>> Kapitel 8 <<

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Die Ohrfeige in Liv's Gesicht knallte so laut, dass das Geräusch von den Wänden zurück hallte.

Liv hatte mittlerweile aufgehört sie zu zählen, es waren bereits so viele, dass sich ihre linke Gesichtshälfte beinahe taub anfühlte und langsam anschwoll.

Auch ihre Tränen waren versiegt. Nicht, weil sie nicht mehr weinte, sondern weil ihr Körper so schwach war, dass er keine Tränen mehr produzieren konnte.

Schlaff hing sie mit gefesselten Handgelenken auf einem Stuhl. Vor ihr ein bulliger Kerl mit kurzgeschorenen Haaren und Zahnlücke, der versuchte sie zum Reden zu bringen. Seit Stunden schon versuchte er ein Wort aus hier heraus zu holen, doch sie blieb eisern. Sie würde ihm und seiner Sippe nichts verraten. Nicht das Geringste.

Sie würde ihnen nichts über Connor und Murphy erzählen.

Eher würde sie sterben...

Der Mann packte sie schroff an den Haaren und zog ihren Kopf nach hinten, so dass sie ihm in die Augen sehen musste. Sie presste die Kiefer aufeinander und atmete schwer. Es schmerzte, jeder Knochen, jeder Muskel, einfach alles.

„Jetzt rede verdammt nochmal!", brüllte der Mann zum hundertsten Mal. „Stupido!"

„Niemals", presste sie zwischen ihren Zähnen hervor und spürte gleich darauf den nächsten Schlag.

Ihr Kopf flog durch die Wucht des Schlages zur Seite und musste blinzeln, um die Sternchen vor ihren Augen verschwinden zu lassen. Es war nicht das erste Mal, dass sie heute Sternchen sah und war mittlerweile gut darin geworden, diese zu ignorieren und schnell aus ihrem Sichtfeld zu bekommen.

„Rede oder ich schlitz dich auf, du dreckiges Miststück!", keifte er, zog Liv anhand ihrer Haare wieder zurück auf den Stuhl und kam ihr ganz Nah.

Sie konnte sein ekliges Parfüm riechen und auch den Gestank von Zigarren wahrnehmen.

Der Mann war ihr so nahe, dass ihre Nasenspitzen sich beinahe berührten.

Sie hielt seinem Blick stand, versuchte keine Angst zu zeigen und presste ihre Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.

Plötzlich spürte sie die kalte Klinge an ihrem Kinn und wie sich die Messerspitze langsam in ihre Haut bohrte. Sie reckte das Kinn nach oben, so dass sie sich etwas von dem stechenden Gefühl entfernen konnte, doch der Mann rückte wieder nach. Sie spürte, wie die Klinge ihr langsam in den Hals stach, wie das Blut allmählich aus der Wunde trat und auf ihr Shirt tropfte.

Die Blicke der beiden ließen nicht voneinander ab, bis Liv ihren Hals so weit gereckt hatte, dass es nicht mehr weiter ging.

„Vergiss es!", zischte sie und schluckte schwer. Sie wusste, was diese Worte bedeuten könnten, was das für ein Nachspiel haben könnte.

Sie hatte eventuell gerade ihr eigenes Todesurteil unterzeichnet.

Der bullige Mann vor ihr schnaubte vor Wut und hätte sie am liebsten allein durch seine Blicke getötet.

Gerade, als er die Hand anhob und zu einem erneuten Schlag ausholte, sprang die Tür auf und ein großgewachsener Mann mit pikfeinen Hemd, Goldkettchen und Ringen, sowie zurückgegelten Haaren kam herein.

Der Mann vor Liv hielt in seiner Bewegung inne und erstarrte beinahe zur Salzsäule.

„Papa Joe", bibberte er ungläubig.

Sofort zog er die Hand zurück, verstaute das Messer in seinem Gürtel und trat einen Schritt von Liv zurück.

Papa Joe. Eines der höchsten Tiere der Yakavetta-Familie. Und doch auch noch unter Don Yakavettas Fuchtel.

BrothersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt