdings kurz darauf von meiner Mum aus der Ruhe gebracht.
"Lillian, würdest du dich bitte schon mal fertig machen? Kai kommt in eineinhalb Stunden."
Verwirrt nahm ich die Hände von meinem Gesicht und runzelte die Stirn.
"Was zur Hölle meinst du mit "fertig machen"?"
Stöhnend rollte ich mich vom Bett und zog mir meine Einhorn-Hausschuhe an, die mir Mum als Entschädigung für den Umzug gekauft hatte.
"Na hör mal! Dein Freund kommt vorbei und du willst dich nicht schick machen?", rief meine Mum empört aus.
"Mum! Er ist nicht mein Freund! Wir sind noch nicht einmal richtig befreundet!", seufzte ich laut.
"Trotzdem. Er ist ein junger, gutaussehender Mann, der sogar zu einem peinlichen Abendessen mit den ebenfalls peinlichen Eltern eines hübschen Mädchens gehen würde, nur um dich zu sehen. Er hätte auch ablehnen können."
"Einen Moment mal! Das ist alles nur ein Test von dir? Du testest ihn?"
Diese Mum kannte ich ja gar nicht.
Leicht lächelte sie mich an strich mir die Haare aus dem Gesicht.
"Diesen Test hat er zwar bestanden, aber der heutige Abend kommt ja noch. Schätzchen, ich will einfach nicht, dass man dich genauso verletzt wie Lucy."
Sanft lächelte ich zurück: "Ich kann froh sein dich zu haben. Andere Mütter hätten Lucy in dieser schweren Zeit nie im Leben so sehr unterstützt wie du es getan hast."
Ich sah wie die Tränen ihren Weg in ihre Augen fanden und im nächsten Moment auch schon hinunter kullerten.
"Mum, wieso weinst du?"
"Es ist nur... Ich habe mir als Kind immer gewünscht meine zukünftigen Kinder glücklich zu machen und ihnen immer beizustehen. Es berührt mich einfach, wie sehr du das schätzt."
Ihre Stimme ging in leisen Schluchzern unter und irgendetwas sagte mir, dass das nicht nur Freudentränen waren.
"Mum, wieso erzählst du nie etwas über meine Großeltern? Hat es etwas damit zu tun?"
"Es... Ich... Ja."
Seufzend ließ sie sich auf mein Bett fallen.
Ich setzte mich zu ihr und wartete auf ihre Antwort.
Sie wischte sich schnell die Tränen von den Augen und starrte auf meine Blümchen- Bettwäsche.
"Ich habe schon so lange nicht mehr geweint. Nicht deswegen."
"Bitte Mum, ich muss es wissen. Was haben deine Eltern dir angetan?"
Ungeduldig knabberte ich wieder an meiner Unterlippe.
Wieder seufzte meine Mum und fing an zu erzählen: "Ich bin in einer kleinen Stadt in Schottland aufgewachsen. Meine Eltern hatten insgesamt fünf Kinder mit mir. Wir waren vier Mädchen und ein Junge. Uns allen war damals schon aufgefallen, dass ich nicht in das Familienbild gepasst habe. Sie hatten alle rote Haare, und ich? Ich hatte platinblonde Haare. Auch vom Gesamtbild her habe ich schon immer anders ausgesehen als die anderen. Aber irgendwie habe ich mir nie richtig Gedanken darüber gemacht. Ich hatte meine Familie, mehr wollte ich nicht. Von einem Tag zum anderen änderte sich allerdings  plötzlich alles. Ich war damals gerade einmal sieben Jahre alt gewesen. Meine Eltern verhielten sich abweisend zu mir, irgendwie komisch. Im Laufe der Jahre vernachlässigten sie mich immer mehr. Es war, als hätten sie mich einfach so vergessen. All die Jahre habe ich mich gefragt, was ich falsch gemacht hatte, doch dabei hatte es noch nicht einmal an mir angelegen. Irgendwann fand ich heraus, dass meine Eltern gar nicht meine Eltern waren. Man hatte mich nach der Geburt im Krankenhaus mit einem anderen Baby vertauscht. Mum und Dad gaben praktisch mir die Schuld, dass sie nicht ihre wahre Tochter aufgezogen hatten, und dass sie diese auch nie wieder gefunden haben. Als ich das herausgefunden habe, habe ich meine Sachen gepackt und bin abgehauen. Seitdem habe ich meine Familie nicht mehr gesehen. Lillian, ich will, dass du nicht dieselben schlechten Erfahrungen wie ich machen musst. Ich will, dass du glücklich wirst. Und dieser Kai scheint dich in dem Krankenhaus mit seiner Anwesenheit glücklicher gemacht zu haben als irgendwer anders."

Super Psycho Love (Kai Parker FF)  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt