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„Jasper?", fragte Lily leise und sah ihn von der Seite aus an. „Wir können jetzt auch einfach schnell verschwinden, wenn du das hier nicht willst." Jaspers Kiefer verhärteten sich, sein Gesicht war zusammengekniffen, als er zur letzten Wegbiegung vor dem Portal sah, bei der sich bereits der Bowler des Ministers abzeichnete.

„Schnell ist relativ", antwortete Jasper nach einem abschätzigen Seitenblick in ihre Richtung. Dann sah er wieder mit unbewegter Miene geradeaus, aber Lily konnte seine Anspannung durch ihre beiden Umhänge hindurch spüren. „Komm schon, du musst das nicht-", redete Lily leise auf ihn ein. „Ich muss was nicht?", gab er scharf zurück. „Meinem eigenen Vater einen guten Tag wünschen? Ihn fragen, an welche Adresse ich meine Eulen senden muss, jetzt, wo er nicht mehr mit Maman zusammen lebt?"

Seine Stimme war bei jedem Wort lauter geworden, Dumbledore gab sich große Mühe, sich brennend für die Holzmaserung des Eingangsportals zu interessieren. Lily räusperte sich verhalten, obwohl sie nichts im Hals stecken hatte. „Gut", räumte sie dann ein. „Sag Hallo und Tschüss und frag meinetwegen auch, wo er jetzt wohnt, aber bitte mach jetzt keinen Mist. Einverstanden?"

Sie musterte Lucius Malfoy und Jaspers Vater mit wachsendem Unbehagen, Jasper grummelte etwas Unverständliches in sich hinein. Aber Lily blieb keine Zeit für einen Gegenschlag, denn das Vierergestirn, bestehend aus dem Minister, dem Henker sowie Mr. Duchess und Lucius Malfoy, war vor den Stufen angelangt.

Zwischen Jaspers Augenbrauen tat sich eine steile Falte auf, als sein Vater zuerst ihn, dann seine Hand, die immer noch um Lilys Rücken lag und schließlich sie selbst musterte. Aber etwas sagen, das tat Jaspers Vater nicht. Fudge war der erste, der das unangenehme Schweigen brach. „Professor Dumbledore, sehr erfreut", sagte er mit fester Stimme und reichte dem Schulleiter die Hand.

„Ich würde gerne behaupten, dass mich dieser Tag erfreut", entgegnete Dumbledore und ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen, bis er ihn auf Mulciber ruhen ließ, „aber das wäre eine Lüge." Mulciber war die offene Anfeindung nicht entgangen, er bleckte lachend die Zähne. Lily drehte sich der Magen um, als sie sah, dass er ein riesiges Beil auf dem Rücken trug.

„Feindselig und stur wie eh und je." Fudge befand sich am Fuß der Treppe, Dumbledore überragte ihn um einiges. Was den Zaubereiminister nur noch giftiger werden ließ. „Heute nicht! Aber heute nicht, Albus! Du wirst deinen Willen heute nicht durchsetzen können. Es hat eine Anhörung gegeben und dieser Vogel-", Fudge spie das Wort mit regelrechtem Abschaum heraus, sodass Jasper und sein Vater gleichzeitig zusammen zuckten, „-hat einen gerechten Prozess bekommen. Der Entschluss des Ausschusses ist unwiderrufbar!", stieß er angeregt aus und sah Dumbledore schwer atmend an.

Lucius Malfoy wirkte guter Dinge, seine Hände ruhten ruhig auf dem silbern glänzenden Stock, in dem Lily seinen Zauberstab vermutete. Mulciber brauchte keinen Zauberstab, er hatte sein Beil. Wieder wurde Lily schlecht.

„Ein gerechter Prozess", wiederholte Fudge etwas leiser für sich selbst, „gerecht, oh ja. Mein Begleiter wird Ihnen dies bezeugen können." Dumbledore drehte sich langsam zu Mr. Duchess um und schenkte ihm seinen interessierten Blick. Lily fürchtete, Jasper könne innerlich vor lauter Wut explodieren. Noch immer hatte sein Vater ich keines Wortes gewürdigt.

Mr. Duchess erwiderte Dumbledores Blick und nickte knapp. „Das ist richtig. Es war ein gerechter Prozess." Lily biss die Zähne zusammen, Jaspers Finger bohrten sich durch den Umhang hindurch in ihre Haut.

„Nichts davon ist richtig!", platzte es aus ihm heraus und er zeigte anklagend auf seinem Vater. „Von wegen gerecht. Dieser angebliche Prozess war das genaue Gegenteil, verdammt!"

Mulciber und der Zaubereiminister wandten sich ihnen zu, so als hätten sie gerade erst bemerkt, dass ein paar Halbwüchsige ebenfalls anwesend waren. Lucius Malfoy hob überrascht die Augenbrauen, sein Handgriff um seinen Stock verhärtete sich. Jetzt oblag Jasper die gesamte Aufmerksamkeit. „Es war nicht gerecht und das weißt du, Dad."

2 - AschemädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt