11 • Mut

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Nervös lief ich auf und ab. Es war mein vorletzter Tag hier. Also wenn das mit Joy jetzt in die Hose ging, könnte ich es mit ihr glaube ich vergessen. Die letzten Tage hatte ich mir den Kopf über alles mögliche zerbrochen. Warum Joy sich so normal Bertha gegenüber verhalten hat und ihr  ihren Namen verraten hat, obwohl sie die ganze Welt doch hasste? Wieso sie sich auf irgendeinen Fremden einlässt, der zwar ich bin, aber das weiß sie ja nicht? Wie ich Joy das heute Abend alles erklären sollte? Und über vieles mehr.

Ich hatte mich übertrieben zurückgehalten Joy  gegenüber in den letzten Tagen, war dabei aber nicht unhöflich zu ihr gewesen. Okay wir hatten auch nur einmal kurz geredet. Sie hatte mich angeschnauzt, dass ich vergessen hatte meine Wäsche aus dem Badezimmer zu nehmen. Verständlich. Das mit den Geschenken war leider ein bisschen bei mir untergegangen. Naja halb so schlimm, viel gebracht hätte es wahrscheinlich auch nicht.
Zu meiner Freude und der von Dr.Thomson hatte sich Joys Zustand deutlich verbessert und sie konnte sich problemlos frei bewegen. Das hatte sie ja schon vorher getan, doch ihr Gesicht spannte sich nicht mehr an und Ihr Augen waren auch nicht mehr schmerzerfüllt, wie vorher. Ob es Dr. Thomson wirklich freute wusste ich nicht, denn innerlich konnte er sie glaube ich nicht gut ausstehen.

Ich starrte wieder auf mein Spiegelbild und ging die Worte, die ich vorbereitet hatte, zum tausendsten Mal in meinem Kopf durch. Ja, auch ein Junge macht sich viele Gedanken, bevor er sich mit einem Mädchen trifft.

Ich hatte mich für ein schlichtes T-Shirt entschieden in dunkenblau und trug dazu eine grau-schwarze Jeans. Außerdem trug ich meine fast ungetragenen Vans. Ich wollte nicht aufdringlich wirken, sonder eher lässig. Ich schaute auf meine Armbanduhr, 18:40. Ich hatte noch zwanzig Minuten Zeit, bis ich sie abholen würde. Ein Mann betrat die Toiletten, ich nickte ihm so und ging in Richtung Ausgangstür. Ich konnte ja nicht ewig in der öffentlichen Männertoilette bleiben. Ich hatte noch immer ein paar Minuten Zeit, trotzdem beschloss ich aufzubrechen, dann bin ich halt zu früh. Ich fühlte mich so, als wäre ich schweißgebadet. Also kontrollierte ich nochmal mein Shirt, doch man sah nichts. Ich steuerte mein Zimmer an, ich konnte schon die Tür sehen. Es war die dritte auf der linken Seite des Ganges. Zu meiner Enttäuschung, stand da niemand. Ich ließ mich auf einer der Stühle nieder, die in dem Gang verstreut standen. Ich setzte mich so hin, dass ich einen guten Blick auf das Zimmer hatte, sie mich aber nicht sofort entdecken würde, wenn sie rauskäme.

Ich holte mein Handy raus, um noch die letzten Minuten zu vertreiben. 18:52 sagte mir mein Handy. Ich öffnete die Bundesliga App und scrollte durch die Ergebnisse. Vertieft in die Aufstellungen für die heutigen Spiele, fiel plötzlich mein Blick auf die Uhr. 19:05!! Handys klauen einem echt die Zeit.

Mein Blick schnellte hoch und das genau im richtigen Zeitpunkt. Sie trat gerade über die Türschwelle und sie sah einfach umwerfend aus. Sah sie das nicht immer? Ihre blonden Haare hatte sie offen gelassen und sie trug eine zerrissene Jeans. Ihr T-Shirt war schwarz und war  beschriftet mit dem Wort Ocean. Es steckte vorne leicht in ihrer Hose. Ich starrte sie weiterhin an, bis mir einfiel warum sie denn  überhaupt da stand.

Ich rappelte mich hoch und nahm all meinen Mut zusammen, indem ich noch einmal tief Luft holte. Warum zitterte meine Hand so stark? Ich lief direkt auf sie zu, doch sie sah mich noch nicht, weil sie an ihrem T-Shirt zuppelte. Ich stand nun direkt vor ihr.

,,Hey", das war alles, fuhr ich meinen Kopf an, kriegst du etwa nicht mehr als hey raus?
Sie verharrte in ihrer Position, ihr Blick noch immer auf den Boden gerichtet, weil sie ihr T-Shirt ja gerichtet hatte.
,,Hey, ich habe mich schon gewundert wo du bleibst." Sagte sie mit ihrer bezaubernden Stimme. Hatte sie das gerade wirklich gesagt! Sie drehte ihren Kopf zu mir und starrte mir dann direkt in die Augen.

,,Ethan?!" Entsetzt sah sie mich an.
,,Geh bitte weg und Nerv mich nicht. Ich warte auf jemanden und du bist gerade auf dem Besten Weg, mir das zu versauen." Ihr Gesicht hatte nun einen anderen Gesuchtsausdruck angenommen. Sie war genervt und zwar sehr.
Dann müsste ich wohl doch zu Plan B greifen. Ich hatte mir bereits ausgemalt gehabt, dass sowas passieren könnte.

,,Es tut mir leid, aber außer mir wird hier", ich deutete auf unser Zimmer ,,heute niemand mehr auftauchen und dich zum Abendessen abholen, denn die Einladung war von mir." Sprach ich es endlich aus.

,,Sehr witzig", sie lachte unecht auf und rollte mit den Augen. Doch dann sah ich Wut.
,,Warte, woher weißt du das mit der Einladung! Spionierst du mich aus?"

,,Verdammt Joy...", sagte ich nun laut und sie sah mich entgeistert an.

,,Woher kennst du meine Namen?"

,,Jetzt hör mir einmal zu und unterbrich mich nicht", ich hielt sie am Handgelenk fest ,,Seit du hier bist bin ich nett zu dir. Ich habe keine Ahnung, wer du warst, bevor du hierher kamst und wer verdammt nochmal so böse zu dir war, dass du das alles an mir auslassen musst. Ich wollte dir eine einfache Freude machen, dich endlich mal in meiner Gegenwart Lächeln sehen, indem ich dich einlade. Ich habe das getan, obwohl du mich wie ein nichts behandelt hast, einfach aus dem Grund, weil ich dich glücklich sehen wollte. Ist es denn so schwer für dich diese einfache Geste anzunehmen. Du hast dich gefreut, dass habe ich doch gesehen. Doch warum, verschwindet diese Freude immer, wenn du mich siehst. Habe ich dich jemals schlecht behandelt? Jemals?..." Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich immer lauter geworden war, denn alle Augen waren auf mich gerichtet.

,,Anscheinend kann man den Teufel in dir einfach nicht töten." Sagte ich jetzt so, dass nur sie es hörte. Das war definitiv nicht das, was ich geplant hatte zu sagen, doch es tat gut, dass ich jetzt endlich gesagt hatte.

Sie wirkte verletzt. Ich ließ ihr Handgelenk los, drehte mich um und ging einfach. 

Ich wollte sie nicht anschreien und erst gar nicht verletzen damit, ich wollte einfach, dass sie es endlich mal verstand. Ich kannte sie erst eine Woche und wegen ihr war mein Kopf ein einziges Chaos und jetzt wusste ich nicht wie es weitergehen sollte. Morgen würde ich meine Sachen packen und gehen, einfach so, es wäre ihr egal.

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Habt ihr Fragen? Ich beantworte diese gerne.


JOYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt