Kapitel 9

227 12 0
                                    

Konzentriert befestigte Millie die letzte Stecknadel und trat zurück, um ihr Werk zu betrachten. Nach langer Beratung mit ihr,  Sophie und Isabelle hatte ich beschlossen, Punkt drei auf der Liste zu erledigen. Ich würde den Dartpfeil werfen und mich mit Sam an dem Ort treffen,  auf dem er landete - vorausgesetzt er sagt zu. Aber auch in dem Punkt waren meine Freundinnen optimistisch, immerhin würde ja wohl kaum jemand seine Nummer vergeben,  um dann denjenigen zu versetzen.  Millie hatte die Karte an ihrer Pinnwand aufgehangen und drückte mir nun den Pfeil in die Hand. "Mach deine Augen zu", befahl sie und drehte mich ein wenig,  damit ich kerzengerade vor der ausgebreiteten Karte stand. Ich schloss die Augen und hob meinen Arm, um im nächsten Moment den Pfeil von mir zu schleudern. Ein leises Rattern verriet mir,  dass er sein Ziel getroffen hatte und ich hob die Lider um zu sehen,  welchen Ort er mir zeigte.  "Wow", hörte ich Millie leise flüstern,  "das ist der perfekte Ort für das erste Date." Langsam hob ich den Kopf und sah die Karte an,  mit einem kleinen roten Pfeil,  der mitten im Central Park steckte. Verträumt begann ich,  mir vorzustellen, wie es wohl wäre, Hand in Hand mit Sam um den See herumzuschlendern oder mit ihm auf einer Parkbank zu sitzen und ihm beim Gitarrespielen zuzuhören. Ich bemerkte gar nicht,  dass Millie mit mir redete,  bevor sie mir vehement mein Handy unter die Nase hielt. "Jetzt musst du ihn nur noch anrufen", meinte sie fröhlich. Zögernd nahm ich ihr das Handy aus der Hand und wählte Sams Nummer. Als das Freizeichen ertönte,  trat ich unruhig von einem Bein aufs andere und Millie strich mir beruhigend über den Arm. "Hi,  was gibt's?", meldete er sich und seine Stimme ließ mich alles um mich herum vergessen.  "Ähm,  hi,  ich bin's,  Sarah", stotterte ich verlegen. Vor lauter Aufregung brachte ich mal wieder kein Wort raus. "Cool,  dass du dich meldest!", kam Sam mir glücklicherweise zuvor. Bei diesen Worten spürte ich ein warmes Flattern in der Magengegend. Vielleicht war es auch seine Stimme,  die dieses Gefühl auslöste, aber wie dem auch sei,  es spielt keine Rolle. "Ja,  also..", begann ich und hoffte dabei,  nicht allzu nervös rüberzukommen (was mir,  glaube ich, nicht wirklich gelungen ist), "ich wollte dich fragen ob du Lust hast,  dich mit mir zu treffen?" Ein paar Sekunden lang sagte Sam gar nichts und ich hörte nur seinen leisen Atem durch die Leitung. "Gerne", antwortete er schließlich und lachte leise. "Heute um drei?" Ich sah auf die Uhr. Noch knapp vier Stunden Zeit, das war perfekt. "Geht klar", gab ich zurück. "Im Central Park?"         "Können wir gerne machen", meinte er. "Soll ich dich vielleicht abholen?" Hilfesuchend sah ich zu Millie.  Sie nickte und reckte lächelnd beide Daumen nach oben. "Okay", sagte ich, "danke."  "Keine Ursache." Obwohl ich Sam nicht sehen konnte, war ich mir ziemlich sicher,  dass er grinste. Ich gab ihm die Adresse durch und wir verabschiedeten uns voneinander. Als ich auflegte, atmete ich tief durch und versuchte,  mit meinen Handrücken meine Wangen zu kühlen.  Während des gesamten Telefonats war mir das Blut ins Gesicht geschossen und inzwischen sah ich aus wie eine überreife Tomate. Zum Glück konnte Sam das nicht sehen.

Sam.

In genau drei Stunden,  48 Minuten und 32 Sekunden hatte ich eine Verabredung mit ihm,  und ich war aufgeregt wie noch nie zuvor. Millie schien das bemerkt zu haben. "Na los,  komm", lachte sie und gab mir einen leichten Klaps auf den Arm, "Suchen wir dir etwas zum Anziehen raus." Ich seufzte. Eigentlich kümmerte ich mich im Vergleich zu anderen Mädchen relativ wenig um meine Kleidung und von daher wäre es mir am liebsten gewesen,  einfach das anzuziehen,  was ich immer trug. Aber ich wollte Millie die Freude nicht verderben und außerdem war die Suche nach den passenden Klamotten ein guter Zeitvertreib.  Widerstandslos ließ ich mich von ihr in mein Zimmer ziehen und sah dabei zu,  wie ein Kleiderstück nach dem anderen achtlos auf dem Boden landete und sich der Raum langsam,  aber sicher in reines Chaos verwandelte. 

Next Station: New York City *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt