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Nevilles Bloßstellung mitten im Gemeinschaftsraum und McGonagalls harsche Worte waren fürchterlich, nicht jedoch so schlimm wie die Strafe, die Nevilles Großmutter für ihn in petto hatte. Lily saß Neville beim Frühstück gegenüber, als der leuchtend rote Brief neben seinen Kürbissaft segelte.

„Ich glaube du solltest-", begann Lily und auch Harry rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. „Sieh einfach zu dass du hier raus kommt", schloss sie dann und drückte Neville den Brief in die Hand. Er glühte warm in ihren Händen, seine Augen waren vor Schreck geweitet.

Unter den Augen aller hastete Neville, den Brief an die Brust gepresst, aus der Großen Halle. Der Slytherintisch, allen voran Draco Malfoy, brüllte vor Lachen, als der Brief in der Eingangshalle explodierte und die magisch verstärkte Stimme von Nevilles Großmutter zu ihnen durchdrang.

„-NICHT MEHR GANZ BEI TROST!" Am Lehrertisch war McGonagalls Miene unbeweglich geblieben, dafür pellte sie ihr Ei so energisch, dass Lily davon angst und bange wurde. Sev lächelte verstohlen in sich hinein. Sie sah ihn an, bis Lily es nicht mehr aushielt und die Augen schloss.

„DIE FAMILIENEHRE SO ZU BESCHMUTZEN!" Der Slytherintisch johlte immer noch, Jasper verstummte schlagartig, als er Lilys Blick auf sich ruhen spürte. Mit einem Schnauben wendete sie sich ab.

Lily sah Neville nicht wieder, bis sie in Verwandlung hintereinander saßen. Neville sah sich immer noch nach allen Seiten um, als fürchte er erneut zusammengestaucht zu werden. Noch waren die meisten noch in den Gängen verstreut oder warteten draußen, um erst im letzten Moment den Klassenraum zu betreten. Deshalb war es kaum vermeidbar, dass Lily alles mitanhörte, als McGonagall Neville zu sich nach vorne diktierte.

„Es tut mir leid", beteuerte Neville schon beim Aufstehen und traute sich kaum, ihr unter die Augen zu treten. „Ich habe über eine Strafarbeit nachgedacht, Mr. Longbottom", fuhr sie in ihrer üblich strengen Stimme fort, aber Lily vermochte in ihren Augen einen Hauch von Mitleid zu erkennen.

„Sie werden das dreizehnte und vierzehnte Kapitel bis zum folgenden Mittwoch zusammenfassen und die darin beschriebenen Zauber Ihren Mitschülern vorstellen", sagte sie dann und Neville quiekte entsetzt. Selbst von ihrem Platz aus konnte Lily erkennen, wie sich sein Rücken krümmte und Neville förmlich in sich zusammensackte.

Inzwischen trudelten immer mehr Schüler ein, Lily nahm an, dass die meisten Slytherins den Raum nur betreten hatten, um eine weitere Demütigung Nevilles nicht zu verpassen. „Des weiteren-", hob McGonagall ihre Stimme und die leisen Gespräche verstummten sofort, „ist es keinem Gryffindor mehr gestattet, Ihnen das Passwort mitzuteilen. Du wirst einen Monat lang stets darauf warten müssen, dass dich jemand hineinlässt." Neville wurde, falls überhaupt möglich, nochmals einen halben Kopf kleiner.

„Sie dürfen sich jetzt setzen", schloss McGonagall ihren Vortrag gnädig ab und nicht wenige der im Raum anwesenden zeigten sich enttäuscht.

Aber nicht nur für Neville waren die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden, denn seit dem Sirius Black in den Gryffindorturm gelangt war, patrouillierten sämtliche Suchtrupps durch die Korridore. Es hielt sich außerdem das hartnäckige Gerücht, ein Hufflepuff sei von einer Rüstung angegriffen worden, bloß weil er vor ihrem Visier über Black gesprochen hatte.

Filch hatte unterdessen beschlossen, dass der sicherste Weg sich Black vom Leib zu halten darin bestand, einfach jeden noch so kleinen Spalt in den Schlossmauern einzugipsen und gegen Eindringlinge zu versiegeln. Natürlich waren es die Weasleyzwillinge, die als erstes ihre Witze darüber rissen. Aber auch für Lily war es nur schwer vorstellbar, dass Black es nicht wieder schaffen könnte, sollte er es denn wollen.

2 - AschemädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt