Epilog

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Dylan POV

Es war schrecklich. Der schlimmste Tag meines Lebens. Die Beerdigung. Ich hatte versucht, alle seine Wünsche zu erfüllen und hatte dennoch das erdrückende Gefühl, etwas vergessen zu haben. Alle hielten eine kleine Rede und jede einzelne brachte mich immer und immer wieder ein weiteres Mal zum weinen. Ich wollte einfach nur noch nach Hause und mich dort auf dem Sofa weinend zusammen rollen, so wie ich es die letzten Tage immer getan hatte. Doch auch ich war noch dran mit meiner Rede. Der Pastor sagte etwas und nickte mir dann zu.

Mit wackeligen Knien und verheulten Augen ging ich also nach vorne in Richtung Sarg. Noch war es nicht zu spät. Ich könnte mich immer noch umdrehen und weglaufen. Weglaufen und nie mehr stehen bleiben. Doch nicht einmal das machte ohne ihn Sinn. Ich zwang mich dazu, tapfer zu sein und weiterzugehen. Ich atmete tief durch bevor ich meinen Blick in den Sarg richtete. Dort lag er. So wunderschön. Er war ganz blass und hatte die Augen geschlossen. Er sah so friedlich aus. Jetzt wo endlich alles Leiden ein Ende hatte. Die Schmerzen und die ewige Ungewissheit, die Trauer um seine Schwester. All das war jetzt nur noch eine verblasste Erinnerung, denn wir lebten im hier und jetzt. Und was jetzt war, war, dass er tot war. Das wird er immer sein. Niemals wird er zu mir zurückkommen. Nie.

Weinend ging ich zu der Stelle, wo auch die anderen gestanden hatte, als sie sprachen. Ich räusperte mich, leider ohne Erfolg. Meine Stimme blieb brüchig und sehr leise. Aber so würde er vielleicht nicht hören, was für einen Quatsch ich über ihn erzählte, welche Klischees ich bediente.
"Thomas.", begann ich leise. "Ich habe dich immer aufrichtig geliebt und du warst der einzige für mich. Ich wollte einen nächsten Schritt tun. Doch ich habe zu lange gebraucht. Es ist meine Schuld, dass du es nicht mehr erfahren konntest. Ich hoffe deswegen umso mehr, dass du das hier alles mithörst. Du hast immer gemeint, dass du nie dieser durchschnittliche Teenager-Junge sein konntest. Das vielleicht nicht, aber all die Jahre haben aus dir einen wundervollen und starken Menschen gemacht. Ich wollte, ich hätte länger Teil deines Lebens sein können, aber das habe ich nicht. Ohne Hollands Zusammenbruch hätte ich dich nie im Krankenhaus kennengelernt, mich nie verliebt. Und ich wäre niemals so glücklich gewesen. Ich liebe dich über alles, Tom, und das wird immer so bleiben. Leb glücklich da oben mit deiner Schwester und deinen Eltern und warte auf mich, so wie ich darauf warten werde, wieder mit dir vereint zu sein. Dann aber für immer."

Eigentlich hätte ich noch viel mehr sagen wollen aber ich konnte nicht mehr. Die Tränen strömten nur so über meine Wangen und nahmen mir die Luft weg. Der Kloß, den ich seit Wochen im Hals hatte, schien noch weiter anzuschwellen und mich von innen aufzufressen als ich erneut an den Sarg trat. Todesursache: Von einem Monster von innen nach außen zerfressen. Bei ihm war es nicht anders gewesen. Der Krebs hatte immer wieder ein Stück von ihm gefressen, unaufhaltsam war er gewesen. Und er hatte sich erst stoppen lassen, als er sein Herz für immer angehalten hatte. Ich neigte mich leicht in den Sarg hinein und griff nach seiner Hand. Sie war so kalt aber trotzdem weich. Ich steckte ihm den kleinen goldenen Ring an den Finger und küsste ihn dann. "Wir sehen uns auf der anderen Seite, Mister O'Brien."

Ist es sein Schicksal? -DylmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt