Ein Alptraum in Himmelweiß

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•Teil 6•

Das erste was ich sehe, ist weiß, einfach nur weiß, hinter dem schläfrigen Schleier, der noch immer über meinen Augen liegt und jedes mal das Bild verzerrt, wenn meine Augen vorsichtig blinzeln, um die Augen, dann wieder schnell zu schließen. Wie ein Kind, dass am Beckenrand steht und vorsichtig mit dem Fuß die Temperatur in Erfahrung zu bringen versucht.

Ich liege in einem großen weißen Himmelbett, um mich ein Meer aus großen mit Spitze besetzten Kissen. Weiße Seidenvorhänge sind vor die Seiten des Betts gezogen und verwehren mir den Blick auf den Raum.
Wo bin ich? Ist der erste Gedanke der mir durch den Kopf geht, nachdem die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verblassten. 
Ich schlage die Decke beiseite und ziehe die Vorhänge weg.
Ich befinde mich in einem großen Raum mit weißen wänden, der Boden besteht aus einem natürlich gemusterten Gestein, er scheint aus massiven Blöcken zusammengesetzt worden zu sein. Die Wände sind bis auf eine Tapete mit weiß eingestanzten kunstvollem Blumenmuster schmucklos.
In die Wand mit einer breiten Fensterfront ist eine gläserne Tür eingelassen, die ich schnell ansteuere.

Der Ausblick raubt mir den Atem, ein massiver Balkon aus schwarzem Basalt, von der Länge des Zimmers gibt einen fantastischen Blick auf unsere Millionenstadt frei.
Ich bin eigentlich der Typ Mensch, der sich von der Natur beeindrucken lässt, der Schönheit der natürlichen Dinge selbst, für die es keiner Menschenhand bedarf, welche formt.

Der Anblick von den verglasten Wolkenkratzern, die wie funkelnde Säulen anmutig in die Höhe ragen, der Lichtertanz auf den reflektierenden Fassaden,  Menschen-und Autoströme, die die Straßen sich zu bewegen lassen scheinen und die Sonne die sich schüchtern hinter dem Fluss ihren weg an den Himmel bahnt und ihn dabei in die warmen Rottöne des Sonnenaufgangs taucht.

Das ganze ergibt ein fantastisches 180 Grad Panorama, als ich mich auf den Balkon wage und mich vorsichtig über das Geländer beuge um die ganze Aussicht genießen zu können, höre ich eine Tür in's Schloss fallen. „Hast du dich wieder beruhigt oder soll ich mich noch immer verpissen?“

„Ethaaaaaan, duu...“ schreie ich auf und verschränke schnell meine arme vor der Brust, damit er sich nicht auch noch an dem Anblick meines spärlichen Nachthemdes erfreuen kann. Er ist sowieso noch viel zu gut d drauf dafür, dass er mir noch vor 24 Stunden das Leben zur Hölle machen wollte, mich fast tot gefahren hätte und mir dann die schlimmsten 45 Minuten meines Lebens beschert hat. Was zur Hölle ist gestern nur passiert, dass er auf einmal hier auftaucht, ich muss es auf jeden Fall herausfinden. Das Letzte an was ich mich erinnere, ist, dass ich mich ziemlich angetrunken von Nolan aus auf den Weg nach Hause gemacht habe und dann..... Blackout, nichts.
Mist, ich habe doch nicht etwa mit ihm geschlafen, ich bin kein Flittchen, aber wenn ich zu viel Alkohol trinke, bin ich unkontrollierbar.
„Hier, das ist für dich, dein Kleid ist noch in der Wäsche. In der Gasse war es doch ziemlich dreckig.“ Er hält mir ein weißes Bündel hin. Ich schnappe es mir und renne an ihm vorbei in das Zimmer. Nur um festzustellen, dass ich mich auch hier wohl kaum umziehen könnte ohne, dass seine Blicke mich fixieren würden.
Ethan steht süffisant grinsend im Türrahmen „Wenn du das Bad suchst, da lang.“ er deutet auf eine Tür, die aus dem Zimmer herausführt. In dem Durchgang befindet sich eine weitere Tür hinter der sich wiederum das Bad verbirgt.

Ich hatte noch nie zuvor so ein großes Bad gesehen, meine nackten Zehen berühren den kalten Marmorboden , der perfekt zu der riesigen Dusche, der Wanne mit goldenen Füßen und dem breiten Waschbecken passt. Um das Waschbecken herum stehen lauter kleine Fläschchen auf denen in goldenen Lettern, der Inhalt Kund getan wird
Peeling aus weißen Trüffeln“ und „Französisches Sommertraum Shampoo“ sind nur zwei der exklusiven Aufschriften.

Schnell entledige ich mich meiner zerknitterten Kleidung und halte vorm Spiegel inne, an meinem rechten Ohr befindet sich noch etwas Dreck, verwundert gehe ich mit meinem Finger über den schwarzen Fleck und mustere ihn, ohne auch nur ansatzweise schlauer daraus zu werden.
Was ist letzte Nacht passiert? Wo bin ich? Die Fragen werden einfach nicht weniger, obwohl ich das edle Ambiente gerne voll genießen würde, gelingt es mir nicht. Immer wieder schießen mir die beiden Fragen durch den Kopf.
Wenn ich wirklich mit ihm..., würde ich alles geben es zu vergessen oder zu verleugnen, auch körperlich.
„Darf ich duschen?“, frage ich betont freundlich, obwohl es mir innerlich widerstrebt Ethan auch nur etwas an Sympathie vorzugaukeln.
„Ja, aber beeil dich.“ seltsamerweise beruhigt es mich schon fast, dass Ethan dies wieder in seinem typisch unfreundlichen Caily-muss-sterben-Ton sagt. 

Dark Desire - Wer ihm verfälltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt