8 • tag eins

92 16 3
                                    

Oh nein! Wie hatte sie sich denn aufgerappelt, war es überhaupt möglich mit so vielen Verletzungen zu laufen und vor allem, warum hatte ich Trottel nicht bemerkt, dass sie auf der Toilette gewesen war? Vor mir stand neue meine Zimmerpartnerin und sie sah nicht erschrocken aus sondern eher stinksauer. Ihre Stirn zog sich zusammen.
,,Das gibt Falten." Sagte ich lachend, in der Hoffnung, das könnte die ganze Situation auflockern. Doch vergebens.

,,Raus aus meinem Zimmer!" Schnaubt sie mit zittriger Stimme, fast flüsternd.

Sie wollte weiterreden, doch ihr Körper bebte und sie stand ganz wackelig da. Ich sprang auf um ihr zu ihrem Bett zu helfen. Bevor ich sie überhaupt nur anfassen konnte, bekam sie jedoch Panik.
,,Ich kann das alleine!" krächzt sie, ihre Augen funkeln mich böse an.

Mit ganz langsamen Schritten und an meinem Bett abgestützt schleift sie sich zu ihrem Bett und lässt sich fallen. Sie atmet ein paar Mal tief ein und ich dachte sie hätte sich beruhigt.

,,Und jetzt raus!" sagte sie dann aber zu meinem Erstaunen.
,,Was bist du nur für ein Widerling?" Fügte sie noch hinzu und musterte mich angewidert.

Ein Widerling, das war jetzt nicht ihr Ernst, oder?

,,Also erstens ist das hier mein eigenes Zimmer gewesen, bevor du kamst, zweitens bin ich kein Widerling und drittens könntest du vielleicht ein bisschen höflicher sein." Okay, das war jetzt nicht so freundlich gewesen, aber das war sie nun auch nicht.
,,Und du hast Glück in einer Woche bin ich hier weg und dann kannst du sehen, wie du hier zurechtkommst!"

Sie guckte mir kurz mit hochgezogenen Augenbrauen in die Augen und drehte sich dann weg von mir.

Wie konnte man nur so abscheulich sein, zerbrach es mir den Kopf?

Die Blumen hätte ich mir auch echt sparen können, diese hatte sie wahrscheinlich noch nichtmal beachtet.

In ihr saß eine kleiner Teufel, der sie kontrollierte. Sie hasste mich, aber das machte sie so anziehend. Ich wollte herausfinden, was sie zu so einem abscheulichen Menschen gemacht hatte, wer sie war und warum verdammt nochmal sie mich nicht attraktiv fand?

Ich wusste, dass ich ihr helfen musste. Ich wollte ihr helfen. In meinen Augen war sie ein gebrochener Engel, der seine Gefühle in einem Gefängnis einsperrte. Doch wie stark konnte das Gefängnis von ihr schon sein.

,,Guten morgen die Dame, guten Morgen der Herr, wie geht es Ihnen heute?" Riss mich Dr. Thomson aus meinen Gedanken. Auch sie zuckte kurz zusammen und schien sichtlich überrascht von dieser herzlichen Begrüßung.

,, Danke sehr gut", antwortete ich freundlich ,,aber vielleicht werfen Sie lieber mal ein Auge auf die Lady!"

Sie guckte mich böse an. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich schon jedes Mal gestorben wenn sie mich angesehen hätte, dabei kannten wir uns erst seit ein paar Minuten.

Ich musste mir ernsthaft Gedanken über Fluchtwege machen, falls sie in der Nacht die Tür abschloss und dann versuchte mich zu töten. Das Zimmer gab jetzt nicht so viel her. Zwei Krankenbetten unter denen ich mich verstecken konnte und damit mein Leben eventuell um 5 Minuten verlängern könnte. Dann gab es noch einen Kleiderschrank in dem ich mich einschließen könnte und dann mit meinem Handy Hilfe rufen könnte, aber das war's dann auch schon. Aus dem Fenster springen sah ich als keine wirklich sinnvolle Möglichkeit.
Das einzige positive daran wäre, wenn sie das wirklich vorhatte, dass ich die letzten Minuten meines Lebens mit dem schönsten Mädchen der Welt verbracht hätte. Ich grinste bei dem Gedanken.

Vielleicht könnte ich jedoch meinen Tod vermeiden, indem ich vorher ihr Herz eroberte. Anfangen könnte ich durch Geschenke, jeden Tag würde ich ihr ein Geschenk machen. Welches Mädchen mag denn keine Geschenke? Ja das war die Idee!

,,Ethan, ethan?" Dr. Thomson tippte mir auf die Schulter.

,,Wahrscheinlich hat er eine Konzentrationsschwäche, die noch nicht festgestellt wurde.", hörte ich nun auch ihre Stimme. Ihre Stimme klang an sich sehr schön, sie krächzte nicht mehr, aber trotzdem war sie voller Hass. Warte mal hatte sie gerade mich und den Arzt beleidigt?!

,,Nein das glaube ich nicht", sagte nun Dr.Thomson und nahm mich in Schutz ,,Ethan ist seit zwei Monaten bei uns und hat stets gute Laune verbreitet und sich trotz seinen Verletzungen die Ganze Zeit hauptsächlich um das Wohlergehen anderer gekümmert. Er darf in einer Woche nach Hause gehen und er leidet definitiv nicht unter einer Konzentrationsschwäche." Seine Worte waren direkt an sie gerichtet und er hatte ihr knallhart das fiese Lächeln aus ihrem Gesicht gewischt. Es hatte nicht nur ihr die Sprache verschlagen, mir gingen die Worte sehr zum Herzen, dankbar schaute ich ihn an. Bestimmt war ich jetzt nicht mehr ganz so weit unten bei ihr durch, wie vorher. Dr. Thomson zwinkerte mir verschwörerisch zu und beendete seine Rede ,,Was dich an geht", er schaute ihr tief in die Augen, doch sie wich seinem Blick aus ,,bist du gerade erst hier hin gekommen und verbreitest direkt schlechte Laune."

,,Ich?" Fragte sie erstaunt.
,,Er nörgelt hier doch die ganze Zeit an mir rum!" sagte sie empört und zeigte auf mich. Ok das mit dem nicht so weit unten durch sein nehme ich zurück. Das ganze schien ziemlich nach hinten losgegangen zu sein.

,,Ich lass euch das mal alleine ausdiskutieren!" Dr.Thomson verließ das Zimmer, amüsiert von unserer ,,Diskussion".

Als die Tür ins Schloss viel guckte sie mich mürrisch an ,,Du bist so ein Schleimer!"
Das war alles? Das war ja noch echt nett für sie. Ich dachte sie würde mit ausgefahrenen Krallen auf mich drauf springen. Leider sagte sie dann auch nicht mehr, sondern drehte sich mal wieder weg von mir und blieb auch den restlichen Tag so liegen, außer wenn sie mal auf das Klo humpelte. Die Schmerzen die sie beim Gehen hatte konnte man ihr aus dem Gesicht ablesen, doch meine Hilfe wollte sie nicht.

Besuch bekam sie keinen. Es wunderte mich. Keine Familie, keine Freunde, niemand. Niemand kam, um sie aufzuheitern, ihrer Hand zu halten oder einfach mit ihr zu reden.
Und so langsam fing alles an Sinn zu machen. Ihre Geschichte nahm Form an in meinem Kopf und ich wusste nur zu gut, wie sie sich fühlen musste. Nur zu gut.

JOYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt