26. Kapitel

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Nachdem die Feen verschwunden waren, war es beinahe schon lächerlich einfach, Szaran zu befreien und aus dem Palast zu kriegen. Sobald ich unter freiem Himmel gewesen war, hatte ich ich in einen Greif verwandelt und hatte Szaran aus der Stadt hinaus in einen der Wälder gebracht. Der eigentlich kniffelige Teil kam erst jetzt.

Ich konnte Szaran nicht mit dieser Verletzung alleine lassen, aber ich musste es notgedrungen tun, denn Rose hatte gesagt, dass für Lorenz jede Sekunde zählte.

Also ließ ich Szaran schweren Herzens liegen und flog in Rabengestalt zurück zum Palast. Dieses Mal fand ich den Kerker leichter, aber es dauerte ewig, bis ich die Zellen fand, in denen sich Atztek und Lorenz befanden. Obwohl Brida, die wieder zu mir gestoßen war, mir half.

Die Suche im Palast hatte ich wieder in Katzenform bewältigt und als ich mich jetzt verwandelte, weiteten sich Atzteks Augen ungläubig.

"Hill, was ...?"

"Scht! Amelina ist wahrscheinlich tot.", sagte ich, "Rose kümmert sich im Moment um sie und Szaran ist ... zumindest nicht mehr im Palast. Und jetzt hole ich euch hier raus."

"Lorenz reagiert nicht mehr, wenn ich ihn anspreche.", sagte Atztek verzweifelt, "Gib ihm mein Kopftuch, sonst hält er das nicht durch."

"Ich habe eine bessere Idee.", sagte Brida und flatterte durch die Gitterstäbe auf Lorenz zu, der zusammengerollt am Boden lag. Dann ließ sie sich auf seinem Kopf nieder und legte die Flügel flach auf.

Es schien Wirkung zu zeige, denn Lorenz regte sich und richtete sich schließlich langsam auf.  "Was ...?", fragte er verwirrt. Sein Blick wirkte seltsam glasig.

"Es funktioniert.", freute sich Brida.

"Vielen Dank." Atzteks Stimme zitterte ein wenig vor Rührung.

"Los raus hier.", sagte ich. Die Gittertüren waren nicht verschlossen und wir schafften es ungesehen (vermutlich Dank Ranah, der laut Brida immer noch für Chaos sorgte) aus dem Palast.

Dann liefen wir durch die Stadt und kamen ebenfalls ohne Zwischenfälle bis zum Staddtor. Auch dort hatte man wohl noch nichts von Amelinas Verschwindeoder dem Tumult in dem Palast gehört, denn wir konnten ungehindert passieren. Draußen und wieder im Wald drängte ich zur Eile, denn zu Fuß würde es viel länger dauern, bis wir an die Stelle gelangen würde, wo Szaran lag und ich hatte solche Angst um ihn.

Was, wenn es schon längst zu spät war, wenn wir ankamen? Was wenn er dann schon ... Allein bei der Vorstellung traten mit dir Tränen in die Augen und ich bekam keine Luft mehr. Nein! ich durfte nicht daran denken. Er würde sich wieder erholen und wir würden zusammen in unser Dorf zurückkehren.

Im selben Gedankenzug fiel mir auch Rose wieder ein mein Herz krampfte sich ein weiteres Mal zusammen. Würde sie mit Amelina fertig werden? War sie überhaupt fähig, jemanden zu töten? Ihr Blick war so kalt gewesen und sie hatte so entschlossen gewirkt, aber was, wenn sie es letztendlich doch nicht konnte und Amelina entkam? Oder noch schlimmer: Wenn Amelina ihr etwas antat? Rose hatte gesagt, dass wir uns in unseren Dorf wiedersehen würden. Der Weg dahin erschien mir so unendlich lang. Und unendlich würde auch die Zeit sein, bis ich sie da wiedersehen würde. Hätte mir jemand vor wenigen Wochen gesagt, dass ich meine Schwester einmal so vermissen würde, ich hätte gelacht und ihn nicht ernst genommen. Aber es stimmte: Ich vermisste Rose so sehr, dass es richtig weh tat. ich hatte es verdängt und nicht wahrhaben wollen, aber ich liebte sie und wir hatten nur noch einander.

Wieder stiegen mir die Tränen in die Augen, aber ich blinzelte sie weg. Ich konnte jetzt nicht losheulen. Wir mussten es zurück ins Dorf oder wenigstens erstmal zurück über die Grenze schaffen. Dann konnte ich zusammenbrechen und mich gehen lassen, aber nicht jetzt.

RabenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt