Donnerstag
18.05.2017Die Sonne ging bereits auf, als ich vor meiner Wohnungstür zum Stillstand kam. Carlo war Meter hinter mir stehen geblieben. Er hatte den ganzen Weg auf sich genommen und stand nun hinter mir.
Meine Finger waren kurz davor die Türschnalle zu berühren und er lief schon die ersten Schritte in die andere Richtung, da kam mir etwas in den Sinn. Ich drehte mich um und schrie ihm nach.
"Wir brauchen Regeln!"
Unbeeindruckt sah er mich an. Blieb dennoch stehen. Davon hatte er anscheinend noch nie etwas gehört. Fairness war halt schon eine Ehrensache.
"Regeln?"
Ich nickte, rannte die Stufen zu ihm hinunter und legte meine Hand auf seine Brust. Es sollte absichtlich Provokant sein, allerdings ging er nicht darauf ein. Er zog lediglich seine Augenbrauen hoch und entferntes sie augenblicklich. Für ihn war sie nie da gewesenen.
"Du hast mich richtig verstanden. Wir brauchen Regeln."
"Wofür? Wenn wir doch jetzt schon wissen, wer gewinnen wird."
Er war sich seiner Sache so sicher. Der geborene Gewinner stand vor mir. Mit den Händen in der Hosentasche und einer Zigarette hinter dem Ohr geklemmt. Mit Kopfhörern um den Hals und einem Lächeln, das man nicht beschreiben konnte. Es hatte etwas von Sieg an sich. Hätte er ein wenig mehr an der Sache gezweifelt, hätte ich mich um einiges besser gefühlt. Die Idee kam dennoch von mir, ich hatte angefangen. Ich durfte mich jetzt nicht von ihm einschüchtern lassen. Sonst hätte ich ohne Grund schon ziemlich viel Geld verloren.
"Dann können wir sie ja jetzt schon beenden und du gibst mir einfach das Geld." Ich zog meine Mundwinkel ebenfalls nach oben und streckte ihm die flache Hand hin. Kurz sah er sie an, schlug anschließend ein und zwinkerte mir zu.
"Also was willst du festlegen Prinzessin Lina."
Tief atmete ich ein. Darüber hatte ich nicht nachgedacht. Ich wusste nur, dass wir welche benötigten.
"Du hast einen Monat Zeit.", setzte ich an, damit ich wenigstens etwas gesagt hatte. "Heute ist der 18.05 also geht die Wette bis zum 18.06. Wenn ich dir bis dahin noch nicht verfallen bin, habe ich gewonnen."
Zaghaft biss er sich auf den Lippen herum. Überlegte einen Moment, stimmte mir zu und ergänzte.
"Anders herum muss es das gleiche sein. Wenn du es schaffst, dass ich mich in dich verliebe, dann hast du auch gewonnen. Und wenn es niemand schafft, dann entscheidet eine Münze."
Die Worte halten noch in meinem Kopf nach, da hatte ich schon die nächsten in den Mund genommen.
"Ich nehme Kopf..."
Er lächelte mich an, ich lächelte zurück. Wir hielten Augenkontakt und ich bemerkte. Die Wette hatte bereits begonnen. Kaum merkbar schüttelte ich meinem Kopf und suchte weitere Worte. "Weitere Regel: von dieser Wette darf nur einer deiner Freunde erfahren, wenn du es mehreren erzählst. Habe ich gewonnen."
Nickend bestätigte er auch diese Regel, dachte Momente nach, kam mir näher. Wieder kam mir dieser Geruch von Abschaum in die Nase.
"Wir dürfen so viel Körperkontakt zueinander haben, wie wir benötigen." Seine Augen funkelten. Ich bekam eine Gänsehaut. Ich benötigte Abstand. Kein Körperkontakt sondern viel mehr Abstand.
"Nein", sagte ich ein wenig zu laut. Um ehrlich zu sein, war ich keiner der Menschen, die so viel von Körperkontakt und Liebe hielten. Wer sich verliebt kann gleich sein ganzes Geld auf den Fenster werfen. "Zumindest dürfen wir keinen Körperkontakt, an den Tagen zu dem anderen aufbauen, an denen wir schon jemanden vom anderen Geschlecht näher getreten sind. Okay? In diesem Monat keine Flirts, nichts in diese Richtung. Sonst hast du verloren. "
Flüchtig warf er einen Blick auf die Uhr. Dieses Mal bestätigte er nicht. Umging einfach das Thema. Sagte nicht, dass es passte aber auch nicht dass er dagegen war. Carlo fuhr sich durch die Haare und deutete an gehen zu müssen.
"Also bist du mit allem einverstanden?"
Er bejahte. Trug dennoch Zweifel in seiner Stimme mit. Die Frage, ob die letzte Regel für ihn auch passte, ließ er im Raum stehen. Genau wie er mich Ahnungslos stehen ließ und in die Richtung, in der wir gekomment waren hinrannte.
Wenn man es von hier beobachte , hätte an denken können, dass er von seinen Problemen wegrannte. Davon, dass ihm etwas nicht passte.Lange sah ich ihm nach. Fragte mich, ob hier überhaupt jemand gewinnen konnte.
Worauf hatte ich mich da eingelassen? Es war so eine Art Beziehung ohne Liebe und in gewisser Weiße auch ohne Beziehung. Die Liebe sollte aber hoffentlich bald folgen, sonst wäre ich alleine auf das Glück angewiesen gewesen und das hatte ich nicht.-
Die Kirchenglocken schlugen zur vollen Stunde. Es war gerade 7 Uhr und ich war nicht einmal in meinem Bett gelegen. Das einzige was ich getan hatte, war es ihn zu begleiten. Wir hatten nicht viel gemacht, nicht viel geredet, nur getanzt und sind nachhause gelaufen. Wie er so etwas bewirken wollte wusste ich nicht, aber auch wie ich es selbst machen sollte, stand noch in den Sternen. Sicherlich kannte er mehr Tricks wie ich. Der Barmann hatte es immerhin bestätigt, obwohl selbst er mich belogen hatte. Wie sollte ich auch nur einen Trick kennen? Seitdem ich mein Studium begonnen hatte, ließ ich mein Privatleben komplett liegen. Ich wollte es weiter schaffen, einen guten Job bekommen. Nicht so wie andere aus meiner Familie. Irgendjemand musste es weit bringen und meine Schwester hatte es sich verspielt mit ihrem Umzug nach Island. Sie tat es nur wegen dem Geld, hatte jedoch dort noch weniger Erfolg erfahren. Also,lag es nun an mir.
Langsam ging ich die Stufen nach oben und betrat eine nicht ganz so Lehre Wohnung. Kurz stockte mein Atem. Auf dem Boden lagen die meisten Menschen, andere lagen auf der Couch und wenige auf den Tischen. Immer noch war leise Musik von weiter hinten wahrzunehmen. Flaschen und weiteres Essen befanden sich überall. Von unseren Wohnung war nichts übrig geblieben. Kathy jedoch stand beinahe direkt vor mir und kam auf mich zugelaufen, fiel mir angeheitert um den Hals. Mein Gleichgewicht verschwand. Sie Luft fehlte immer noch. Sie lachte und konnte damit gar nicht aufhören.
" Hashtag beste Party."
Ihr Lachen ertönte in meinem linken Ohr. Sie hatte mehr als genug getrunken.
"Du bist schon wach?" Verwundert schob ich sie von mir weg, blickte sie skeptisch an und musterte sie. Sie hatte sich umgezogen, trug nun eine Hose. Bevor ich sie darauf ansprechen konnte, wiederholte ich die vorige Frage erneut. "Seit wann bist du wach?". Allerdings war ihre Antwort nur ein verächtliches Augenrollen.
Hieß wohl das die Party noch kein Ende gefunden hatte. Zumindest nicht für sie. Erneut fiel sie mir um den Hals, schrie erneut mir ins Ohr."Ich liebe Alkohol."
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wunderschöne Lügengeschichten (Cro Ff)
FanficIn manchen Augen kann man sich verlieren. In seinen jedoch ertrank ich. Je länger man sie sich ansah, je mehr bemerkte man die Ehrlichkeit in ihnen, aber noch mehr erkannte man all seine Lügen. Jede einzelne Lüge stand für eine Besonderheit in seine...