Kapitel 12

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Anna POV

Es tat so weh. Aber irgendwie tat es auch gut. Ich konnte das Gefühl nicht beschreiben. Aber es war niemand da, der mich für das verurteilte, was ich tun wollte. Loslassen. Niemand würde mich verurteilen, weil sie alle meine Reise kannten und wussten, wie sehr ich unter all den Qualen litt. Ich wusste nicht, ob ich schrie. Ich bekam gar nichts mit. Es war einfach komisch, als ob ich in einer anderen Welt wäre. In einer Welt voller Schmerzen. Aber auch in einer schönen Welt. Es war einfach merkwürdig.

"Hallo?  Hören Sie mich?" Ich gab krumme Reaktion. Besser jetzt alleine sterben. Thomas Würde es später erfahren und er könnte nichts mehr dagegen tun. Mein Bett wurde aus dem Zimmer geschoben. Ob ich Angst hatte? Nein. Irgendwie wusste ich, dass es passieren würde. Und irgendwie freute ich mich jetzt auch auf die Erlösung. Ich war so froh, dass ich jetzt alles hinter mir lassen konnte. Klar, ich konnte mich nicht von Thomas verabschieden, aber da wir uns jedes Mal, wenn wir uns trennen mussten, so verabschiedeten, als ob es für immer wäre,  machte es mir nicht allzu viel aus. Außerdem wusste ich, dass ich ihm eine riesige Last abnahm. Er würde es niemals zugeben aber es war ihm doch in letzter Zeit zu viel gewesen, sich auch noch um mich zu kümmern. Und das rund um die Uhr.
Mein Herz raste und Panik durflutete mich. Aber auf der anderen Seite sehnte ich mich jetzt auch wirklich nach dem Jenseits. Ich wusste nicht, ob es so etwas wie das Jenseits gab, aber ich glaubte, dass es da etwas gab. Es konnte ja nicht einfach schwarz sein.

Ich merkte, wie mehr und mehr Panik mich erreichte. Aber es war nicht meine eigene. Vermutlich wussten die Ärzte, dass es jetzt vorbei war. Jetzt mussten sie sich damit abfinden.

Und plötzlich passierte es. Ich löste mich aus meinem Köper. Ich spürte, wie ich hinaus geleitete. Und es fühlte sich gut an. Ich streifte meine äußere Hülle ab. Die Hülle voller Schmerzen, Plagen und Gewicht. Ja, sie war schwer. Und nun war ich ein Nichts. Völlig leicht und ohne jeden Widerstand. Um mich herum war alles ganz hell. Als ich in einer Ecke des Raums einen noch helleren Abschnitt sah, wollte ich darauf zugehen. Aber ich traute mich nicht. Viel zu lange war ich nicht mehr gegangen. Doch meine Muskeln wussten scheinbar was ich wollte und setzen meine Beine in Bewegung. Geschmeidig, leicht und mit sicheren Schritten ging ich auf das Licht zu. Und dann sah ich sie. Meine Mutter. Sie war nur eine wage Gestalt. Nur ein Hauch im Wind. Sie streckte mir die Hand entgegen. Ohne zu zögern, aber dennoch langsam, hob ich meine Hand um sie mit ihrer zu vereinen. Dann sah ich, dass auch ich nur ein schwaches Abbild von mir selbst war.

Ich lächelte zufrieden, als ich die Finger meiner Hand mit denen meiner Mutter verschränkte.

Jetzt würde endlich alles gut werden.

Ist es sein Schicksal? -DylmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt