>> Kapitel 5 <<

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Ein sanftes Rütteln an Becca's Arm holte sie aus meiner Bewusstlosigkeit. Erschrocken zuckte sie zurück und hielt kampfbereit ihre geknebelten Fäuste in die Höhe. Doch als sie Livs Gesicht erkannte, beruhigte sie sich augenblicklich. Sie war gesund, auch wenn sie nicht so aussah. Die Stelle an ihrem Auge, wo der Typ sie mit der Hand getroffen hatte, wurde allmählich blau und dick.

Becca spürte Liv's Finger unter ihrem Kinn und beobachtete sie dabei, wie sie ihr Gesicht drehte und musterte.

„Das muss vielleicht genäht werden", diagnostizierte Liv und deutete auf ihre Wange. Jetzt spürte auch sie dieses tiefe und schmerzhafte Brennen kurz unter ihrem Auge. Genauso wie die aufgeplatzte Lippe. Vorsichtig tastete sie die Stellen mit ihren Fingern ab und spürte eine Platzwunde, aus der ein wenig Blut herausgeflossen war.

Als Becca bemerkte, dass sie alleine im Wagen waren, sah sie sich hektisch um. Gleichzeitig versuchte sie die Fesseln um ihre Handgelenke zu öffnen. Vergebens, es waren Kabelbinder und die würde sie niemals so aufbekommen.

„Wo sind die?", fragte Becca sofort und versuchte sie durch die getönten Scheiben ausfindig zu machen. Obwohl sie Stimmen hören konnte, war das nachts mit getönten Scheiben gar nicht so einfach.

„Zigaretten holen", erklärte Liv und deutete auf einen kleinen Spätkauf, vor dem jetzt auch Becca die drei Typen erkennen konnte.

Diese rutschte zur Tür und rüttelte vorsichtig daran.

„Die sind zu", bemerkte Liv mit leiser Stimme. Auch ihre Hände waren gefesselt, wie Becca in diesem Moment feststellte. „Die haben vorhin abgeschlossen, ehe sie raus sind."

Becca sah mich um, versuchte einen Gegenstand zu finden, den man eventuell als Waffe benutzen konnte. Sie lehnte sich über die Rückbank und durchwühlte mit gefesselten Händen den Kofferraum. Auch dort war nichts Brauchbares zu finden. Als ihr Blick jedoch auf den Griff des Kofferraums fiel, hielt sie inne.

„Sag Bescheid, wenn sie wiederkommen!", wies sie Liv an, und krabbelte über die Sitze in den Kofferraum.

„Was hast du vor?", fragte Liv in einem zischenden Ton und sah sich augenblicklich nach den drei Männern um.

Vorsichtig rüttelte Becca an dem Schloss des Kofferraums und stellte fest, dass dieser leicht von innen zu öffnen war.

„Liv! Haarklammer!" Becca beobachtete Liv dabei, wie sie sich eine kleine Klammer aus ihren dunkelblonden Haaren zog und ihr reichte. Becca beugte sich nach unten und steckte die Haarnadel in den kleinen Schlitz zwischen Klappe und Boden. Vorsichtig bog sie die Klammer so, dass sie unter dem kleinen Häckchen hängen blieb, sie sie drehen konnte und so das Schloss des Kofferraums aufging.

„Woher kannst du so etwas?", fragte Liv verblüfft, als Becca ihr eifrig zuwinkte, dass sie sofort zu ihr klettern sollte.

Becca schluckte, als sie daran dachte, wie sie das beigebracht bekommen hatte.

„Murphy", war das Einzige, was sie raunte und streckte ihren Kopf vorsichtig nach oben. Die Typen standen noch immer im Halbkreis und mit dem Rücken zu ihnen und rauchten ihre Zigaretten.

„Ich werde gleich die Klappe öffnen und dann wirst du laufen, okay? Dreh' dich nicht um! Lauf einfach – egal was passiert, klar?"

Liv nickte mit glasigen Augen und biss sich auf die bibbernde Unterlippe.

„Wir schaffen das. Ich hab dich lieb, Kleines", flüsterte Becca, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und griff nach der Kofferraumklappe.

„Bereit?", vergewisserte sie sich und Liv nickte ihr entschlossen zu. „Dann los!"

BrothersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt