ACHTUNDZWANZIG

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Die nächste Woche verging, ohne dass Sam und ich viele Worte miteinander wechselten. Was allerdings nichts schlechtes war, die Stimmung zwischen uns war bei weitem nicht mehr so angespannt, wie noch vor ein paar Tagen. Trotzdem war er noch immer mit Laura zusammen und das ärgerte mich mehr, als es sollte. Immerhin hatte ich mir inzwischen eingestanden, dass ich hoffnungslos in ihn verliebt war.

Leo und ich hatten nicht mehr über den Vorfall auf den Demon Hills gesprochen, auch wenn er Dad irgendwie erklären musste, warum er seinen Wagen zu Schrott gefahren hatte. Dieser war wenig begeistert davon gewesen, da er ohnehin schon von seiner Arbeit gestresst war und erst vor kurzem den Kredit für unser Haus abbezahlt hatte. Da konnte er kaum die Reparatur bezahlen, von einem neuen Auto ganz zu schweigen.

Noch schlimmer wurde es aber, als das Jugendamt bei uns anrief und ankündigte, eine Mitarbeiterin vorbei zu schicken, die sich unsere familiäre Situation näher anschauen sollte. Seit dieser Nachricht hatte ich nachts kaum mehr ein Auge zugetan. Und Dad wahrscheinlich auch nicht.

Nicht, weil ich es schlimm fand, dass wir beinahe jeden Abend nur Pizza bestellten, uns bis in die Nacht Filme rein zogen, obwohl Leo und ich am nächsten Tag Schule hatten, oder unsere schmutzigen Klamotten Wochen brauchten, um den Weg in die Waschmaschine zu finden. Sondern, weil ich wusste, dass die Frau vom Jugendamt es schlimm finden würde.

Ich hatte mich in den letzten Jahren eigentlich ziemlich gut an unser verkorkstes Familienleben gewöhnt. Und auch meine Freundinnen und Leos Freunde kamen damit klar, aber so locker sah das natürlich nicht jeder. Und das wussten wir alle. Und selbst als uns die Nachbarn des öfteren schief angesehen hatten, hatten wir das nie besonders ernst genommen.

Aber an diesem Wochenende musste alles perfekt sein. Dad musste einen auf super ordentlichen und verantwortungsbewussten Erziehungsberechtigten machen. Und Leo und ich hatten dafür zu sorgen, wie glückliche Kinder auszusehen.

Bereits am Freitagsabend wuselte jeder von uns in einem anderen Bereich des Hauses umher, um für Ordnung zu sorgen. Ich staubsaugte in meinem, Leos und Dads Zimmer und in der Stube und wischte das Bad, die Küche und den Eingangsbereich.

Mein Bruder kümmerte sich um die Abstellkammer und den Dachboden und bezog die Betten frisch. Und Dad wusch den Wagen, mähte den Rasen vor dem Haus, goss die Blumen und verpasste der Gartenbank einen neuen Anstrich.

Und als dann schließlich auch noch Rosie und Harriet und ein paar von Leos Freunden herein schneiten, um Fenster zu putzen, den Kühlschrank zu bestücken und zu kochen, war es beinahe vollbracht.

Doch die Tatsache, dass Sam nicht da war, um zu helfen, machte mich ein bisschen traurig und vermutlich musste das auch Leo mitbekommen haben, denn als ich alleine auf der Veranda saß, nachdem die anderen uns viel Glück für morgen gewünscht und dann gegangen waren, setzte er sich zu mir und tat etwas ziemlich Merkwürdiges.

Er legte seinen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich heran. „Mach dir keine Sorgen, es wird schon allen gut gehen", versuchte er mich aufzumuntern.

Ich seufzte und nickte. „Ja, ich denk auch. Wir haben an alles gedacht, oder nicht?", fragte ich unsicher.

„Ja, haben wir." Leo lachte. „Du warst übrigens super heute. Wie du den Staubsauger geschwungen hast, sah schon ziemlich heiß aus. Wenn du nicht meine Schwester wärst, dann-"

„Eww, Leo, du bist widerlich", unterbrach ich ihn angeekelt und schlug ihm mit der Hand gegen die Brust.

Mein Bruder lachte jedoch nur dümmlich und ich wusste, dass er mich bloß auf andere Gedanken bringen wollte. Und er schaffte es. Für einen Moment vergaß ich sogar Sam und den blöden Plan, der völlig schief gegangen war, und dass ich Gefühle für ihn hatte und das war auch ganz gut so. Ich musste mich voll und ganz auf morgen konzentrieren.

sweet valentineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt