Er...? Von allen Menschen, die es möglicherweise hätten sein können, war er es gewesen? Die ganze Zeit...?
"Wie-, wie hast du-", stotterte ich und deutete konfus die Augenregion an. Er lächelte, kramte in seiner Hosentasche und brachte zwei kleine Fläschchen zum Vorschein. "Gefärbte Kontaktlinsen. Haben besser zu dem Arschloch gepasst, das ich mimen musste." Er steckte sie wieder ein und wollte mir näher kommen, aber ich wich vor ihm zurück. Er war so schlecht zu mir gewesen, die ganze Zeit lang und selbst dann noch, als er angefangen hatte, mir zu schreiben. Mik hielt inne und schüttelte mit einem ungläubigen Ausdruck langsam seinen Kopf, während er sich nervös die Haare raufte. Jegliche Coolness war wie weggeblasen. "Gut, dann-, dann gehen wir es anders an. In den Briefen stand die Wahrheit, das musst du mir glauben. Ich hasse dich nicht und ich wollte dir nie etwas antun. Sogar in der Kunststunde war ich einzig und allein wütend auf mich selbst gewesen und dass ich aus versehen dein Bild zerrissen habe, tut mir schrecklich leid!"
"Lügner, du hast mich andauernd ausgelacht! Warum sollte ich dir glauben Marik? Wieso ausgerechnet dir?", polterte ich zurück und riss ihm den Zettel aus den Händen, den er mir zuvor entwendet hatte. Nur war es nicht der selbe. Auf diesem stand bloß in den gleichen kursiven Buchstaben:
Ich liebe dich, Kostas!
Bitte glaube mir.
Marik"Nein, ich habe dich nicht ausgelacht. Seit dem ersten Schultag nicht mehr. Das hast du dir eingebildet, weil du es so erwartet hast. Auch jedes Mal, als ich dich irgendwie in die Gruppe schleusen wollte, hast du gedacht, sie und ich wollten dir etwas schlechtes antun. Schau mich an, bitte. Unter deinen seelischen Narben bist du ein anderer. Ich finde deine Art überhaupt nicht schlimm oder zum Schämen! Für mich bist du der hübscheste Junge, den ich kenne! Das musst du mir glauben!"
Aber ich konnte ihm das nicht einfach abnehmen! Ich hatte mir das alles nur eingebildet? Never! Mik war ein-, ein-, verdammter Mistkerl!, dass er Annas Informationen und meine Gutgläubigkeit so ausnutzte! Hastig kroch ich vom Bett und stolperte zur Tür, als sich seine weiche, warme Hand wieder sanft um mein Handgelenk wand und mich durch hauchzarten Druck stoppte. Unwillentlich wurden meine Knie durch seine Berührung so weich wie Wackelpudding und mein Herzschlag schwoll auf die doppelte Geschwindigkeit an. Es wäre in Wahrheit doch einfach nur so schön gewesen...! Wenn das zwischen uns wirklich funktioniert hätte! Aber das tat es nicht, richtig? Mein Kopf focht einen Kampf gegen meinen Körper aus, Verstand gegen Herz! Beide schrien einander an, dass Mik log, dass ich Mik brauchte, dass seine Gefühle nicht seinen Worten entsprachen, dass er sich verändert hatte! Während meine Hand zitternd auf der Klinke ruhte und nicht genügend Kraft aufbringen konnte, um sie herunterzudrücken, kam der Junge vorsichtig näher und schob sich langsam und besorgt zurück in mein Blickfeld.
Als ich ihm diesmal in die sehnsüchtig glimmenden Augen schaute, fesselten sie mich wie zuvor, als sie noch eisblau waren. Nur dieses Mal waren sie noch schöner, noch perfekter. Ich versank in ihnen, ohne das ich es wollte oder ich mich gegen mein inneres Chaos wehren konnte. Widerstandslos ließ ich seine Berührungen zu, er streichelte kurz meinen Handrücken und verschränkte seine Finger dann mit meinen. "Ich würde es dir so gerne auch öffentlich beweisen, aber das kann ich erst im August, wenn ich achtzehn geworden bin und von meinen Eltern weg kann. Bitte gib mir trotzdem diese Chance. Ich liebe dich so sehr Kostas, bitte!" Und obwohl es meinen mich warnenden Gedanken widersprach, beugte ich mich rasch vor und küsste Mik einfach stürmisch, als sei es die einzige Rettung für eine unheilbare Krankheit.
Zwei gefühlsgeladene Barrieren prallten aufeinander, verlangend und zugleich doch so zerbrechlich. Endlich durfte ich durch die schwarzen Haare und über die weichen Wangen streichen, bevor ich mich kurz und schwer atmend von ihm löste. "Du hast... mir viel zu erklären!", stotterte ich mit schwankend hoher Stimme und leicht tränenden Augen. Marik nickte bestätigend und nicht weniger von dieser Situation bewegt und verband unsere Lippen daraufhin liebevoll wieder miteinander.
Obwohl die letzten Tage und Wochen so verworren, so hindernisreich und nervenaufreibend gewesen waren, war ich nun dennoch glücklich. Etwas hatte sich endlich zum Positiven gewandelt in meinem verkorksten Leben! Wenn es denn wirklich, wirklich stimmte, wurde soeben ein Traum für mich wahr! Nichts hatte sich so aufgelöst wie erwartet, sondern sogar noch sehr viel besser, sollte Mik nach seinem Geburtstag tatsächlich auch die letzten Probleme zwischen uns beseitigen können. Ich liebte ihn, daran hatte sich wohl bis heute trotz all dem Ärger vermutlich nie wirklich etwas verändert.
Etwa vier Jahre später...
Ich wachte in meinem kleinen Schlafzimmer auf und langte als erste Tat heute nach meinem Handy. Mik hatte zwar schon früh am Morgen aufstehen müssen, aber hoffentlich hatte er noch die Zeit gefunden, mir kurz zu schreiben.
Fehlanzeige, von Whatsapp war keine Nachricht eingegangen. Etwas säuerlich stieß ich meine angestaute Atemluft aus. Er merkte sich nie von alleine meinen Geburtstag, hatte er schon in den letzten Jahren nicht. Dieses Mal hatte er es mir versprochen, daran zu denken, doch wieder war nichts passiert.
Ich seufzte niedergeschlagen. Das würde zwar nicht zu einem Grund werden, ihn deswegen zu verlassen, aber von seinem festen Freund konnte man sich wohl mal den Geburtstag merken! Und als ich dann noch sah, dass er stattdessen die Zeit gefunden hatte, ein Youtube-Video hochzuladen, war alles zu spät. Bockig wischte ich die Nachricht beiseite und rappelte mich auf. Auch für mich ging es bald los, meine Sportgruppe wartete auf ihren Trainer. Lustlos machte ich mich bereit, um das Haus zu verlassen, doch ich stoppte kurz vor der Schwelle. Jemand hatte mir einen Zettel durch die Wohnungstür geschoben und an der schönen, filigranen Handschrift erkannte ich auch sofort wer:
Guten Morgen, Geburtstagskind!
Natürlich habe ich es dieses Jahr
nicht vergessen! Schau mal auf
meinem Youtubekanal vorbei,
dort gibt es eine kleine
Überraschung für dich.
Hoffentlich gefällt es dir! Bis
heute Nachmittag. Küss dich
tausendmal, mein Schatz.Mik hatte tatsächlich doch daran gedacht und das Video war also sein Geschenk an mich. Wie süß, sofort nahm ich jeden meiner Zweifel zurück und ich kramte hastig nach meinem Handy.
Das Lied, das er für meinen zweiundzwanzigsten Geburtstag geschrieben hatte, hieß Déjà Vu.
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Na, wie warn eure Zeugnisse? Alleman zufrieden?
Später kommt noch das Zusatz Kapitel! ;)
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Mir fehlt der Mut (#Kostory)
Fanfic"Wenn ein Mensch ständig und andauernd auf perfekt und über-cool tut, dann hat das seinen Grund! Dann kann es sein, dass dieser Person in Wirklichkeit etwas sehr wichtiges fehlt." Seit der siebten Klasse ist Kostas ein Außenseiter, Tollpatsch und Ta...