14. Kapitel

32 3 0
                                    


Also blieb ich notgedrungen im Seher-Dorf und auch, dass es mir bald besser ging und ich wieder aufstehen und gehen konnte (und durfte),war nur ein schwacher Trost.

Wie sich herausstellte hatte Atztek noch zwei Geschwister. Eine ältere Schwester, Rika, und einen jüngeren Bruder, Lorenz.

Die drei waren Drillinge (, was Lorenzzu Atzteks Missfallen immer wieder betonte).

Ich versuchte mich so gut es ging in die Gesellschaft der Seher einzubringen, aber trotzdem verging keinTag, an dem ich nicht wenigstens einmal an Mutter, Rose und Szaran dachte und deshalb traurig wurde.

Die Soldaten hatten das Dorf wirklich vollständig umstellt.

Man sah sie nicht, aber wenn man auch nur einen Schritt aus dem Dorf machte, waren sie sofort da und trieben einen zurück.

Obwohl die Seher, als sie den Gestaltenwandlern geholfen hatte, so viele von ihnen getötet hatten, waren es jetzt noch mehr als vorher, denn die, die zuvor bei den Feengewesen waren, waren jetzt hier.

Die Seher hatten Wachen aufgestellt, aber so wie es im Moment aussah, waren die Soldaten nicht an einem Angriff interessiert. Zumindest vorerst nicht, aber sie konnten ja nicht ewig nur abwarten.

Einen Abend saß ich wieder am Fenster und sah raus auf den Wald.

Irgendwo dahinten war mein Dorf, wo mich wahrscheinlich alle für tot hielten. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was sie gerade durchmachten.

Lorenz kam mit Gepolter ins Zimmer (so kam er immer irgendwo rein oder an.)

„Alles gut bei dir?", fragte er mich.

Ich drehte mich zu ihm um und nickte lächelnd – ein erzwungenes Lächeln. „Na klar, alles gut."

„Komm doch runter.  Atztek und ich wollten jetzt Schach spielen. Willst du auch?"

„Schach?", fragte ich. Natürlich hatte ich davon schon gehört, aber für Gestaltenwandler waren Spiele Zeitverschwendung.

„Kennst du das nicht?", fragte Lorenz beinahe entsetzt.

Ich wurde rot.

„Ich hab schon davon gehört, aber ich weiß nicht, wie man das spielt."

„Dann komm. Wir zeigen es dir."

Ich stand auf und folgte Lorenz runter in die Küche.

Das Haus oder besser gesagt alle Häuser der Seher waren riesengroß. Kein Vergleich zu den kleinen Hütten von uns.

Unten am Küchentisch saßen Rika, Atztek und Atzteks Mutter am Tisch. Atzteks Vater war bei einer Ratsversammlung der Seher.

Am Anfang versuchten Atztek und Lorenz noch, mir Schach zu erklären, aber da ich mich nicht richtig konzentrieren konnte, ließen sie es bald und spielten nur eine Partie nach der anderen.

Beide waren gleich gut, auch wenn Lorenz schneller entschied, dafür weniger nachdachte.

Als es schon dunkel draußen wurde, kam auch Atzteks Vater zurück, allerdings mit düsterer Miene.

Als Rika und Lorenz gingen, mussten ich und Atztek noch in der Küche bleiben.

„Also...", meinte Atzteks Vater,„... Ich war ja gerade beim Rat und... also..." Er druckste einwenig herum. „Sie... sie haben dann auch das Thema mit den Soldaten angesprochen... und ein großer Teil sieht sie als große Bedrohungund deshalb....... haben sie beschlossen, dass... also... dass Hill nicht mehr hier bleiben darf."

„Was?!", platzte es aus Atztek heraus, „Warum?! Die Soldaten sind doch nicht nur hier, weil sie es auf Hill abgesehen haben."

„Das habe ich auch gesagt, aber letztendlich ist die endgültige Entscheidung gefallen und... ach Hill es tut mir Leid."

„Ist schon in Ordnung.", sagte ich mechanisch. Irgendwie hatte ich so etwas ja auch schon erwartet. Es war einfach zu perfekt gewesen bis jetzt.

„Und jetzt?", fragte Atztek beleidigt, „Wollen sie sie den Soldaten übergeben?"

„Nein. Natürlich das nicht. Sie wollen eine Gruppe zusammen stellen, die Hill sicher aus dem Dorf und zurück in ihr Dorf bringen wird."

„An den Soldaten vorbei?"

„Ja."

„Aber wie?!"

„Ganz ausgereift ist der Plan noch nicht, aber so ist erst einmal der Grundgedanke und bis er ausgeklügelt ist, bleibt Hill natürlich noch hier."

„Wie lange wird das dauern, bis ich weg muss?", fragte ich.

Atzteks Vater zuckte mit den Schultern,„Ich weiß nicht genau... Aber wahrscheinlich schon ein paar Wochen."

Ich nickte, hatte aber keine Ahnung, ob dass jetzt eine gute oder eine schlechte Nachricht war. Einerseits wollte ich zurück nach Hause zu Mama, Szaran und ja sogar zu Rose, aber ich wollte auch hier bleiben.

Warum hatte es sich auch so kompliziert entwickelt?!





RabenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt