11.

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Amelia hat sich bereits sehr gut eingelebt, doch vermisst sie ihre Eltern, Lauren und Lawrence sehr weswegen sie ihnen regelmäßig Briefe zukommen lässt. Sie erhält auch immer antworten, bis auf Lawrence. Obwohl sie sehr gerne wissen würde warum er nicht antwortet, bleibt ihr nichts anderes übrig als zu warten.
Nach dem Frühstück ging es wie üblich zu den täglichen Aufgaben der Kinder über. Wie abgemacht erzählt dieses mal Arthur mehr von sich und er beginnt damit über seine große Familie zu reden: "Also das erste Kind, das meine Mutter bekam war Daniel, danach David, Annalise, Loren, Michelle, Nadine und zuletzt kam ich. Ich war leider kurz vor dem Tod meines Vaters  erst auf der Welt. Sein Name war Anton und er ist an einer Krankheit gestorben, dessen Heilung nicht bezahlbar war für uns. Außerdem bevorzugt man in solchen Fällen sowieso die Adeligen als irgend eine Bauern Familie. Ich war zu dem Zeitpunkt seines Todes erst drei und kenne ihn daher nicht. Dennoch hat mich sein Verlust sehr traurig gemacht, weißt du?"
Amelia schwieg einen kurzen Moment, sieht Arthur bei seiner Aufgabe zu und überlegte was sie nur dazu sagen könne.
"Das tut mir echt Leid für dich... Aber weißt du, ich erinnere mich auch nicht an sehr vieles aus meiner Vergangenheit. Noch nicht mal an das, was ich mit sechs getrieben habe!", versucht Amelia die Stimmung zu lockern und befürchtet das Arthur schlechte Laune hat.
"Aber es war nicht sehr tragisch, da der größte teil meiner Familie zu der Zeit bereits ausgezogen war und meine Mutter für uns auch als Witwe sehr gut Sorgen konnte.", sagt Arthur bloß mit seinem üblichen Lächeln auf den Lippen. Das bringt Amelia ebenfalls zum lächeln und sie sagt: "Ja? Wie viele wart ihr dann Zuhause?"
"Eigentlich waren nur noch Michelle, Nadine und ich von den Kindern da. Weißt du, die Mädels waren Zwillinge und sind daher auch fast Zeit gleich drei Jahre später ausgezogen und haben geheiratet.", antwortet er heiter.
"Während sich meine Schwestern um den Haushalt gekümmert haben, hat meine Mutter gearbeitet. Daher hatte ich viel Zeit zum Spielen. Ständig war ich draußen und habe mit den anderen Dorf-Jungs getobt. Ich kam immer total verschmutz und mit zerrissener Kleidung nach Hause, wurde sauber gemacht und bekam leckeres Essen meiner Mutter!", lachte er als er weiter erzählt hat.
"Und was ist mit Unterricht?", fragt Amelia neugierig und sieht Arthur  verwundert an.
Arthur lacht kurz und antwortet: "Das niedere Volk erhält kein Unterricht, ich konnte spielen soviel mir lieb war! Ich habe aber mit vierzehn angefangen meine Mutter bei der Arbeit mit den Tieren und auf dem Feld zu unterstützen. Mit sechzehn überließ sie mir nach ewiger Diskussion den Hof und ich bin sehr glücklich damit!"
Amelia kommt aus dem staunen nicht mehr raus und hackt erneut nach: "Du bist bereits sechzehn? Dann bist du schon verheiratet?!"
Arthur sah kurz schockiert zu Amelia rüber und prustet laut los.
"Nein, nicht doch! Ich bin sogar schon fast siebzehn und habe noch nicht mal ein Mädchen im Sinn der ich den Hof machen könnte! Weißt du, Dorftrottel dürfen sich selber aussuchen wen sie sich zur Frau nehmen. Bei uns spielt nämlich der Rang gar keine Rolle, sondern einzig und allein die Liebe!", versucht Arthur es Amelia zu erklären nachdem er als er sich halbwegs eingekriegt hat. 
"Woher soll man denn selber Wissen, wen man liebt? Das kann man einem doch von Kind an beibringen!", beschreibt Amelia ihren Sicht der Dinge. Doch Arthur schüttelt nur seinen Kopf und antwortet: "Das man jemanden besonders gerne hat, wenn man diese Person von Kind an kennt ist völlig normal. Durchaus kann auch Liebe entstehen, doch wenn man von vorne herein weiß, das diese Person deine Ehefrau oder dein Ehemann wird ist das Gefühl doch ganz anders. Aber ich vermute, wenn man das Gefühl nie hatte, wird man es auch nicht vermissen und glücklich mit der vorgeschriebenen Person Leben können."
Amelia sieht zu Arthur herüber und bemerkt das dieser etwas bedrückt aussieht. Was ganz neues für sie, da Arthur sonst immer sehr fröhlich ist.
"Arthur? Warst du schon einmal verliebt? Tut es weh?", fragt das Mädchen unsicher.
Das alte Lächeln taucht wieder auf den Lippen des Jungen auf und antwortet kopfschüttelnd: "Nicht so wirklich. Aber das ist eine andere unwichtige Geschichte. Vielleicht erzähle ich sie dir wenn mir keine andere Geschichte mehr einfällt!"
Amelia nickt bloß stumm und hat plötzlich tausende Fragen zum Thema Liebe. Sie war erst 14 und wird bereits in zwei Jahren Lawrence zum Mann nehmen müssen. Doch ist es Liebe? Schnell schiebt sie diese Frage bei Seite und konzentriert sich auf die Arbeit am Feld.
"Du, Arthur?", setz sie nach wenigen Momenten des Schweigens.
"Ja, Fräulein Amelia?", antwortet Arthur neckisch. Amelia wirft ihm kurz einen wütenden Blick zu, bis sie ihre Frage aussprach: "Tanzen wir wieder nach der Arbeit?"
Der Junge sieht sich lächelnd, wie immer, an und sagt: "Gerne! Ich denke heute werde ich die schritte besser hinbekommen als gestern, weil ich sie im Schlaf nochmal auf mich einwirken lassen konnte!"
Eine gewisse Erleichterung überkam Amelia, weil Arthur wieder ganz der alte zu sein schien. Die zwei heranwachsende beeilten sich bei der Arbeit und finden danach zueinander.
"Wir tanzen den Tanz von gestern noch einmal, aber danach möchte ich dir einen anderen zeigen!", erklärt Amelia und Arthur umgriff sie wie er es gelernt hat. Nach wenigen Stunden tanzen sie bereits den neuen Tanz. Erneut summt Amelia eine passende Melodie dazu und es kam ihr vor als würden die Füße über den Boden hinweg schweben. Auch Arthur findet seinen Spaß daran und summt nach einer Weile mit. Die jungen Kinder sehen sich dabei tief in die Augen und bemerken gar nicht wie die Zeit verfliegt.
"Du, hör mal, es wird langsam dunkel!", sagt Amelia leicht erschrocken.
"Nicht schlimm, dann essen wir heute eben kalt!", lacht Arthur und zieht Amelia an der Hand Richtung Zuhaus. Auf dem Weg erzählt der Junge von den Besuchen seiner Geschwister.
"Hey, Arthur, hilfst du mir heute nochmal bei den Schweinen?", ertönt es plötzlich laut, wenige Meter vor der Hütte. Wie vom Blitz getroffen, lässt Arthur die Hand des Mädchens los. 
"Klar, Tommes!", brüllt Arthur einem Jungen zu. 
"Du, Amelia. Geh schon mal Heim und iss etwas. Ich helfe meinem Freund bei den Schweinen und ich denke es kommt nicht sehr gut an, wenn sich herum spricht dass das Adelige Mädchen mit dem Bauernlümmel Hände hält.", stottert Arthur unsicher und läuft darauf zu dem, etwas zertreut aussehenden, Jungen herüber.
Amelia verspürt plötzlich einen kurzen Stich im Herzen. Arthur hatte doch alles Richtig gesagt und getan. Warum tut es dann so weh...?
Amelia überlegte nicht mehr lange und eilte nach Hause und aß das Essen das Alissa vorbereitet hatte.
Die Tage darauf ging alles wieder ganz normal weiter. Arthur erzählte immer mehr von sich und das Mädchen bekommt das Verlangen immer mehr von ihm Wissen zu wollen. Er erzählt von David, der in der Stadt wohnt und ihm immer ganz tolle Geschenke bringt wenn dieser vorbeikommt. Von seinen Zwillingsschwestern die mittlerweile Schwanger sind. Von seinen Fehlern die er am Anfang begangen hat bei der Arbeit. Von seiner Mutter die immer für ihn da war. Doch schwieg er über die Liebe, wobei die Amelia doch am meisten ansprach.
Die Wochen zogen vor rüber, Amelia gewöhnte sich immer mehr an das Leben und packte sogar bei schmutziger Arbeit zu. Doch hasste sie das Baden, da dies nicht mehr wie Zuhause in einer Wanne mit warmen abgekochtem Wasser statt fand, sondern im kaltem Fluss.
Ihre Krankheit ließ sich allerdings nur selten blicken und war kaum bemerkbar. Und auch ihr Charakter machte kleine bemerkbare Wandlungen, insbesondere den Dorf Bewohnern gegenüber.
Doch nach der ganzen Harmonie traf ein unerwarteter Brief ein. Die erste schriftliche Antwort von Lawrence.

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