25. Kapitel

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Nachdem Rose weg war, spürte ich eine furchtbare Leere in mir, aber ich hatte keine Zeit, um mich meiner Traurigkeit groß hinzugeben. Die anderen brauchten mich jetzt.

Ich atmete tief durch, dann zog ich das Tuch wieder von dem Käfig und suchte nach einem Schloss, um denselben zu öffnen. Nur ... war da keins.

Ich runzelte die Stirn. Wie ging das Ding sonst auf? Ich versuchte, die Kuppel aus dichtem Draht von dem Boden zu drehen - und zog sofort die Hände weg. Eisen. Das war ja klar gewesen.

Die Feen auf dem Boden lagen auf einem Polster aus Stoff, so dass sie das Eisen nicht berührten. Amelina wollte sich ihre Unikate für die Wand natürlich nicht beschädigen., dachte ich bitter. Wie sollte ich das hier jetzt aber aufkriegen?

Man, denk nach Hill! Jede Sekunde, die ich hier hockte und grübelte, war eine zuviel. Ich löste mich vom Käfig und tigerte im Zimmer umher, um besser denken zu können. Es half, denn plötzlich kam mir eine Idee.

Ich kniete mich vor den Käfig, holte tief Luft, packte ihn dann erneut und drehte mit einem Ruck an der oberen Kuppel aus Draht.

Sie löste sich.

Also doch. Ein einfacher Dreh-Mechanismus. Ich nickte zufrieden, dann erst fiel mir das Brennen an meinen Händen auf und ich ließ das vom Käfig gelöste Teil  hastig fallen. Die Handfläche waren gerötet und an der rechten Hand hatten sich kleine Blasen gebildet. Ich verzog angeekelt und vor Schmerz das Gesicht.

Dann aber riss ich mich zusammen. Ich nahm die Feen vorsichtig von dem Polster, ignorierte den Schmerz, den mir meine Handflächen beim Greifen signalisierten, drehte mich um und huschte wenig später durch die Gänge des Palastes. Was hatte Amelina nochmal gesagt? Atzek und Lorenz waren in einem Turmverließ und Szaran in dem anderen Turmverließ. Uff ... Wo hatten sich die Türme befunden an diesem Palast? Ich war mir sicher, dass es von außen nicht so ausgesehen hatte, als wären es nur zwei gewesen, sondern deutlich mehr. Na toll ... Da stand ich jetzt also auf dem Gang mit den beiden Feen in der Hand und wusste schon wieder nicht weiter. Man, komm schon Hill ... was jetzt? Was jetzt?! Was?

Die Entscheidung wurde mir abgenommen, denn plötzlich hörte ich Schritte auf dem Gang, die näher kamen und der Schreck zuckte eiskalt durch mich hindurch. Wenn mich jetzt emand fand, war alles aus.

Mein erster Impuls war Verwandeln, aber dann fielen mir wieder die Feen in meiner Hand ein. Wie konnte ich sie tarnen oder verstecken?

Die Schritte kamen näher und mein Herz klopfte heftig. Dann verwandelte ich mich doch - in eine Katze - und kauerte mich mit den Feen zwischen meinen Vorderpfoten in eine dunklere Ecke des Ganges und kniff instinktiv die Augen zu, bis die Person vorbei war und ich die Schritte nicht mehr hören konnte. Erst dann  wagte ich es wieder, mich zu bewegen oder auch nur zu atmen.

Ich wollte mich schon wieder verwandeln, da überlegte ich es mir anders. Vorsichtig nahm ich die beiden Feen zwischen die Zähne und flitzte dann als Katze weiter. Dabei achtete ich gut darauf, immer im Schatten zu bleiben. Bald kam ich wieder in belebtere Teile des Schlosses und es wurde zunehmend schwieriger, unentdeckt zu bleiben. Als ein Mann schließlich stehen blieb und genau die Stelle fixierte, an der ich im Schatten an die Wand geschmiegt verharrte, rechnete ich sogar schon fast damit, dass ich entdeckt worden wäre, aber dann lief er doch weiter und ich atmete auf. Aber nur kurz, denn kaum hatte ich mein Versteck verlassen, traten aus einer Tür wieder Menschen in den Gang und ich schaffte es gerade noch so, mich unter eine Kommode zu retten. Dort legte ich die Feen vorsichtig ab und blieb schwer atmend liegen.

So ging das nicht weiter. Wie sollte den ganzen Palast schnell absuchen, wenn ich ständig nur aufpassen musste, dass mich keiner sah? Mir musste etwas einfallen, wie ich mich in etwas unauffälliges verwandeln und trotzdem schnell sein und die Feen transportieren konnte. Aber in was? In was? Ich war kurz davor, meinen Kopf auf die Erde zu hauen, um den Denkprozess vielleicht zu beschleunigen, als es mir wie Schuppen von den Augen fiel.

RabenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt