ZWEI

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Mittwoch
17.05.2017

Sein Blick blieb konstant auf mich gerichtet. Meine Hände wurden schwitzig und dann plötzlich von der einen auf die andere Sekunde entspannte sich seine Körperhaltung. So als hätte sich seine Meinung binnen Sekunden einfach so geändert. Als hätte mein offensichtliches Starren noch nie eine Bedeutung für ihn gehabt. Als wären seine Worte nur banales Gerede gewesen, dass nur den Sinn hatte meine Aufmerksamkeit ganz und gar für sich zu gewinnen. Dabei hatte er sie schon in dem Moment bekommen, in dem ich ihn wahrgenommen hatte. Es war seltsam. Dennoch war ich nicht die einzige. Ich war eine von vielen Mädchen, die ihn so faszinierend angestarrt hatten. Das hatte mir das Verhalten des Blonden bestätigt. Wenn ich so weiter machte wäre ich schon bald selbst vor ihm auf der Tanzfläche gestanden.

Carlo ließ meine Hand los und fing aus dem nichts heraus an zu lachen. Es war das gleiche wie zuvor nur noch deutlicher. Ein bisschen schöner. Der Lärm verringerte zwar weiterhin einen großen Teil der Lautstärke, inzwischen jedoch war ich das gewohnt. Zwischen den vielen Partys die ich je besucht hatte, hatte ich einiges mitbekommen. Hatte mir vieles angeeignet. So viel sinnloses Zeug.

Man steht zwischen den Menschen und fängt an zu schreien und doch versteht man nichts. Irgendwann blendet man den Lärm um sich nur noch aus, irgendwann.

Verdutzt blieb ich vor ihm stehen. Für kurze Momente verstand ich nunmehr Bahnhof.
"Schau mich nicht so an", forderte er und kam mir einen Schritt näher. Mein Blick fand dem Weg auf den Boden, auch wenn er dies sicherlich nicht so gemeint hatte.

Vorsichtig trat ich eine Schritt zurück. Die letzten Takte des Liedes erklangen und ich drehte mich um. Am anderen Ende des Raumes stand Kathy mit ihren anderen Freunden und genau dorthin wollte ich gehen.
Ein leichter Druck auf meiner Schulter ließ mich aber wieder zurück zu Carlo sehen. Er sah mich verwirrt an und fragte leicht irritiert, ob etwas sein.

"Mir ist schlecht."

"Okay", murmelte er vor sich her, sah umher und zog mich an der Hand sich nach. In meinem Magen drehte sich alles. Ich kannte Leute, die so waren, wie Carlo es war. Sie hatten eine Art an sich, die jedes Mädchen verzauberte und sie nutzten es aus. Er nutzte es aus, dass er so vertrauenswürdig hinüber kam. Und jedes Mädchen fiel darauf rein.

Die kühle Luft schoss uns kurz vor dem Ausgang um die Ohren. Der Geruch von Alkohol wurde weniger und war plötzlich wie verschwunden. Mein Magen hätte sich wahrscheinlich wirklich beruhigt, wenn dieser Typ neben mir nicht schlimmer als ein Aschenbecher gestunken hätte.

"Besser?" Weiterhin ein wenig benommen schüttelte ich meinen Kopf. "Verarscht du jeden so?" Seine Augen klebten an meinen Lippen. Wieder lachte er, bis er verstand, dass ich es ernst meinte. Seine Hand hörte auf meine zu drücken und er lehnte sich am der Mauer an.

Meine Lungen schienen dabei jedoch noch mehr in sich selbst zusammen zufallen. Den ganzen Tag rauchte ich schon passiv mit den Menschen in der Umgebung mit. Dabei vertrug ich das nicht einmal.

"Ist immerhin mein Leben oder? Geht dich doch nichts an was ich mit wem mache."

Empört schnaufte ich aus, trat ihm näher. Er stellte sich ebenfalls vor mich hin. Die Luft zwischen uns war stickiger, als sie es im Club war.

"Klar ist das dein Leben."

Siegessicher starrte er mich an. Öffnete den Mund und wurde trotzdem, bevor er auch nur etwas sagen konnte, von mir unterbrochen,

"Das Recht andere zu verletzen hast du trotzdem nicht."

Seine Augen wurden erneut kleiner. Trugen jetzt allerdings Ernsthaftigkeit in sich.

"Natürlich musst du das sagen. Du verstehst es ja auch nicht. Ich tu keinem weh ich spendiere nur den Leuten Getränke. Daran ist nichts verkehrt."

Zusammen mit dem letzten Satz drehte er sich um. Obwohl er gerade log, obwohl sogar der Kellner gelogen hatte. Carlos Stimmlage war viel zu hoch.

"Verkehrt ist nur, dass es nicht dabei bleibt oder?"

Er ballte seine Hand zu einer Faust, drehte sich erneut zu mir und kam mir viel zu schnell viel zu nah. Sein Kopf war direkt über meinem. Sein Finger berührte mein Kinn. Ich hatte direkt ins Schwarze getroffen. Starr blieben wir so stehen. Ich wartete auf seine Antwort und er, auf was wartete er eigentlich?

"Ja und? Kann dir egal sein mit wem oder was ich spiele. Du kennst mich nicht."

Jedes seiner Worte trug mehr Härte in sich. Zwischen Ihnen kamen immer größere Pausen. Dabei hätte ich ihm nichts davon zugetraut.
Einen Schritt trat ich zurück. Er hielt sich für den Besten, für den Größen. Dabei war er nur ein kleines Stück Scheiße.

"Dann spiel mit mir, wenn du so gerne spielst, dann spiel mit mir."

Ungläubig betrachtete er mich, dachte dabei nur >>wieso<< oder vielleicht auch
>>warum<< ich genau das machte. Dabei war die Antwort so klar. Sie stand direkt vor seinen Augen. Ich wollte die anderen vor ihm bewahren. Ich wollte ihn ändern. Niemand durfte Menschen so verletzten, niemand durfte so sein.

Nachdem ich den Satz gesagt hatte, hätte ich damit gerechnet, dass er gehen würde, doch er hörte meinen Worten zu. Sogar noch um 2 Uhr in der Nacht.

"Ich wette mit dir um 100€, dass du es nicht schaffst mich so zu manipulieren, dass ich mich in dich verliebe."

Lange wartete er nicht, um mit der Wette zu beginnen. Er nahm meine Hand in seine und zog mich näher an sich heran. Über sein Gesicht zog sich ein leichtes Schmunzeln.

"Name?"

Das komische war ja, das er ihn bis dahin gar nicht wissen wollte. Natürlich nicht so etwas war ja so banal.

"Lina"

Er kam mir immer noch näher. Schien die Grenze nicht zu sehen. Nach hinter wich ich ihm aus. Bis eine Wand mir eine Flucht verhinderte. Seine linke Hand berührte die Wand. Vorsichtig strich er mir mit der anderen Hand über die Wange. Sein Gesicht kam vor meinem zum Stillstand.

"Lina, du bist wunderschön aber Girl ich werde dir dein Herz brechen."

Zärtlich legte er seine Lippen auf meine, drückte mich immer noch fester an die Wand hinter mir. Sein Atem stank nach Rauch und trotzdem ließ ich diesen einen Kuss über mich ergehen.

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